Heibel-Ticker PLUS 20/31 - Q-Zahlen und Corona dominieren die Geschehnisse

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31.07.2020:



H E I B E L - T I C K E R    P L U S

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -



DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436

15. Jahrgang - Ausgabe 31 (31.07.2020)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag



I N H A L T

01.Info-Kicker: Q-Zahlen und Corona dominieren die Geschehnisse
02.So tickt die Börse: Kurze Zusammenfassung einer ereignisreichen Woche
 - Wochenperformance der wichtigsten Indizes
03.Sentiment: Angst vor zweiter Welle belastet
 - @@
04.Ausblick: Unterstützungsmarken, die Sie zum Kauf nutzen können
05.Update beobachteter Werte: Freenet, BASF, Airbus, Spotify, ServiceNow, Accell
 - Freenet: Schuldscheindarlehen über 345 Mio. EUR platziert
 - BASF: Nachkaufen
 - Airbus: Politik ist ein schmutziges Geschäft
 - Spotify: Nachkaufen, denn schwedische Steuern sind ein Zeichen von Stärke
 - ServiceNow: Gewinnmitnahmen belasten Kurs
 - Accell: Durchwachsene Zahlen
06.Übersicht HT-Portfolio
07.Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise
08.An-/Ab-/Ummeldung



01. Info-Kicker: Q-Zahlen und Corona dominieren die Geschehnisse

Liebe Börsenfreunde,

Es war eine der vier Wochen im Jahr, in der die meisten Quartalszahlen veröffentlicht werden. Zusätzlich tagte noch die US-Notenbank, verheerende BIP-Zahlen wurden veröffentlicht und die Corona-Zahlen weltweit ziehen wieder an. In Kapitel 02 versuche ich, die Ereignisse ins rechte Licht zu stellen, ohne zu viel zu schreiben. Immerhin haben wir Sommerferien :-).

Die Stimmung ist eingebrochen, gleichzeitig macht sich aber Optimismus breit. Vor der zweiten Coronawelle scheinen Anleger wenig Angst zu haben, wie die Sentimentanalyse in Kapitel 03 zeigt.

Der DAX ist in den vergangenen Tagen deutlich zurückgekommen. Für mich eine Gelegenheit zum Einkaufen. Welche Marken Sie in den kommenden Tagen beachten sollten und was ich kaufen würde, schreibe ich in Kapitel 04.

Aufgrund der vielen Quartalszahlen gab es diese Woche jede Menge Updates (6 Stück), die in Kapitel 05 abgedruckt sind. In Kapitel 06 finden Sie dann noch eine tabellarische Übersicht über unser Portfolio. Aktueller Stand: DAX -7%, Heibel-Ticker +8%. Ich bleibe am Ball, damit wir den Vorsprung ausbauen können :-).

Die PDF-Version dieser Ausgabe steht Ihnen ab sofort im Archiv sowie unter dem folgenden Link zur Verfügung: https://www.heibel-ticker.de/downloads/htp200802.pdf

Nun wünsche ich eine anregende Lektüre,

take share, Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker




02. So tickt die Börse: Kurze Zusammenfassung einer ereignisreichen Woche

Diese Woche war viel los: Die US-Notenbank hat getagt, diese Woche ist die Woche mit den meisten Quartalsberichten, vier der fünf globalen Technik-Monopolisten mussten in Washington der Politik über wettbewerbsschädliche Praktiken Rede und Antwort stehen, sowohl das BIP in Deutschland als auch in den USA, ist um 10% eingebrochen, Coronazahlen steigen, Trump erwägt Wahlverschiebung, ...

Ich habe mir die Zeit genommen, die vielen Ereignisse für Sie zusammenzufassen, ohne in episch breite Monologe zu verfallen :-).

Die meisten Quartalszahlen, die ich mir angeschaut habe, waren gut bis super. Wussten Sie übrigens, dass Uno von Mattel vertrieben wird? Während des Lockdowns gingen mehr Uno-Kartenspiele über den Ladentisch denn je. Mattel freute sich über eine kleine Sonderkonjunktur. Sämtliche Prognosen der Unternehmenschefs waren überaus vorsichtig formuliert. Kein Wunder vor dem Hintergrund steigender Coronazahlen. Daher vermochten die Q-Zahlen nicht den erhofften Impuls für die Aktienmärkte geben, um in Richtung Allzeithochs zu stürmen. Vielmehr stieg der Anreiz, Gewinne mitzunehmen.

Die Zahl der mit Corona Infizierten steigt weltweit, auch in Deutschland.

Corona-Compliance
Abbildung 1: Er sollte eigentlich dafür sorgen, dass andere die Corona-Regeln befolgen


Kein Wunder, würde ich sagen, denn die Kontaktbeschränkungen werden immer weniger beachtet. Einmal abgesehen davon, dass in Geschäften und öffentlichen Transportmitteln Maskenpflicht besteht, scheint sich im privaten Raum kaum noch jemand um den gebotenen Abstand zu scheren. Selbst in Geschäften wird der Umgang mit den Regeln laxer, wie obiges Photo zeigt.

Also steigen die Zahlen wieder und in den Medien wird die zweite Welle heraufbeschworen. Wir erinnern uns, dass bei der Spanischen Grippe vor einhundert Jahren die meisten Menschen erst im Rahmen der zweiten Welle starben. Ich halte die Ängste daher für berechtigt, aber übertrieben. In den vergangenen einhundert Jahren hat sich viel getan: Unser gutes Gesundheitssystem konnte sich in den vergangenen Monaten noch besser auf Corona-Erkrankungen einstellen. Außerdem haben wir inzwischen die in meinen Augen gebotene kleinteilige Reaktionsmöglichkeit der Länder und Gemeinden, wenn lokale Hotspots erkannt werden.

Dadurch ist - zumindest wirtschaftlich betrachtet - ein zweiter Lockdown mit entsprechend verheerenden wirtschaftlichen Folgen unwahrscheinlich. Mag also sein, dass die Zahl der Infizierten in den kommenden Wochen wieder kräftiger ansteigt. Einen exponentiellen Anstieg wie im März halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Mag sein, dass wir erneut eine steigende Zahl von Todesopfern beklagen werden, doch ich gehe davon aus, dass verbesserte Behandlungsmethoden für einen unterproportionalen Anstieg sorgen werden.

Mag sein, dass es zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen in Folge von Kontaktsperren kommen wird. Doch zum einen gehe ich davon aus, dass diese weitgehend lokal verhängt werden und nicht mehr bundesweit. Zum anderen hat sich die Wirtschaft inzwischen darauf vorbereitet.

Es gibt natürlich Branchen, die können sich auf eine solche Situation gar nicht vorbereiten: Der Tourismus könnte erneut unter Druck geraten. Auch die Gastronomie. Yum Brands hat gestern Quartalszahlen berichtet: Der Umsatz brach ein, dennoch konnte mehr Gewinn ausgewiesen werden als erwartet. CEO David Gibbs machte eine Aussage, die Gastronomen weltweit erzittern lassen sollte. Yum Brands ist der weltweit größte Betreiber von Restaurants. Pizza Hut ist die größte Restaurantkette im Konzern. Pizza Hut habe während des Lockdowns das Geschäftsmodell dahingehend überarbeitet, dass man gar keinen Restaurantbetrieb mehr benötige. Der Lieferservice sei wesentlich lukrativer.

Der weltweit größte Restaurantbetreiber braucht kein Restaurant mehr? Corona-Vorschriften machen das Geschäft unrentabel: Nur jeder zweite Tisch darf besetzt werden, Maskenpflicht und umfangreiche Hygienevorschriften hinsichtlich der Essenszubereitung machen den Restaurantbetrieb zu aufwendig.

Ich lese derzeit täglich von namhaften Restaurantbetreibern in Deutschland, die ihren Betrieb schließen. Für kleine Gastronomien lässt sich ein lukrativer Lieferservice nicht so einfach aufbauen. Je länger die Kontaktbeschränkungen bleiben, desto mehr Restaurants werden schließen - egal ob eine zweite Welle kommt oder nicht.

Es wird also Medienberichte über verheerende Coronafolgen geben. Vermutlich werden sie stets an eine Zahl angehängt, mit der man den Anstieg der Infizierten darstellt.

Ich möchte Corona hier nicht klein reden. Wir haben noch keinen Impfstoff und schwere Krankheitsverläufe enden bei Corona auch heute noch sehr häufig tödlich. Bitte befolgen Sie die Maskenpflicht und vermeiden Sie unnötige Versammlungen.

Aber dies ist ein Börsenbrief und daher bespreche ich hier überwiegend die wirtschaftliche Bedeutung von Ereignissen. Und da fällt es mir schwer, einen wirtschaftlichen Ausnahmezustand wie im März/ April als wahrscheinlich zu betrachten.

In den USA sieht das anders aus, genau wie auch in Südamerika. Dort hat man die Kontaktbeschränkungen lange Zeit - teilweise heute noch - als Eingriff in die persönliche Freiheit betrachtet und daher nicht eindämmen können. Donald Trump hat seinen Fehler inzwischen erkannt und ein Bauernopfer (Fauci) geköpft. Außerdem sieht er seine Felle davon schwimmen: Wenn die Coronakrise bis zur Präsidentschaftswahl im November nicht im Griff ist, hat er keine Chance zur Wiederwahl.

Also twitterte er gestern früh, dass Briefwahlen verfälschte Wahlergebnisse liefern würden und erwog, die Wahl zu verschieben. Es ist auch für den US-Präsidenten kaum möglich, einen Wahltermin zu verschieben. Wenn aufgrund von Corona viele Wähler lieber von zu Hause aus wählen, ist das doch eine gute Alternative, würde in Deutschland jeder denken. Doch Trump ist davon überzeugt, dass Briefwahlen manipuliert werden und am Aktienmarkt ist diese Überlegung allein schon ausreichend, um große Verunsicherung zu erzeugen. Zwar bräuchte Trump die Zustimmung von beiden Häusern, was als ausgeschlossen betrachtet werden kann. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass Trump dennoch irgendwelche Mittel findet, um seine Interessen durchzusetzen.

Entsprechend brachen die Aktienmärkte gestern ein.

Inzwischen haben Historiker herausgefunden, dass es in der Geschichte der USA noch keinen einzigen verschobenen Wahltermin gab. Die Gemüter beruhigen sich also wieder, heute geht's wieder nach oben.

Aber der gestrige Einbruch ist nicht allein auf den Tweet von Trump zurückzuführen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Q2 ist in Deutschland um 10% eingebrochen. In den USA brach das BIP um 9% ein. Lassen Sie sich nicht von den gigantischen Zahlen der USA verwirren: Dort wurde ein BIP-Rückgang von 33% veröffentlicht! Doch in den USA werden die Zahlen häufig "annualisiert": Wenn der Rückgang in drei Monaten 9% betrug, dann rechnet man das auf 12 Monate, also auf ein Jahr, hoch und kommt zu der gigantischen Zahl von -33%. Das würde aber bedeuten, dass Corona unvermindert über zwölf Monate wütet, und das ist selbst in den USA nicht zu befürchten.

Nachdem sich der DAX also im Wochenverlauf relativ stabil gehalten hat, sorgte die niedrige BIP-Zahl in Deutschland für einen Ausverkauf. Zeitgleich schockte die Meldung darüber, dass mehr US-Truppen abgezogen werden als zuvor bekannt war und Trump bekräftigte diese Zahl mit einer Tirade gegen Deutschland, das weder seinen Nato-Verpflichtungen nachkomme, noch geopolitische Interessen berücksichtige, wenn die Nordstream II Pipeline mit Russland zu Ende gebaut würde.

Spannungen mit den USA können wir nun wirklich nicht gebrauchen.

Eigentlich war davon auszugehen, dass der schwache DAX keine Auswirkungen auf die USA haben würde, doch dann kam der Tweet über die Wahlverschiebung und führte dazu, dass die Verunsicherung aus Deutschland auch an den US-Finanzmärkten Fuß fasste.

Bleibt ein Kommentar zur Anhörung von Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Facebook), Tim Cook (Apple) und Sundar Pichai (Alphabet) in Washington. Die Marktmacht dieser globalen Tech-Monopolisten habe wettbewerbsschädigende Auswirkungen, so der Vorwurf.

Die Anhörung verlief überaus zahm. Auch der Politik ist bewusst, dass gerade diese vier Unternehmen (zuzüglich Microsoft, die meiner Ansicht nach noch dazu gehört hätten) im internationalen Wettbewerb eine führende Rolle übernommen haben. Jedes Land der Erde wäre stolz, eines dieser Unternehmen zu beherbergen. Warum also sollten Politiker diese Vorzeigeunternehmen bestrafen?

Nur einen Tag später veröffentlichten genau diese vier Unternehmen jeweils ihre Quartalszahlen:

Apple: Zahlen besser als erwartet, zweistelliges Wachstum und ein Gewinn, der über der höchsten Analystenschätzung lag. Ein Aktiensplit 4:1 wurde angekündigt. Analysten heben nun reihenweise ihre Kursziele aufgrund des robusten Geschäftsmodells, dem selbst Corona nichts anhaben konnte. Aktie +7%.

Amazon: Der ultimative Corona-Gewinner! 40% Umsatzsteigerung sind der blanke Wahnsinn, da es sich nicht um ein Startup handelt, sondern um den bereits weltweit größten Einzelhändler. 100.000 Mitarbeiter! Nein, Amazon hat nicht 100.000 Mitarbeiter, sondern Amazon hat in den vergangenen drei Monaten 100.000 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt. Der Gewinn war mit 10,30 USD/Aktie um 8,80 USD/Aktie über den Erwartungen. Auch das ist kein Schreibfehler: Erwartet wurde ein Gewinn von 1,40 USD/Aktie, Vielfaches davon wurde erzielt. Aktie +6%

Facebook: Keine Spur von Werbezurückhaltung, die in den Medien seit Monaten diskutiert wird. Da Facebook nur sehr wenig gegen politische und moralisch fragwürdige Texte unternimmt, hatten sich einige Werbende von der Plattform zurückgezogen, Analysten hatten daher gleich zwei Gründe, rückläufige Werbeeinnahmen zu befürchten: Zum einen aufgrund einer Verweigerungshaltung der Werbenden, zum anderen aufgrund der coronabedingten Wirtschaftsflaute. Nichts davon traf zu, Umsatz und Gewinn wachsen weiterhin zweistellig. Aktie +7%.

Alphabet: Der Gewinn lag um 20% über den Erwartungen, der Umsatz ging jedoch - erstmals in der Geschichte von Google - leicht zurück. Ich habe den Eindruck, dass Google zu viele Projekte verfolgt und das Kerngeschäft aus den Augen verliert. Entsprechend ist die Aktie heute "nur" mit 1% im Plus.

Abschließend noch zwei Kommentare:
Shopify wird mit dem 50-fachen Umsatz bewertet. Es ist der Gegenentwurf zu Amazon. Während Amazon die erfolgreichen Produkte seiner Händler gerne mal selber produziert und verkauft, hat sich Shopify vollständig dem Erfolg seiner Händler verschrieben. Interessen, die den Interessen der Händler entgehen stehen könnten, gibt es bei Shopify nicht. Daher der kometenhafte Aufstieg der Shopify-Plattform und daher die hohe Bewertung. Wenn jemand Amazon ein paar Federn ausrupfen kann, dann nicht die Politik, sondern Shopify.

Wirecard ist nun Anlass zu einer Klage gegen die BaFin. Der Vorwurf, den ich unterstütze, lautet, die BaFin habe trotz deutlicher Hinweise nicht nur nicht agiert, sondern im Gegenteil, habe Leerverkäufe verboten und damit ein Signal gesetzt, dass die Vorwürfe der Financial Times nicht nur unberechtigt, sondern von unlauteren Interessen geleitet seien. Das war der Tag, an dem ich meine kritische Berichterstattung zu Wirecard einstellte. Wer sich der Klage anschließen möchte, kann dies hier tun: https://www.wirecardclaim.com/.

Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich geschlagen haben:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES30.7.20Woche ΔΣ '20 Δ
Dow Jones26.184 -1,3%-8,6%
DAX12.313 -4,1%-7,1%
Nikkei21.710 -4,6%-8,2%
Shanghai A 3.469 3,5%8,9%
Euro/US-Dollar1,181,7%5,6%
Euro/Yen124,991,6%2,3%
10-Jahres-US-Anleihe0,54%-0,04-1,39
Umlaufrendite Dt-0,57%-0,08-0,34
Feinunze Gold$1.975 3,9%30,6%
Fass Brent Öl$43,19 0,5%-37,2%
Kupfer6.433 -1,5%3,6%
Baltic Dry Shipping1.348 -2,9%23,7%
Bitcoin11.088 15,7%52,1%








03. Sentiment: Angst vor zweiter Welle belastet

Letztlich dreht sich derzeit alles um die Gefahr einer zweiten Welle: In Deutschland sind wir ziemlich gut aufgestellt, doch auf dem amerikanischen Kontinent sind die Corona-Zahlen noch immer erschreckend hoch. So erklärt sich auch der Anstieg des DAX sowie des Euro-Wechselkurses gegenüber dem US-Dollar aus den vergangenen Wochen: Internationale Anleger treiben den DAX in die Höhe, weil Deutschland die Corona-Pandemie im Griff zu haben scheint.

Doch diese Überzeugung erhielt in der nun abgelaufenen Woche erste Kratzer: Auch in Deutschland werden wieder steigende Corona-Fallzahlen berichtet - wenngleich auf niedrigem Niveau. Und die BIP-Zahl aus unserem zweiten Quartal zeigt, dass der gute Umgang mit der Corona-Pandemie ihren Preis hat. Diese Erkenntnis hat nun den DAX in der abgelaufenen Woche um 4% korrigieren lassen. Waren vor einer Woche noch neue Allzeithochs im Gespräch, so sind die Augen nun gen Süden gerichtet, ein Boden wird gesucht.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Stimmung unter den Anlegern vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen deutlich eingetrübt hat. Die wenigen Anleger, die vor einer Woche noch ausgelassen das hohe Kursniveau feierten, klagen nun über ihren Kater: Das Sentiment unserer Umfrageteilnehmer ist von neutral auf -3,1 gefallen. Ab Werten von -4 spreche ich von Extremwerten, die für eine Bodenbildung hilfreich sind. Wir sind also nicht mehr weit davon entfernt.

Ein Korrektürchen von 2-3% haben wir in den vergangenen Wochen immer wieder erlebt, doch nun war der DAX innerhalb von acht Tagen um 7% eingebrochen. Das führt bei vielen Anlegern zur Verunsicherung, die wir auch in unserer Umfrage mit einem Wert von -4,2 messen können. Dabei gelten Korrekturen von 7-8% im Rahmen einer Hausse als normal - wenn nicht sogar gesund.

Es gibt eine ganze Reihe von Anlegern, die das genauso sehen: Die Konsolidierung der vergangenen Tage ist gesund und macht den Weg frei für eine Fortsetzung der Rallye. So ist das Bullenlager kräftig angewachsen, die Zukunftserwartung hat mit einem Wert von 0,7 erstmals seit April ins Plus gedreht. Optimismus macht sich also breit.

Vor dem Hintergrund des angestiegenen Optimismus ist es erfreulich, dass auch die Investitionsbereitschaft wieder deutlich angestiegen ist (1,7). Wir hatten zwar zuletzt im Mai schon eine ähnlich hohe Investitionsbereitschaft gemessen, damals fehlte jedoch die Überzeugung und so mussten wir auf eine gestiegene Aktivität von Spekulanten verweisen. Diesmal sieht's besser aus: Die Investitionsbereitschaft ist mit ordentlichem Optimismus hinterlegt.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist deutlich angesprungen. In die Konsolidierung der vergangenen Tage hinein haben Privatanleger ihre Absicherungspositionen aufgelöst. Die Profis, die sich über die Eurex absichern, wurden hingegen auf dem falschen Fuß erwischt: Das Put/Call-Verhältnis hat sich von einer starken Long-Positionierung nun wieder auf ein neutrales Niveau zurück bewegt.

Ganz anders sieht es in den USA aus. Das Put/Call-Verhältnis der CBOE zeigt extreme Long-Spekulationen an. Dort scheint die Korrektur noch keine wirklichen Auswirkungen zu haben. Und so sind auch die US-Fondsmanager nach wie vor extrem hoch investiert, die Investitionsquote liegt weiterhin bei 97%.

US-Privatanleger hingegen sind weiterhin extrem bärisch eingestellt, die Bärenquote liegt bei -28% und zeigt einen extremen Überhang der Pessimisten an.

Der technische Angst & Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 67% weiterhin eine relativ neutrale Marktverfassung an.

Interpretation



Nicht nur der Umgang mit den Kontaktbeschränkungen ist in den USA anders als in Deutschland, auch die Wahrnehmung der Corona-Gefahr scheint sich zu unterscheiden. Die USA vermelden täglich neue Schreckenszahlen in Sachen Corona und so ist die Bevölkerung verunsichert, wie wir an der Stimmung der Privatanleger ablesen können, doch Profis setzen bereits darauf, dass Besserung in Sicht ist und die Aktienmärkte dann weiter stützen wird.

In Deutschland haben wir einen schönen Sommer gehabt, in dem viele Vorsichtsmaßnahmen abgelegt werden konnten, doch nun schaut man ängstlich auf die Entwicklung der kommenden Wochen. Nach der Feier des Zwischenerfolgs über die erste Welle kommt nun Angst vor einer zweiten Welle auf. Profis ziehen sich daher frühzeitig aus dem Markt zurück, während Privatanleger nach der aktuellen Konsolidierung schon beherzt zugreifen.

Vor einer Woche schrieb ich, dass Privatanleger meistens die letzten sind, die zur Party, bei uns also in die Rallye einsteigen. Genau das könnte nun geschehen. Der letzte stürmische Kursanstieg unserer Rallye steht noch aus und es ist noch offen, ob Profis derzeit zu früh verkaufen, oder aber ob die Vorsicht angemessen ist. Denn selbst wenn nach der Konsolidierung die Rallye wieder an Fahrt gewinnt, ist noch lange nicht erwiesen, dass es diesmal gelingen wird, neue Allzeithochs zu erklimmen.

Um 10 % ist das BIP im abgelaufenen Quartal coronabedingt geschrumpft. Uns wurde dieser Tage vor Augen geführt, wie stark der Lockdown die Wirtschaft schädigen kann. Entsprechend sensibel werden derzeit die Entwicklungen der Corona-Infektionen beobachtet. Corona ist an der Börse das wichtigste Thema. Der US-Präsidentschaftswahlkampf, Quartalszahlen, US-chinesischer Auseinandersetzung und US-Truppenabzug in Deutschland und viele andere Themen werden zu Nebensachen.





04. Ausblick: Unterstützungsmarken, die Sie zum Kauf nutzen können

Wie Sie meinen Ausführungen zum Sentiment entnehmen können, erwarte ich durchaus schon bald wieder steigende Kurse, daher befinde ich mich weiterhin eher auf der Käuferseite. Aber je nachdem, wie sich die Kurserholung (wenn sie denn tatsächlich kommt) gestalten wird, müssen wir am Ball bleiben, um zum richtigen Zeitpunkt den Absprung zu schaffen. Häufig ist die letzte Welle einer Rallye die heftigste. Das heißt, die zu erwartenden Kursgewinne dürften nochmals groß sein, wenn das so läuft, wie ich es mir derzeit vorstelle.

Aber wie immer ist es leider so, dass niemand in die Zukunft sehen kann, auch ich nicht, und es kann durchaus sein, dass wir die Höchstkurse bei vielen Aktien bereits gesehen haben.

Oder mit anderen Worten: Ich bin durchaus bereit, wieder stärker investiert zu sein, aber mit steigender Investitionsquote müssen wir auch schneller reagieren, wenn sich die Dinge zu unseren Ungunsten entwickeln.

Mit aktuell 20% Cash im Portfolio sind wir gut gerüstet, sollte diese Konsolidierung noch weiter gen Süden führen. Mögliche Unterstützungen befinden sich bei 12.000 Punkten und dann bei 11.600 Punkten. Halten diese beiden Unterstützungen nicht, dann ist der Weg frei bis 11.000 Punkte, was ich nur im Zusammenhang mit einer deutlich negativen Corona-Entwicklung erwarten würde.

Gewinne hatten wir rechtzeitig mitgenommen. Rückläufige Kurse würde ich daher erst einmal nur zum Einkaufen nutzen. Wie gesagt: Eine katastrophale Entwicklung wie im Frühjahr halte ich für unwahrscheinlich. Im Gegenteil, wenn der Herbst dann wirtschaftlich besser läuft, dann dürften die Aktienmärkte weiter anziehen.

Vergessen Sie nicht: Notenbanken und Politik weltweit haben so viel Geld in die Hand genommen wie nie zuvor. Entsprechend werden diejenigen Unternehmen, die in diesem Marktumfeld das richtige Produkt anbieten, überproportional profitieren. Es bleibt also weiterhin wichtig, die richtigen Aktien im Portfolio zu haben.

Sollte der von mir als unwahrscheinlich bezeichnete Fall eintreten und die Corona-Pandemie doch nochmals heftiger auch hier in Deutschland wüten als befürchtet, dann müssen wir entsprechende Anpassungen im Portfolio vornehmen: BASF, Münchener Rück und Airbus wären dann fehl am Platz.

Soweit ein kleiner Ausblick.

Übrigens: Wochengewinner der 160 DAX-Unternehmen ist diese Woche: Delivery Hero (+9%). Das passt zur Meldung von Yum, über die ich in Kapitel 02 berichtet habe: Der weltgrößte Restaurantbetreiber kommt auch ohne Restaurants aus, Lieferdienste sind viel lukrativer.

EINKAUFSLISTE MIT WUNSCHPREISEN

Hier die Einkaufsliste. Grundsätzlich haben wir in den vergangenen Wochen aus den meisten Bereichen schon Kandidaten ins Portfolio aufgenommen. Ich werde die Wunschliste daher zukünftig nur noch für Werte fortführen, die noch in unser Portfolio passen würden.

WUNSCHLISTE

CORONAGEWINNER
SICHERHEIT
OKTA - WKN: A2DNKR ISIN: US6792951054 Kaufen unter 120 EUR
Crowdstrike - WKN: A2PK2R ISIN: US22788C1053 Kaufen unter 55 EUR
Zscaler - WKN: A2JF28 ISIN: US98980G1022 Kaufen unter 47 EUR
Splunk - WKN: A1JV4H, ISIN: US8486371045 Kaufen unter 115 EUR
-> Ich habe den großen Wunsch, eine dieser Aktien zu bekommen, doch aktuell sind sie mir noch zu teuer.

ERNÄHRUNG DER ZUKUNFT
Beyond Meat - WKN: A2N7XQ, ISIN: US08862E1091 Kaufen unter 90 EUR
Hawesko - WKN: 604270 ISIN: DE0006042708 Kaufen unter 27 EUR
-> Wir haben Frosta

DEZENTRALER WORKFLOW
DocuSign - WKN: A2JHLZ ISIN: US2561631068 Kaufen unter 85 EUR
Veeva Systems - WKN: A1W5SA ISIN: US9224751084 Kaufen unter 155 EUR
HEIMARBEIT
Twilio - WKN: A2ALP4, ISIN: US90138F1021 Kaufen unter 90 EUR
TeamViewer - WKN: A2YN90, ISIN: DE000A2YN900 Kaufen unter 36 EUR
-> wir haben ServiceNow, das sowohl den Workflow neu definiert, als auch für die Heimarbeit essentiell ist

5G
Marvell Tech - WKN: 930131, ISIN: BMG5876H1051 Kaufen unter 23 EUR
-> Wir haben Nvidia

MEDIZINTECHNIK
Shop Apotheke - WKN: A2AR94 ISIN: NL0012044747 Kaufen unter 55 EUR
-> Wir haben Compugroup

MOBILITÄT DER ZUKUNFT
Tesla - WKN: A1CX3T, ISIN: US88160R1014 Kaufen unter 440 EUR
-> Wir haben Accell

GOLD - SICHERER HAFEN
OSISKO Gold Royalties - WKN WKN: A115K2, ISIN: CA68827L1013 Kaufen unter 7,70 EUR (aktuell 8,00 EUR)
-> Wir haben mit Barrick Gold und Wheaton Precious sowie ein paar Goldbarren 15,4% unseres Portfolios in diesem Bereich. Bei Gelegenheit können wir hier noch auf 20% gehen, mehr würde ich aber nicht im Goldbereich unterbringen.



05. Update beobachteter Werte: Freenet, BASF, Airbus, Spotify, ServiceNow, Accell

Bitte beachten Sie auch den Kundenbereich auf meiner Internetseite unter www.heibel-ticker.de -> Portfolio -> 10 neueste Einträge. Dort finden Sie aktuelle Charts mit meinen jeweils aktualisierten Einschätzungen.

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Im Wochenverlauf habe ich zu mehreren Titeln Anmerkungen im Kundenbereich der Webseiten verfasst.


Freenet
Schuldscheindarlehen über 345 Mio. EUR platziert

Di, 28. Juli um 07:09 Uhr
Bei Freenet werden im kommenden Jahr 700 Mio. Euro zur Refinanzierung fällig. Bei 2,6 Mrd. Euro Jahresumsatz ist die Nettoverschuldung mit 2 Mrd. Euro hoch. Das ist allerdings bei den meisten Telcos so (Dt. Telekom hat 109 Mrd. Euro Schulden bei 98 Mrd. Euro Jahresumsatz).

Für die Refinanzierung hat Freenet nun Schuldscheine über 345 Mio. Euro ausgegeben. Die Laufzeit variiert zwischen 3,5 und 6 Jahren, der Zins variiert entsprechend zwischen 1,5% und 1,9%. Ich halte das für gute Konditionen aus Sicht von Freenet, denn die hohe Schuldenquote hätte auch zu einem deutlich schlechteren Kreditzins führen können. Doch offensichtlich wird von Anlegern der hohe Cashflow des Unternehmens geschätzt. Der Schuldschein wurde stark nachgefragt, das Volumen sei laut Freenet höher als ursprünglich avisiert und der Zins niedriger.

Zunächst wurde also die Dividende gestrichen (210 Mio. Euro), nun wurde ein Schuldscheindarlehen platziert (345 Mio. Euro). Freenet hat dadurch 555 Mio. Euro von den zu finanzierenden 700 Mio. Euro bereits eingenommen. Damit ist die Bilanz trotz Corona nunmehr wieder in einer guten Verfassung.

Eine befürchtete zweite Coronawelle würde sich dennoch erneut negativ auf Freenet auswirken, da deren Hauptabsatzkanal, die Saturn und Media Markt Geschäfte, im Falle von erneuten Kontaktbeschränkungen wenig Umsatz machen dürften und das wiederum schlecht ist für das Neugeschäft von Freenet. Gleichzeitig bilden jedoch die Bestandskunden des Post-Pad Bereichs von Freenet eine stabile Einnahmebasis, die der Aktie Halt geben dürfte. Wenngleich Freenet also je nach Meldung kurzfristig (Wochen) stark schwanken könnte, dürfte die Aktie aufgrund der nunmehr wieder soliden Bilanz und der attraktiven Dividende mittelfristig (Monate) wieder ansteigen.


BASF
Nachkaufen

Do, 30. Juli um 14:21 Uhr
Das BIP (Bruttoinlandsprodukt, also die Wertschöpfung in Deutschland) fiel im Q2 um -10,1%, Volkswirte hatten einen Rückgang um "nur" 9,0% befürchtet. Die Coronakrise hat demzufolge größere wirtschaftliche Schäden hinterlassen als bislang angenommen. Der DAX ist daher eingebrochen, das Tagesminus beträgt aktuell -2,4%.

Wir kommen nun in die Phase, in der die Folgen der Coronakrise mit Ziffern belegt werden. Die Ziffern werden nicht schön sein und es wird immer wieder Rückschläge an den Aktienmärkten geben. Doch Konjunkturprogramme und Liquiditätsflutung werden Schlimmeres vereiteln. Und je schlimmer die Ziffern, desto selbstbewusster können Politiker auftreten und sagen: "Seht ihr, wir mussten so drastische Maßnahmen ergreifen".

Und so wird es nicht lange dauern, bis sich der Fokus auf die Hilfen richtet und sich Vertrauen in die Politik bildet, dass auch weiterhin Schlimmeres verhindert werden kann.

BASF notiert heute 7% unter unserem Kaufkurs, ich würde auf dem aktuellen Kursniveau nun nachkaufen und die Position voll machen.

Gestern hat BASF Q-Zahlen vorgelegt, die im Rahmen der Erwartungen ausfielen. Allerdings schlug CEO Brudermüller einen extrem negativen Ton an, als er vom Geschäftsverlauf für das laufende Quartal und den Rest des Jahres sprach. Insbesondere die Auftragslage bei der für die BASF wichtigsten Branche, den Automobilherstellern, sei weiterhin schwach, Besserung sei auch im dritten Quartal nicht in Sicht.

Eine kleine "Story" habe ich noch zu BASF: In den Unterlagen zum gestern veröffentlichten Q-Ergebnis steht auf S. 4 im Lagebericht, dass BASF derzeit zwei Produktionsanlagen für die Kathodenherstellung plant und bauen wird. Der Bau in Finnland, wo Kathodenvorprodukte hergestellt werden sollen, habe begonnen. Und für die Kathodenmaterialien-Anlage in Schwarzheide sei die Baugenehmigung erteilt worden.

Damit festigt BASF auch langfristig seine weltweit führende Rolle in der Herstellung von Kathoden, die elementar für Batterien sind und somit auch vom anlaufenden Boom der Elektromobilität profitiert. Irgendwann in den kommenden 12 Monaten wird es einem Journalisten auffallen, dass BASF ja eigentlich ein Zulieferer der Batterieindustrie ist und somit - genau wie derzeit Tesla - ordentlich wachsen dürfte :-).

Auf Basis der Schätzungen für 2021 notiert die Aktie derzeit auf einem KGV von 15, die erwartete Dividendenrendite ist weiterhin bei 6,3%. Da können wir nicht viel falsch machen, wenn wir diese Dividendenposition auf diesem Kursniveau aufstocken. Natürlich ist zwischenzeitlich alles möglich, aber ich gehe derzeit nicht von einem heftigen Börsenrückschlag aufgrund der zweiten Coronawelle aus, weil zu viele Anleger mit hohen Cashbeständen an der Seitenlinie sitzen und schon die kleinsten Rückschläge zu Käufen nutzen.

Die heutigen BIP-Zahlen sorgten nur in Deutschland für einen heftigen Ausverkauf. Ich gehe davon aus, dass sich der DAX mit Börseneröffnung in den USA um 15:30 Uhr im weiteren Tagesverlauf wieder ein wenig erholen wird. Daher würde ich nicht zu lange mit dem Kauf warten.


Airbus
Politik ist ein schmutziges Geschäft

Do, 30. Juli um 15:16 Uhr
Airbus hat heute verheerend schlechte Q-Zahlen veröffentlich. Die Aktie schießt um 5% nach oben. Wer Geld von der Politik möchte, der darf in der derzeitigen Situation keine Spur von Stärke zeigen.

So drosselt Airbus die Produktion des A350 auf 5 pro Monat, zum Jahreswechsel waren es noch 9,5 pro Monat.

Der Umsatz im ersten Halbjahr 2020 ist um 39% gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Der Gewinn des Vorjahres (2,5 Mrd. EUR) wandelte sich in einen Verlust von 0,9 Mrd. EUR. Allein im zweiten Quartal betrug der Verlust 1,4 Mrd. Euro nach einem Gewinn von 1,9 Mrd. Euro im Vorjahresquartal. Auf die Aktie herunter gebrochen betrug der Verlust 1,01 Euro (nach einem Gewinn von 2,25 Euro vor einem Jahr).

Neben Passagierjets produziert Airbus auch Helikopter und Flieger für das Militär. Passagierjets machen jedoch über drei Viertel des Geschäfts aus. Bei Passagierjets werden die Coronafolgen noch deutlicher sichtbar als im Konzernergebnis: Der Umsatz mit Passagierjets sank im Q2 um 66% gegenüber dem Vorjahresquartal, also um zwei Drittel! Das kommt einem Stillstand schon sehr nah.

Gestern kam Boeing mit Q-Zahlen heraus, die schlechter waren als ohnehin schon befürchtet. Zudem gab Boeing bekannt, den Bau des Jumbos, der Boeing 747, in zwei Jahren vollständig einzustellen. Seit 1969 gilt der Jumbo als Königin der Lüfte. Die zwei Etagen sind Legende, die US-Präsidentenmaschine Air Force One ist ein Jumbo. Die Tage sind gezählt, kleinere und in erster Linie effizientere Maschinen sind heute gefragt. Der vierstrahlige Jumbo gilt ohnehin als Umweltsau.

Wie kann man den Wechsel zu klimafreundlicheren Fliegern beschleunigen? Ach so, ja klar: Mit einer Abwrackprämie. Nur wird sie nicht so heißen, sondern man wird sie als Klimainvestition verkleiden.

Alles in allem spielen sowohl Boeing als auch Airbus ihre Rolle sehr gut: Die Kundenbasis zerbröselt und die Zahlungskraft der Kunden ist futsch. Die Schwarzmalerei wird benötigt, um direkte Subventionen zu begründen. Drosselung der Produktion, Arbeitsplatzabbau und eine Beschleunigung zu klimafreundlichen Fliegern sind gute Argumente für die Politik, tätig zu werden.


Spotify
Nachkaufen, denn schwedische Steuern sind ein Zeichen von Stärke

Do, 30. Juli um 16:28 Uhr
Spotify hat gestern Q-Zahlen berichtet, die irgendwie nicht so richtig ins Bild passen: Der Umsatz stieg um 13% auf 1,89 Mrd. EUR und lag um 40 Mio. EUR hinter den Erwartungen ... sicherlich ein Rundungsfehler ;-). Die Gewinnmarge war mit 25,4% etwas höher als erwartet (24,6%). Und auch die monatlichen Nutzer (MAU) waren mit 299 Mio. leicht höher als erwartet (298,3 Mio.).

Aber der Verlust lag mit -1,91 EUR/Aktie völlig außerhalb der Erwartungen von -0,36 EUR/Aktie. Der Grund: Steuern. Ein Drittel der Mitarbeiter von Spotify sind Schweden. Und wenn ein Mitarbeiter im Rahmen eines Aktienprogramms Gehaltszulagen erhält, zahlt Spotify 31% Steuern an die schwedische Finanzbehörde.

Viele Aktienprogramme laufen in Abhängigkeit vom Aktienkurs. Wenn die Aktie ein bestimmtes Kursniveau erreicht hat, werden entsprechend Aktien an Mitarbeiter zugeteilt. Zum Beginn von Q2 stand die Aktie von Spotify bei 110 Euro, am 30.6. wurden 230 Euro erreicht, ein Plus von 109% in nur drei Monaten. Eine ganze Reihe von Aktienprogrammen für Mitarbeiter wurden aktiviert und Spotify musste entsprechend hohe Steuern an das schwedische Finanzamt abführen. CEO Daniel Ek nennt die Zahl von 126 Mio. Euro, erwähnt aber gleichzeitig, dass 10% Kursgewinn in der Aktie zu rund 25 Mio. Euro Steuerabgaben für Spotify führen - es wären also insgesamt eher 270 Mio. Euro an Steuern, die Spotify in Q2 zu zahlen hatte.

So ärgerlich Steuern auch sein mögen, so wenig Einfluss haben sie in der Regel auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Aber das Geschäftsmodell wird an der Börse bewertet, nicht die Steuerlast. Andere Unternehmen wären froh, wenn sie eine Kursentwicklung verzeichnen können, die zu einer solchen Steuerlast führt. Und die entsprechenden Marken sind bei Spotify nun übersprungen, damit werden die Aktienprogramme in den kommenden Quartalen, wenn die Aktie ihre Rallye nicht unvermindert fortsetzt, nicht mehr so stark zu Buche schlagen.

Werbeeinnahmen waren aufgrund von Corona rückläufig. Spotify-Abonnenten hätten während der Coronazeit eine höhere Churnrate gezeigt (churn = Abwanderung). Auch seien vermehrt Zahlungsprobleme bei Kunden aufgetreten. Das habe sich inzwischen aber wieder normalisiert.

Wenn ich mir das Wachstum der Nutzer, das Wachstum der Aboss sowie einige andere Wachstumskennziffern anschaue, komme ich überall auf Zahlen um die 30%. Lediglich die Werbeflaute sowie coronabedingte Zahlungsprobleme bei Kunden haben den Umsatz belastet, dürften aber schon bald wieder auf normale Niveaus zurück klettern. Damit ist meine Wachstumsstory für Spotify intakt, denn das heutige Nutzerwachstum führt morgen zu Einnahmen, egal ob durch Abos oder durch Werbung. Die Corona-Ausfälle werden eine Scharte sein, die man später kaum noch sieht.

Die Aktie von Spotify ist seit unserem Teilverkauf bei 254 Euro um 15% zurück gekommen. Ich denke, es ist an der Zeit, die Position wieder voll zu machen. Ich würde Spotify heute wieder kaufen und die Positionsgröße auf die beabsichtigten 7% des Portfolios bringen.


ServiceNow
Gewinnmitnahmen belasten Kurs

Do, 30. Juli um 17:15 Uhr
Ebenfalls gestern hat ServiceNow Q-Zahlen veröffentlicht, die leicht über den Erwartungen lagen. Der Umsatz wuchs um 27% auf 1,08 Mrd. USD. Der Gewinn lag mit 1,23 USD/Aktie um 0,21 USD/Aktie über den Erwartungen.

Aboeinnahmen stiegen um 30% und liegen damit weiterhin im Rahmen der ordentlichen Wachstumszahlen, die ich von einem Wachstumsunternehmen erwarte. CEO Bill McDermott, der ja vor einem Jahr von SAP zu ServiceNow gewechselt ist, verstand es im anschließenden Conference Call einmal mehr, Mitarbeiter zu loben, die Produkte zu preisen und den Kundennutzen in den Vordergrund zu stellen. Fast jeder Analyst, der zu Wort kam, begann seine Frage mit einem Lob für die Zahlen des abgelaufenen Quartals.

Das einzige Haar in der Suppe ist der Saisonalität zuzuschreiben: Finanzchefin Gina Mastantuono erklärte ausführlich, dass einige Kunden das Timing ihrer Vertragsverlängerungen verschoben haben, so dass ein Teil der Q2-Zahlungen bereits in Q1 erfolgte und ein weiterer Teil der Q2-Zahlungen erst in Q3, teilweise sogar Q4. Grund sei, dass Kunden, die mehrere Produkte von ServiceNow beziehen, die Verträge nur einmal im Jahr anfassen wollen und daher unterschiedliche Fälligkeiten vereinheitlichen. Ein Analyst ging auf dieses Thema nochmals ein, doch ich konnte - ehrlich gesagt - nicht nachvollziehen, warum dieser technische Effekt so große Aufmerksamkeit bekam.

Daher würde ich sagen: Alles war super, sogar die Prognose wurde angehoben. Dennoch wurde ServiceNow im Anschluss an die Zahlen ausverkauft, aktuell beträgt das Minus 4,2%. Bei einem KGV von 100 ist sowas jederzeit möglich. Immerhin ist auch ServiceNow in den vergangenen Monaten super gelaufen und da sind Gewinnmitnahmen nach guten Q-Zahlen nichts, was mich überrascht. Mal schauen, wie weit die Aktie zurückkommt. Ich denke erst deutlich unter 350 Euro über Nachkäufe nach.


Accell
Durchwachsene Zahlen

Fr, 31. Juli um 11:43 Uhr
Ich drücke mich schon seit ein paar Tagen, die Q-Zahlen von Accell zu kommentieren: Auf der einen Seite hat das Unternehmen eine fulminante Erholung nach dem Lockdown erlebt, so dass der Umsatz im ersten Halbjahr trotz zeitweiliger Schließungen um 4% gegenüber dem Vorjahr angestiegen ist. Auf der anderen Seite erzählt CEO Ton Anbeek bei jeder Gelegenheiten von den Lieferproblemen, die aufgrund der unterbrochenen Lieferketten im Lockdown entstanden und bis heute nicht beseitigt sind.

Der Schwerpunkt bei der Vorstellung der Q-Zahlen liegt weiterhin beim Thema Corona und Lockdown. Das Unternehmen ist weiterhin bemüht, Cash zu generieren und Ausgaben zu kürzen, um ein möglichst großes Finanzpolster zu haben, falls es nochmals zum Lockdown kommt. Vorsicht ist sicherlich gut, aber ich hätte mir etwas mehr Zuversicht gewünscht, denn gerade das Fahrrad ist meiner Meinung nach ein Gewinner in der Coronakrise.

Während des Lockdowns im März und April wurde ein Großteil des Lagerbestands aus Deutschland nach Skandinavien gebracht und dort mit Rabatten verkauft. Damit konnte zwar trotz Lockdown Umsatz generiert werden, aber die Erholung fiel dadurch nicht so groß aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Dem Management ist diesbezüglich kein Vorwurf zu machen, denn während des Lockdowns war die Informationslage sehr widersprüchlich und kaum jemand konnte die große Nachfrage nach Fahrrädern frühzeitig mit Gewissheit vorhersehen. Dennoch bleibt das Resultat daher suboptimal.

CEO Ton Anbeek hat die Probleme erkannt und führt daher in seiner Präsentation an, dass Verbesserungen bei der Beschaffungslogistik erforderlich sind, um die Kosten im Griff zu behalten. Zudem möchte er auch das Angebot besser an die Nachfrage anpassen, um Rabatte zu vermeiden. Schöne Worte, aber weder in der Präsentation, noch in der anschließenden Diskussion hat Anbeek auch nur ein Wort darüber verloren, wie er das bewerkstelligen möchte.

Für das laufende Jahr rechnet Anbeek nicht damit, den Gewinn gegenüber dem Vorjahr zu steigern. Das ist in Ordnung, denn in dieser besonderen Zeit ist es in meinen Augen wichtiger, Marktanteile zu gewinnen, als hohe Gewinne zu erzielen.

60% des Konzernumsatzes werden mit E-Bikes erwirtschaftet. Da während des Lockdowns zwar keine Räder verkauft wurden, aber Ersatzteile verfügbar waren, stieg der Umsatzanteil dieses Bereichs um 5% auf 24% an. Ersatzteile haben geringe Gewinnmargen, dadurch erklärt sich die schwache Ertragslage.

Unterm Strich kann ich trotz meiner oben genannten Bedenken ein positives Fazit ziehen: Das Unternehmen hat schnell und flexibel auf den Lockdown reagiert. Die Bilanz hat sich solide entwickelt, Lager wurden leer gefegt, Marktanteile gewonnen und die Cashposition hat sich verbessert. Zudem wurden Kreditverbindlichkeiten deutlich reduziert. So ist Accell bestens positioniert, um insbesondere im Markt der E-Bikes weiter zu wachsen. Und wenn der Anteil an verkauften Rädern im Umsatzmix zunimmt, während die Ersatzteile wieder auf ein normales Niveau zurückgehen, dann wird sich auch die Ertragslage deutlich verbessern.

Wir bleiben also dabei :-).



06. Übersicht HT-Portfolio

Spekulation (≈15%) =12,5%WKN30.7.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 5x3%!C19
Barrick Gold87045024,32 €-1%23%3,4%B+
CompugroupA2889074,10 €3%12%3,1%B+
AccellA1JADL23,65 €3%11%3,1%A+
Frosta60690064,80 €0%4%2,9%A+







Wachstum (≈35%) =21,7%WKN30.7.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 5x7%!
BB BiotechA0NFN361,00 €-3%-1%3,3%B+
SpotifyA2JEGN217,25 €-5%74%7,1%B+
Nvidia918422360,25 €2%57%3,7%B+
ServiceNowA1JX4P368,45 €1%25%3,4%B+
Wheaton Precious MetalsA2DRBP45,74 €0%31%4,3%B+
Airbus93891462,50 €-4%-2%3,5%A -








Dividende (≈30%) = 26,1%WKN30.7.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 4x7,5%!
FreenetA0Z2ZZ14,65 €0%-28%7,1%B0
Deutsche Post55520034,26 €-1%1%3,7%B+
Munich Re843002224,80 €-4%-3%4,2%B0
NestléA2DY3F108,58 CHF-1%5%3,5%B+
BASFBASF1146,83 €-10%-9%7,6%A+








Absicherung (≈20%) =18,5%WKN30.7.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 3x7%!
Goldbarren 100 gr100 gr.5.287,00 €2%21%8,8%A+
Südzucker-AnleiheA0E6FU79,96%-2%-8%6,2%A+
Nokia-AnleiheA0T9L2126,07%3%10%3,5%C0





Cashquote

Σ-Portfolio Ergebnis seit 2020

-1%8%21,2%


Heibel-Ticker
GewichtungAnzahl Positionenangestrebte Positionsgröße
PortfolioZielSollIstSollIst
SpekulationEreignis15%12,5%543%
WachstumEnkelkinder35%21,7%567,0%
DividendeUrlaub30%26,1%458%
AbsicherungZins & Gold20%18,5%336,7%
Summe
100%78,8%1718


Anmerkungen:
- Die Überschrift über jedem Portfoliobereich in der jeweiligen ersten Spalte (bspw. Absicherung (≈20%) =21,8%) bedeutet: Der beabsichtigte Anteil dieses Portfoliobereichs am Gesamtportfolio beträgt ungefähr 20%. Aktuell beträgt der Anteil 21,8%.
- Die dritte Spalte zeigt die Schlusskurse von Donnerstagabend.
- Unter „Woche” steht die Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.
- Unter „Σ 'XX Δ” steht das Ergebnis der Position seit Jahresbeginn bzw. seit Aufnahme ins Portfolio.
- Unter „Anteil” finden Sie den Anteil der jeweiligen Position am Gesamtdepot.

Unter ! steht zur Information meine Grundtendenz:

ATop-Aktie mit günstigem Kurs, 
BKursrücksetzer zum Kaufen nutzen 
CKurssprünge zum Verkaufen nutzen, 
Dbei Gelegenheit Verkaufen, 
ESofort Verkaufen 


Die „Gelegenheit” zum Kaufen oder Verkaufen wird sodann kurzfristig von mir per Update an Sie bekanntgegeben.

Ich habe diese Spalte „!” insbesondere für neue Kunden vorgesehen, die zu einem späteren Zeitpunkt wissen wollen, ob ich die Position noch zukaufen würde, wenn ich beispielsweise darin nicht schon voll investiert wäre. Zukaufen würde ich jeweils jedoch niemals zu Höchstkursen, sondern stets nur nach kurzfristigen Kursrückschlägen von mindestens 5-7%.

Kauffolge: Je spekulativer, desto aggressiver würde ich kaufen und verkaufen. Derzeit verwende ich die folgenden Schritte:
- Dividenden- & Wachstumspositionen in drei Schritten aufbauen: 25%-25%-50%,
- Zyklische Positionen in zwei Schritten aufbauen: 50%-50%,
- Spekulative Positionen ganz oder gar nicht: 100%.

Stopp Loss Limits, Verkaufslimits und ähnliche Aktionsmarken verwalte ich aktiv in meinem System und ändere ich unter der Woche mehrfach, fast täglich. Eine Veröffentlichung der entsprechenden Limits ist in der Regel nicht sinnvoll, allenfalls Stopp Loss Marken für unseren Spekulationen werde ich bisweilen im Text bekanntgeben.

Eine erfolgreiche Börsenwoche,
take share

Stephan Heibel

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07. Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.

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Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Quellen:
Kurse: Deutsche Kurse von comdirect.de, Goldbarren & Münzen von proaurum.de, US-Kurse von finance.yahoo.com. Alle Kurse sind Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist.
Bilanzdaten: Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa-AFX, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen



08. An-/Ab-/Ummeldung

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