Heibel-Ticker Update #17: Eskalation längst eingepreist, Zalando erleidet Hitzeschock

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18.09.2018:

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H E I B E L - T I C K E R P L U S U P D A T E

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -
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DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436
13. Jahrgang - Update 17 (18.09.2018)
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I N H A L T

01. TICKER-UPDATE: ZALANDO KAUFEN
02. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
03. AN-/ABMELDUNG

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01. TICKER-UPDATE: ZALANDO KAUFEN
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Liebe Börsenfreunde,

okay, Zalando hat gestern Abend zum zweiten mal binnen 6 Wochen eine Gewinnwarnung ausgegeben. Bereits nach der ersten Gewinnwarnung schieb ich im Heibel-Ticker vom 10. August, dass nicht nur der heiße Sommer dafür verantwortlich ist, sondern auch die erfolgreiche Einführung des Partnerprogramms, das es Partnern von Zalando ermöglicht, eigene Produkte einzustellen und zu verkaufen. Die Partner nutzen die Zalando-Logistik, die Gewinnmarge für Zalando ist bei diesem Geschäft jedoch kleiner.

In der gestrigen Gewinnwarnung ist von dem Partnerprogramm keine Rede mehr, es wird lediglich der heiße Sommer dafür verantwortlich gemacht, dass neben Bikinis und Flipflops keine Schuhe und Kleidung verkauft werden konnte. Wenn Sie heute aus dem Fenster schauen, dann können Sie sehen, dass das Argument des heißen Sommers nicht an den Haaren herbeigezogen ist. Ich zumindest gehe gleich einkaufen, damit wir heute Abend nochmal Grillen können... und es ist schon Mitte September! Seit Juni habe ich vielleicht dreimal eine lange Hose angehabt (ja, ich arbeite in Shorts).

Zalando hat nun also die Gewinnprognose erneut gesenkt. Jegliche Zielvorgaben werden im laufenden Jahr verfehlt.

Die Umsatzprognose wurde nur marginal gesenkt. Das Umsatzwachstum wurde ursprünglich mit 20-25% prognostiziert, Anfang August wurde diese Prognose auf „die untere Hälfte von 20-25%“ reduziert und gestern sprach man vom „unteren Ende
der angestrebten Spanne von 20-25%“.

Ich hatte im Januar im Rahmen einer Wunschanalyse Zalando ausführlich besprochen und einen Vergleich zu Amazon angestellt. Da der Gewinn bei den beiden Unternehmen beliebig manipuliert werden kann, beide Unternehmen investieren jeden Cent ins Wachstum, ist vielleicht das Kurs/Umsatz-Verhältnis (KUV) die bessere Bewertungskennziffer.

Das KUV 2019e von Amazon ist bei 3,3, das von Zalando steht nach dem heutigen Kursrutsch bei nur noch 1,4.

Also: Zalando hat durch einen externen Faktor, das „zu gute“ Wetter, ein schlechtes Sommergeschäft verzeichnet. Das Hauptgeschäft findet jedoch ohnehin im Winter statt, denn Winterklamotten sind deutlich teurer und tragen höhere Gewinnmargen. Das Wachstum von Zalando liegt weiterhin in der angestrebten Spanne von 20-25%. Ich halte den heutigen Ausverkauf daher für eine Kaufgelegenheit und würde die Aktie in unser Wachstums-Portfolio holen.

HANDELSSTREIT USA – CHINA

Gestern hat US-Präsident Donald Trump die angedrohten Strafzölle auf chinesische Produkte im Wert von 200 Mrd. USD mit einem Satz von 10% eingeführt. Ab Januar 2019 wird dieser Satz auf 25% erhöht. Ausgenommen ist eine kleine Liste von Produkten, die neben Kinderstühlen auch „zufällig“ Apple-Produkte umfassen.

China überlegt nun, gezielt den Export von Produkten zu verbieten, die insbesondere von US-Unternehmen benötigt werden. Man spricht da insbesondere von Zulieferern der Chip-Industrie, die ihre Produktion fast vollständig in China hat.

Die USA wiederum haben in Aussicht gestellt, dann gegebenenfalls auch die verbleibenden 257 Mrd. USD an Produkten, die von China in die USA geliefert werden, mit Strafzöllen zu belegen.

Wir haben hier also eine ziemlich klare Aussicht auf die nächsten Schritte, die zu erwarten sind. Wie befürchtet gibt China seine über Jahrzehnte erworbenen und in meinen Augen global unfairen Handelsvorteile nicht so einfach auf. Auf der anderen Seite sitzt ein tobender Bulle, der weniger auf Gespräche, sondern vielmehr auf Drohpolitik setzt. Es bleibt eine angespannt Situation, die jederzeit wirklich eskalieren kann ... das heißt aber auch, dass ich bislang keine wirkliche „Eskalation“ sehen kann, die sich schädlich auf die Weltwirtschaft auswirkt.

Hier und da sind bereits einige Branchen getroffen worden, doch deren Einfluss auf die Weltwirtschaft war bislang sehr gering. Mit den jetzt eingeführten und angedrohten Schritten könnte die globale Wirtschaft tatsächlich in Mitleidenschaft gezogen werden, doch das haben wir durch die Kursverluste der vergangenen Monate in meinen Augen bereits eingepreist. Einen erneuten, heftigen Ausverkauf fürchte ich aktuell nicht.

Die Chipindustrie ist eine der agilsten Industrien weltweit. Produktionsstätten werden binnen weniger Monate auf der grünen Wiese aus dem Boden gestampft und nach zwei oder drei Jahren wird die Fabrik wieder eingestampft. Der derzeitige Handelsstreit führt bereits dazu, dass viele Chiphersteller ihre Produktion auf andere Länder diversifizieren, sofern nicht ohnehin schon längst geschehen. China ist schon lange nicht mehr die einzige verlängerte Werkbank der Welt, es gibt jede Menge andere südostasiatische Länder, die ähnliche oder bessere Standortfaktoren bieten.

Würde die in Aussicht gestellte Eskalationskette also tatsächlich eintreten, und das ist nach derzeitiger Lage ziemlich wahrscheinlich, so würde es meiner Einschätzung nach tatsächlich zu Verwerfungen in der globalen Konjunktur kommen ... aber nur temporär.

Auf der anderen Seite verliert China jetzt schon Geschäft, da sich die Chipunternehmen aufgrund der angespannten Situation nach Alternativen umschauen. Je länger der Handelsstreit also andauert, desto besser sind die USA vorbereitet und desto mehr Verlust hat China ohnehin bereits erlitten. Die Zeit spielt also für die USA.

Doch China ist ein Gigant, der – genau wie Russland – auch ohne die Weltwirtschaft leben kann. Zumindest wird das so immer nach außen verkauft. Ob das dann auch für das Land vorteilhaft ist, sei dahingestellt.

Ich sehe es also nicht so, wie es in unseren Medien landauf und landab vertreten wird, dass die USA sich ins Abseits manövrieren. Politisch ja, aber wirtschaftlich haben die USA von dem Handelsstreit eine Menge zu gewinnen.

Wenn ich mir die Reaktion an den Aktienmärkten anschaue, dann scheinen Anleger weiterhin meiner Meinung zu sein: In den USA wurden in Folge der neuen Zölle insbesondere die FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix, Google) ausverkauft, obwohl gerade das Unternehmen sind, die ziemlich wenig bis gar nichts mit China zu tun haben. Auf der anderen Seite konnten die China-Aktien zulegen: Boeing, Caterpillar, United Technologies, 3M, DowDuPont.

In Deutschland legt heute der Autosektor kräftig zu, während der lokale Einzelhandel Federn lässt. Angst vor dem Export sieht anders aus.

Abschließend noch ein Gedanke: Gestern Abend habe ich mir mal wieder „Inside Job“ angeschaut, eine gute Dokumentation über die Kette von Ereignissen, die zur weltweiten Finanzkrise 2007 bis 2009 führten. Ein wichtiger Faktor war die Liberalisierung der Finanzmärkte wie bspw. die Aufhebung des Trennbankensystems.

Liberalisierung kann also auch zu weit getrieben werden. Vor diesem Hintergrund finde ich meine Überlegung vom vergangenen Freitag weiterhin interessant, die 50% Eigentümerschwelle nicht von Ausländern überspringen zu lassen. Liberalisierung um jeden Preis kann zu ungewollten Exzessen des freien Kapitalismus führen, die Eigentümerklausel hört sich für mich nicht unvernünftig an ... Sie müsste jedoch von den Industriestaaten übernommen werden.

Ich glaube also nicht, dass China zur Beilegung des Handelsstreits auf sämtliche Privilegien verzichten muss. Es gibt mitunter gute Argumente für die eine oder andere „protektionistische“ Maßnahme. Oder, mit anderen Worten, es gibt durchaus Raum für Verhandlungen, Raum für Kompromisse. Dessen sollte sich auch die US-Regierung bewusst sein.

Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker

P.S.: Lassen Sie mich Ihre Meinung, Kritik oder
Verbesserungsvorschläge wissen (selbst Lob ist willkommen ;-)
und schreiben Sie mir an leserbrief/at/heibel-ticker/./de.


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02. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
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Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen
nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte
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Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber
nach unseren Anlageideen. Dennoch müssen wir jegliche
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Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt
auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse
beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum
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Es tut mir Leid, dass im Heibel-Ticker nicht die viel
versprechenden neuen Regeln der Rechtschreibreform
berücksichtigt werden, aber ich müsste Kopf stehen, um
diese zu verstehen.

Quellen:
Kurse: Deutsche Kurse von comdirect.de, Goldbarren von proaurum.de, US-Kurse von finance.yahoo.com. Alle Kurse sind
Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist.
Bilanzdaten: Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa-AFX, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen


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03. AN-/ABMELDUNG
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