Heibel-Ticker PLUS 20/46 - BioNTech Impfstoff, Alibaba Monopolvorwurf & Beyond Meat Zahlendesaster

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13.11.2020:



H E I B E L - T I C K E R    P L U S

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -



DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436

15. Jahrgang - Ausgabe 46 (13.11.2020)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag



I N H A L T

01.Info-Kicker: Fulminante Rallye nach Erfolgen gegen Corona
02.So tickt die Börse: BioNTech Impfstoff, Alibaba Monopolvorwurf & Beyond Meat Zahlendesaster
 - BioNTech veröffentlicht überraschend positive Impfstoffergebnisse
 - Monopolvorwürfe in China
 - Beyond Meat entdeckt Wettbewerb
 - Wochenperformance der wichtigsten Indizes
03.Sentiment: Bullen liefern positiven Stimmungsimpuls
 - @@
04.Ausblick: Fahrplan und Portfoliostruktur bis Herbst 2021
 - BB Biotech & Medios
 - Digitalisierung
 - Kochen Daheim
 - Zyklische Geschäftsmodelle
 - Dividendentitel
 - Zusammenfassung
05.Leserfragen: Cronos Cannabis
 - Cronos Cannabis: Cannabis-Wert Cronos exorbitant hoch bewertet
06.Update beobachteter Werte: Freenet, Wheaton Precious Metals, Airbus, Spotify, Münchener Rück, Medios
 - Freenet: Stabile Geschäftsentwicklung trotz Corona
 - Wheaton Precious Metals: Gute Q-Zahlen, Nachkaufen unter 38 EUR
 - Airbus: Geschäft erholt sich
 - Spotify: Börsenwissen für Kinder
 - Münchener Rück: Licht am Ende des Tunnels
 - Medios: Wachstum intakt, Profitabilität wird nachziehen
07.Übersicht HT-Portfolio
08.Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise
09.An-/Ab-/Ummeldung



01. Info-Kicker: Fulminante Rallye nach Erfolgen gegen Corona

Liebe Börsenfreunde,

Der Wahlsieg Bidens ist fast schon zur Nebensache geworden, seit BioNTech Testergebnisse zum Corona-Impfstoff veröffentlichte, die so herausragend gut sind, dass die Aktienmärkte weltweit um 5% angesprungen sind. Das hat so niemand erwartet, entsprechend werden jetzt Portfolios umgeschichtet.

In Kapitel 02 gehe ich auf die Bedeutung des Testergebnisses ein, sowie auf die Monopolvorwürfe gegenüber Alibaba, Tencent und JD.com seitens der chinesischen Behörden. Außerdem ist die Aktie von Beyond Meat um 17% eingebrochen, nachdem schwache Zahlen veröffentlicht wurden und gleichzeitig McDonalds einen eigenen McPlant ankündigte.

Die Entwicklung der Anlegerstimmung ist in turbulenten Zeiten sehr spannend. In Kapitel 03 zeige ich Ihnen die vorläufigen Umfrageergebnisse und leite daraus ab, wo wir mit der aktuellen Rallye stehen.

Das Kapitel 04 ist heute sehr umfangreich: Wir haben ein volles Portfolio und damit die Rallye der vergangenen Wochen voll mitgenommen. Allerdings müssen auch wir an unserer Portfoliostruktur arbeiten, damit wir in den kommenden Monaten nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden. Puh, das war eine Menge Arbeit, aber ich denke, ich habe für uns die besten Aktien identifiziert, damit wir für die kommenden Monte gerüstet sind. Für den eiligen Leser gibt es am Ende von Kapitel 04 eine Übersicht über die beabsichtigten Veränderungen.

Die heutige Leserfrage in Kapitel 05 zum Thema Cronos, einer Cannabis-Aktie, kann ich nur unzureichend beantworten. Ich kenne mich besser mit Bier und Wein aus und werde diese Kenntnisse heute Abend nach dem Versand dieser Ausgabe vertiefen.

Diese Woche gab es eine Reihe von ausführlichen Updates zu einigen unserer Portfolio-Werte. Alle Updates finden Sie in Kapitel 06, die tabellarische Übersicht inklusive der aktualisierten Strategieempfehlung dann in Kapitel 07.

Die PDF-Version dieser Ausgabe steht Ihnen ab sofort im Archiv sowie unter dem folgenden Link zur Verfügung: https://www.heibel-ticker.de/downloads/htp201115.pdf

Nun wünsche ich eine anregende Lektüre,

take share, Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker




02. So tickt die Börse: BioNTech Impfstoff, Alibaba Monopolvorwurf & Beyond Meat Zahlendesaster

BIONTECH VERÖFFENTLICHT ÜBERRASCHEND POSITIVE IMPFSTOFFERGEBNISSE

Am Wochenende wurde Joe Biden von den Medien als Gewinner der Präsidentschaftswahl ausgerufen, Donald Trump stellt sich jedoch quer. Obwohl im Vorfeld der Wahlen genau diese Situation als Gefahr gefürchtet wurde, konnten die Aktienmärkte am Montag anspringen. Es folgten am Dienstag die überraschend positiven Testergebnisse von BioNTech, so dass die Aktienmärkte erneut ansprangen.

Die Meldung von BioNTech ist ein "game changer" an den Aktienmärkten. Niemand hatte mit solchen Ergebnissen gerechnet. Impfstoffe für die Grippe haben üblicherweise eine Effizienz von 56%. Wenn man also die Grippeimpfung im Herbst macht, dann ist man nur halb so anfällig für die Grippe des Winters.

Der Covid-Impfstoff von BioNTech wirkt jedoch zu 90%. Außerdem gibt es Anhaltspunkte, dass eine einmalige Impfung reicht, da das Virus nicht so schnell mutiert, wie das Grippevirus. Und zudem hat BioNTech bereits mit Pfizer die Produktion des Impfstoffes in großen Mengen begonnen, so dass direkt mit der Zulassung schon Millionen Impfdosen verfügbar sind, bis zum Frühjahr 2021 könnten große Teile der Bevölkerung in Deutschland sowie in den USA geimpft sein.

Für diesen Winter hilft das leider nicht. Die Hoffnung, dass wir schon diesen Winter nennenswert geschützt werden könnten, war in den vergangenen Monaten schon gestorben. Jetzt aber sieht es danach aus, als könnten wir mit Normalität-ähnelnden Verhältnissen für den kommenden Winter rechnen.

Damit werden ab sofort Aktien, deren Unternehmen nur vorübergehend von Corona profitiert haben, in jede Rallye hinein ausverkauft. Und zyklische Aktien, deren Geschäftsmodell mit zunehmender Dauer der Corona-Pandemie auf eine Insolvenz zugesteuert hätte, springen nun an.

MONOPOLVORWÜRFE IN CHINA

Jack Ma, Gründer von Alibaba, hat seine Finger auch bei dem FinTech-Unternehmen Ant Financial im Spiel. Alibaba hält 33% der Anteile von Ant. Ant sollte zum größten Börsengang des laufenden Jahres werden, doch am Tag vor dem IPO gab's Stress: Chinesische Aufsichtsbehörden wiesen darauf hin, dass 1% Sicherheitsrücklage nicht den Vorschriften entspricht, da seien es 30%. Das Geschäftsmodell von Ant ist damit in Frage gestellt, Jack Ma persönlich hat den IPO gestoppt. Die Aktie von Alibaba brach daraufhin um 10% ein.

Nur 5 Tage später kommt die nächste Hiobsbotschaft: chinesische Behörden halten das Geschäftsmodell vieler chinesischer Internetfirmen für monopolartig und wollen regulieren. In China läuft das anders als bei uns: Wenn die Behörde regulieren möchte, dann gibt es keine Gerichte, die den betroffenen Unternehmen helfen könnten, sondern dann wird reguliert. Entsprechend aufgescheucht sind die betroffenen Unternehmen... unter anderem auch Alibaba. Die Aktie verlor weitere 10%. Innerhalb von acht Tagen ist die Aktie von 270 auf 223 Euro eingebrochen.

Neben Alibaba ist auch Tencent (-8%) und JD.com (-11%) betroffen.

Im Jahr 2016 war Baidu von einer entsprechenden Regulierung betroffen, medizinische Werbung über Baidu wurde damals untersagt. Die Aktie brauchte über ein Jahr, um die alten Hochs wieder zu erreichen. 2018 wurden Tencent und NetEase wegen des schädlichen Einflusses von Online-Spielen auf Kinder reguliert. Jeweils waren es Stolpersteine, die das Wachstum der Unternehmen zwar unterbrachen, nicht aber stoppten.

Wer auf eine gute Gelegenheit gewartet hat, chinesische Internetaktien zu kaufen, der könnte diesen doppelten Tiefschlag für Alibaba zum Einstieg nutzen.

BEYOND MEAT ENTDECKT WETTBEWERB

Beyond Meat war bislang der Vorreiter der fleischlosen Burger und Hot Dogs. Eine Fast Food Kette nach der anderen erweitert das Angebot um Beyond Meat Burger, die Supermarktregale legen ebenfalls immer mehr des Fleischersatzes in die Kühlregale. Diese Woche hat Beyond Meat Q-Zahlen veröffentlicht, die hinter den Erwartungen zurück blieben: Der Umsatz stieg um 2,7% auf 94,44 Mio. USD, 39% weniger als erwartet. Der Verlust lag bei -0,31 USD/Aktie, erwartet wurde ein Gewinn von 0,06 USD/Aktie. Da wurden die Zahlen nicht leicht verfehlt, sondern drastisch.

Zeitgleich gab McDonalds bekannt, im Jahr 2021 einen eigenen McPlant sukzessive in den Markt einzuführen. Bislang war man davon ausgegangen, dass die Partnerschaft zwischen Beyond Meat und McDonalds, die in Kanada bereits besteht, irgendwann auch auf die USA ausgedehnt würde. Doch nach dieser Meldung klang das nicht mehr so.

Die Aktie von Beyond Meat brach um 17% ein. In einem Interview wies CEO Ethan Brown darauf hin, dass man eine enge Partnerschaft mit McDonalds habe und zuversichtlich in die Zukunft blicke. An anderer Stelle sickerte durch, dass der McPlant vermutlich in Kooperation mit Beyond Meat entwickelt wurde.

Wir hatten Beyond Meat zu 110 EUR auf unserer Einkaufsliste, doch nach den jüngsten Ereignissen müssen wir die Situation neu beurteilen: Die Geschichte mit McDonalds ist ein wenig undurchsichtig, aber letztlich nicht ungewöhnlich. Große Konzerne sind bekannt für ihre Geheimnistuerei, wenn es um neue Produkte geht. Und da ist es meiner Einschätzung nach durchaus vorstellbar, dass ein McPlant als McDonald-Produkt platziert werden soll, wenngleich das Know-how und vielleicht auch Zutaten bis hin zum Produktionsverfahren von Beyond Meat eingekauft werden. Für mich hört sich das so an, als habe McDonald einen Weg gefunden, günstiger an die Beyond Meat Burger zu kommen. Beyond Meat wird ebenfalls davon profitieren, vielleicht aber nicht so stark, wie ursprünglich gedacht.

Die überraschend schlechten Q-Zahlen sind ebenfalls erklärbar: In Q2 haben Private als auch Gastronomie eingekauft, was das Zeug hielt, um für einen Lockdown oder für Probleme in der Lieferlogistik gerüstet zu sein. Im Q3 zeigt sich offensichtlich überraschend, dass es sich um einmalige Hamsterkäufe handelte, die nun erst einmal aufgegessen werden müssen. Das Wachstum brach ein. Durchaus nachvollziehbar.

Nicht nachvollziehbar ist, dass Analysten mit Ihren Erwartungen so falsch lagen. Es gehört zu einem börsennotierten Unternehmen dazu, Analysten rechtzeitig auf solche Entwicklungen aufmerksam zu machen, damit es keine so heftige Überraschung gibt, wie wir sie hier nun gesehen haben. Beyond Meat hat nun ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Also: Mit McDonalds lässt sich wohl nicht so viel Geld verdienen, wie bislang gedacht. Und mit dem Kapitalmarkt funktioniert die Kommunikation nicht. Der Kursrutsch ist in meinen Augen daher berechtigt. Ich würde nun erst einmal abwarten, wie sich die McDonalds-Partnerschaft wirklich darstellt und ob etwas an der Unternehmenskommunikation verbessert wird. Bis dahin ist ein Investment in diese Aktie zu gefährlich.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES12.11.20Woche ΔΣ '20 Δ
Dow Jones29.313 3,2%2,3%
DAX13.105 5,0%-1,1%
Nikkei25.386 4,4%7,3%
Shanghai A 3.469 -0,1%8,9%
Euro/US-Dollar1,18-0,5%5,6%
Euro/Yen123,860,9%1,3%
10-Jahres-US-Anleihe0,89%0,07-1,04
Umlaufrendite Dt-0,55%0,09-0,32
Feinunze Gold$1.892 -3,1%25,1%
Fass Brent Öl$42,92 8,6%-37,6%
Kupfer6.912 2,4%11,3%
Baltic Dry Shipping1.194 0,0%9,5%
Bitcoin16.313 5,1%123,7%



Die Aktienmärkte der Industrieländer sind angesprungen, lediglich in China wurde die Meldung über den Covid-Impfstoff nur mit einem Achselzucken empfangen. Stattdessen gab es dort Monopolvorwürfe gegenüber einigen Internet-Giganten, was die dortigen Börsen belastete.

Der sichere Hafen der Anleihen wurde verlassen, die Anleihenpreise fielen und die Rendite stieg. Auch der sichere Hafen des Goldes war wenig gefragt (-3%). Stattdessen wurden Aktien, Öl (+9%) und... der Bitcoin (+5%) gekauft.

Der Ölpreisanstieg ist leicht nachvollziehbar, denn wenn die Konjunktur mit Hilfe eines Impfstoffs wieder anziehen kann, dann steigt natürlich auch der Energiebedarf.

Beim Bitcoin hat sich offensichtlich ein Eigenleben entwickelt. Angefeuert durch die Entscheidung von Paypal, Zahlungen in Bitcoin zuzulassen, bekommt die Kryptowährung nun wieder Aufwind.

Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung in dieser turbulenten Woche entwickelt hat.




03. Sentiment: Bullen liefern positiven Stimmungsimpuls

Die überraschende Meldung zum Covid-19-Impfstoff von BioNTech hat die Aktienmärkte weiter in die Höhe katapultiert: Das Wochenplus von 5% im DAX wurde von zyklischen Aktien genauso getragen wie von Corona-Gewinnern.

Das Anlegersentiment kann sich über diese fulminante Rallye nicht so richtig freuen, mit einem Wert von 2,5 ist die Stimmung gegenüber der Vorwoche (3,8) leicht zurückgegangen. Hatten wir in der Vorwoche fast schon Werte zu verzeichnen, die nur in einer Euphorie erreicht werden, so ist die Stimmung nun wieder auf ein moderat positives Niveau gefallen.

Die Selbstgefälligkeit ist weiterhin neutral (0,5). Die für die Corona-Monate typische Verunsicherung ist gewichen, Selbstsicherheit ist jedoch noch nicht zu erkennen: zu überraschend kam der Kurssprung dieser Woche.

Der Zukunftsoptimismus ist vom hohen Niveau der Vorwoche nochmals angestiegen (+0,9 auf 4,9). Das ist wichtig für künftige Kaufentscheidungen, die unsere Rallye am Laufen halten können.

Doch die Investitionsbereitschaft ist von 3,8 auf nur noch 2,5 gefallen. Das ist ein noch immer solides Niveau, aber die hohe Investitionsbereitschaft der beiden Vorwochen hat sich nun abgebaut. Entweder wurde inzwischen gekauft, ich glaube aber eher, dass Anlegern die Kurse zum Kaufen nun zu hoch gelaufen sind.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger zeigt mit einem Wert von -3 eine leichte Absicherungsneigung an. Institutionelle Anleger, die sich über die Eurex absichern, haben die Rallye dieser Woche ebenfalls genutzt, um ihre Put-Positionen auszubauen.

Am vergangenen Freitag hatte ich die Entwicklung des Put/Call-Verhältnisses nicht erklären können, da sie für mich nicht nachvollziehbar war. Mein Fehler lag nicht in der falschen Interpretation der Daten, sondern im Knoten in meinem Kopf: Ich hatte die Aussage des Put/Call-Verhältnisses verdreht und konnte diese nicht zur Situation passende Entwicklung dann auch nicht erklären. Sorry.

Das Put/Call-Verhältnis der CBOE steigt von niedrigem Niveau aus leicht an, in den USA werden die Long-Spekulationen in die Rallye hinein nun offensichtlich langsam aufgelöst.

US-Fondsmanager haben kräftig Aktien gekauft, die Investitionsquote ist um 27% auf 96% gesprungen. Nun wissen wir zumindest, wer die Kurse getrieben hat.

Erstmals seit Februar haben die Bullen im Bulle/Bär-Verhältnis der US-Privatanleger wieder die Oberhand gewonnen... und zwar gleich mit 31%, was dem höchsten Wert entspricht, an den ich mich erinnern kann.

Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit 55% weiterhin eine neutrale Verfassung an.

Interpretation



Die Stimmung an den Aktienmärkten war seit dem Herbst 2017 nicht mehr so bullisch wie in diesen Tagen: Damals hatte Donald Trump die Unternehmenssteuerreform angekündigt. Im Anschluss sprang die Aktienmärkte um 13% an.

In den vergangenen drei Wochen ist der DAX bereits um 14% angesprungen. Den Impuls aus dem Jahr 2017, den die Bullen erzeugten, haben wir schon hinter uns. Der Optimismus müsste noch höher steigen, um diese Rallye am Laufen zu halten. Das ist - rein stimmungstechnisch betrachtet - natürlich nicht leicht. Das Risiko einer Korrektur wird größer.

Doch gleichzeitig ist es gar nicht so abwegig, dass der Optimismus noch einiges an Nahrung erhält. Moderna und CureVac entwickeln Impfstoffe auf ähnlicher mRNA-Basis wie BioNTech, positive Testergebnisse sind nun auch von diesen Unternehmen zu erwarten. Gleichzeitig laufen eine ganze Reihe an Testphasen mit diversen Medikamenten zur Behandlung von Covid-19. Jede Veröffentlichung von positiven Testergebnissen wird die Bullen weiter anheizen und könnte die Rallye weiter treiben.

Gleichzeitig hat sich die Zahl der infizierten Personen in den USA innerhalb von 10 Tagen verdoppelt. Was, wenn die Situation in den USA in einigen Regionen aus dem Ruder läuft? Und Präsident Trump ist seit Tagen nicht mehr gesichtet worden. Wer soll ihn aus dem Weißen Haus holen, wenn's soweit ist? Es gibt durchaus Entwicklungen, die der Rallye ein jähes Ende setzen könnten.

Wenngleich die Meldung von BioNTech in Sachen Impfstoff ein Licht am Ende des Tunnels darstellt, so wird die Fahrt zum Licht dennoch sehr holprig verlaufen. Es wird viele Gelegenheiten geben, unliebsame Aktien aus dem Portfolio zu werfen und neue Lieblinge zu günstigen Kursen einzusammeln.





04. Ausblick: Fahrplan und Portfoliostruktur bis Herbst 2021

Alles ist angestiegen: Corona-Gewinner und konjunktursensible, zyklische Aktien. Öl- und Industrieaktien, die unter einem Präsidenten Donald Trump ideale Rahmenbedingungen haben, aber auch Solar- und Windenergieaktien, die unter einem Präsidenten Joe Biden einen Schub bekommen würden. Das Problem: Zwei US-Präsidenten gleichzeitig wird es nicht geben. Und Corona kann nicht gleichzeitig absolut harte Lockdowns erfordern und die Konjunktur boomen lassen. Mit anderen Worten: Die Kursrallye der abgelaufenen Woche war übertrieben.

Für mich zeichnet sich derzeit das folgende Szenario für die kommenden Monate ab: Noch-Präsident Trump wird mindestens bis zum 14. Dezember weiterhin davon ausgehen, dass er die Wahl gewonnen hat. Am 14. Dezember werden die durch die Wahl gewählten Wahlmänner ihre Stimme für den nächsten Präsidenten abgeben und die aktuelle Situation sieht so aus, dass Joe Biden über 270 Stimmen erhält und somit die Wahl gewinnt.

Bis dahin wird Trump die Wahl anfechten, juristische Schritte unternehmen und twittern, dass er betrogen wurde. Bis dahin wird er also die Übergabe seines Amtes an Biden nicht beginnen. Und daher wird Biden bis dahin keinerlei Verfügungsgewalt haben. Daraus folgt, dass mindestens bis zum 14. Dezember kein Lockdown in den USA zu erwarten ist, obwohl die Zahlen derzeit wieder anspringen.

US_Covid
Abbildung 1: Covid_19 Sterbestatistik USA


Es handelt sich um die Kurve der Sterbefälle, die der Infektionskurve hinterher läuft. Ich gehe davon aus, dass die US-Amerikaner aus eigenen Stücken bald öffentliche Plätze meiden werden: Bars, Bahnen, Massenveranstaltungen, Einkaufszentren, etc. Dazu braucht es keinen behördlich verordneten Lockdown, sondern die Infektionsentwicklung wird meiner Einschätzung nach viele US-Amerikaner von ganz allein zur Vorsicht bewegen. In einigen Regionen spricht man schon von einer bevorstehenden Triage. Das Weihnachtsgeschäft wird dieses Jahr also online stattfinden (Zalando, Amazon).

Gleichzeitig ist jedoch der erste Impfstoff in Sicht. In den kommenden Wochen werden wir eine Vielzahl von Erfolgsmeldungen hören: Moderna will noch im November Testresultate vorlegen und es wird erwartet, dass Modernas Ergebnisse ähnlich gut sind wie die von BioNTech (90% Effizienz). Auch CureVac wird Ergebnisse vorlegen, diese Woche gab CureVac bekannt, ca. 3 Monate hinter BioNTech zu sein. Dann gibt es noch die herkömmlichen Impfstoffentwickler, die dann Anfang 2021 gegebenenfalls Zwischenergebnisse veröffentlichen. Und gleichzeitig werden Resultate über die neuen Behandlungsmethoden mit statistisch relevanten Daten unterfüttert: Regeneron, Johnson & Johnson, etc. werden die Wahrnehmung von Covid-19 verändern, die Sterberate wird sinken.

Jede Meldung in diesem Bereich wird die Corona-Gewinner unter Druck setzen. Mit Bewertungsniveaus, die nur zu rechtfertigen sind, wenn wir einen ewigen Lockdown hätten, ist die Gefahr groß, dass diese Aktien ausverkauft werden. Dazu zählen dann auch die Biotech- und Pharma-Aktien, die entsprechende Erfolge melden. Ich fürchte, diese Aktien haben ihre Rallye bereits im Vorfeld der Ergebnisse vollführt und werden im Sinne des "sell the news" - "die Gewissheit verkaufen" dann zumindest keine weitere Rallye vollziehen.

Mit jeder Erfolgsmeldung im Kampf gegen Covid-19 werden dann die Value-Aktien wieder gesucht werden.

Im Frühjahr wird der Impfstoff von BioNTech verfügbar sein. Wenn nun noch andere Forschungsarbeiten Erfolge zeigen (siehe oben), dürften wir zumindest in Europa und den USA bis zum Herbst 2021 die Angst vor Corona verlieren.

Doch zurück zur US-Präsidentenwahl: Mag sein, dass Trump sich am 14. Dezember dem Votum der Wahlmänner fügt und eine geordnete Übergabe an Biden vornimmt. Dann wäre schon bald mit einem, wenn auch zurechtgestutztem Konjunkturpaket zu rechnen, mit dem die zwischenzeitlichen Corona-Auswirkungen gemildert würden. Sollte sich Trump jedoch auch nach diesem Votum noch wehren, dürfte es turbulent werden. Zum einen wird dann wohl keine Übergabe stattfinden. Zum anderen wird es bis zum 20. Januar dann auch kein Konjunkturpaket geben. Ein Lockdown aus eigenen Stücken würde die US-Wirtschaft hart treffen.

Aus Sicht eines Anlegers haben wir eigentlich eine recht komfortable Situation. Wir können davon ausgehen, dass bis Herbst 2021 viele Probleme gelöst sein werden. Auch der Brexit wird bis dahin umgesetzt sein und ein gegebenenfalls negativer Effekt wird eingepreist sein. Ach so, und auch in Deutschland wird dann gewählt: Ein neuer Kanzler. Derzeit sieht es jedoch danach aus, dass schon im Januar der nächste Kanzler gewählt wird, wenngleich nicht vom Volk, sondern von der CDU.

Wenn im Herbst 2021 so viel Klarheit herrscht, dann werden die Kurse an den Aktienmärkten heute schon diese Klarheit vorweg nehmen. Sie wissen ja, an der Börse wird die Zukunft gehandelt. Ich möchte daher heute schon abschätzen, wie die Zahlen unserer Aktien im Herbst 2021 aussehen könnten. Daraus können wir dann ein zu erwartendes Kursniveau ableiten und damit in den kommenden Monaten sukzessive unser Portfolio auf die erwartete Entwicklung anpassen.

Vereinfacht gesagt: Nach Hiobsbotschaften in Sachen Covid-19 werden wir unsere Corona-Gewinner verkaufen und zyklische Value-Aktien kaufen. Das Problem dabei: Viele Corona-Gewinner haben ihre Entwicklung durch Corona nur beschleunigt und sind durchaus zu Recht auf einem hohen Bewertungsniveau. Die Digitalisierung hat einen Schub bekommen, der auch nach Corona bestehen bleibt.

Wenn ich mir die Entwicklung dieser Woche anschaue, dann fallen mir einige Aktien auf, die ausverkauft wurden. HelloFresh mit -10% ist ein Ausdruck dafür, dass die Menschen nach der Coronakrise wieder Essen gehen werden. Das Kochen zu Hause war eine Notmaßnahme im Lockdown, führt jedoch nicht zu einem nachhaltigen Kochboom im eigenen Haus. Hornbach feierte Absatzrekorde, weil es sich die Menschen zu Hause gemütlich gemacht haben. Auch das war ein Einmaleffekt, die Aktie hat diese Woche ebenfalls 10% verloren. Und der Gang zur Apotheke ist für viele Menschen weiterhin wichtig, die Shop Apotheke hat nach Meinung der Anleger nur vorübergehend diese soziale Begegnungsstätte außer Kraft gesetzt, -14%. Corona-Tests werden nicht mehr benötigt, wenn die Bevölkerung erst "durchgeimpft" ist, entsprechend gab auch Stratec Biomedical kräftig ab (-12%).

Vor einer Woche hatte ich erfolglos versucht, „schlechte” Aktien in unserem Portfolio zu finden. Heute will ich es mit einem anderen Ansatz versuchen: Das Bessere ist des Guten Tod. Ich stelle also eine Reihe von Aktien gegeneinander gegenüber und entscheide mich dann für diejenige, die im Herbst 2021 vermutlich höher als die andere stehen wird.

Schauen wir uns zunächst den derzeit größten Portfoliobereich an, den Wachstumsbereich. Dort könnten die Wachstumsthemen BioTech, 5G, Cloud, soziale Netze, Künstliche Intelligenz, FinTech vertreten sein, es können aber auch Sonderthemen Eingang finden.

BB BIOTECH & MEDIOS

Beginnen wir mit dem Bereich BioTech. Der Erfolg von BioNTech hat gezeigt, welch sensationelle Fortschritte bei der Medikamentenentwicklung möglich sind, wenn man auf die mRNA-Ebene herunter geht.

BB Biotech wächst seit Jahren mit durchschnittlich 15% p.a. und schüttet regelmäßig eine Dividende in Höhe von rund 5% aus. Hier haben wir Wachstum und Dividende in einem, und besser noch, für das Wachstum gibt es eigentlich keine Grenze. BB Biotech wählt immer wieder junge Biotech-Unternehmen mit neuen Ansätzen aus.

Ich gehe davon aus, dass im Verlauf des kommenden Jahres Erfolgsmeldungen bei den oben genannten Unternehmen, die in Sachen Corona forschen, zu Gewinnmitnahmen führen. Mit dem Gewinn wird dann nach noch unentdeckten Unternehmen gesucht, die vielleicht als Nächstes Forschungserfolge vermelden könnten. Das sind genau die Unternehmen, die sich im Portfolio von BB Biotech befinden. Ich könnte mir daher gut vorstellen, dass die vom Unternehmen gesetzte Messlatte von 15% Wachstum im kommenden Jahr übertroffen wird.

Die Beteiligungen von BB Biotech haben derzeit einen Wert von 54,45 EUR je Aktie („innerer Wert”, Stand Ende Oktober). Die Aktie notiert bei 60 Euro, wird also schon mit einem kleinen Aufpreis versehen. Wenn sich der innere Wert in den kommenden zwölf Monaten meiner Erwartung zufolge um 20% erhöht, dann kommen wir auf 65,34 EUR.

Das aktuelle Allzeithoch liegt bei 67,10 EUR, also nur knapp über dem von mir erwarteten inneren Wert in 12 Monaten. Ich gehe davon aus, dass bei guter Laune schnell mal ein Aufpreis von 10% erzielt werden kann. Somit würde ich für die kommenden zwölf Monate einen Kurs über 72 EUR als zu hoch empfinden und Teilgewinne mitnehmen. Auf der anderen Seite würde ich zu Kursen ab 7-8% unter dem inneren Wert zukaufen, also ab 60 EUR, was dem aktuellen Kurs entspricht.

Wie schaut’s aus mit Medios? Hat das Unternehmen vielleicht noch bessere Wachstumsaussichten?

Nun, Medios hat traumhafte Wachstumszahlen von 22% p.a. und notiert auf einem KGV 2021e von 31. Ich halte ein KGV von bis zu 40 für angemessen, entsprechend ergibt sich für Medios auf Sicht von 12 Monaten ein Kursziel von 35,80 EUR.

Damit ergibt sich für BB Biotech ein Kursziel von +9%, für Medios von +21%. Hmm, da ist die Entscheidung ziemlich eindeutig gefallen: Medios dürfte uns mehr Freude machen im kommenden Jahr.

DIGITALISIERUNG

Die Digitalisierung hat einen Schub bekommen. Dabei sind es überwiegend Entwicklungen, die ohnehin bereits stattfanden, durch Corona jedoch beschleunigt wurden. Fassen wir also die entsprechenden Aktien unseres Portfolios mal pauschal unter diesem Begriff zusammen: Spotify, Apple, Paypal, AMD und Facebook haben wir im Wachstumsbereich. Aber auch Spekulationen wie Proofpoint, Marvell und Skyworks gehören dazu.

KUV 21e KGV 21e Gewinn-Δ PEG
Spotify 4,3 -183,0 141% -1,3
Marvell 8,1 30,1 39% 0,8
AMD 8,2 44,5 38% 1,2
Skyworks 5,5 16,4 12% 1,3
Facebook 8,1 26,4 17% 1,6
Paypal 8,7 41,7 23% 1,8
Apple 6,2 27,7 13% 2,2
Proofpoint 4,8 48,8 21% 2,3

Spotify ist das einzige Unternehmen in dieser Liste, das auch 2021 noch keinen Gewinn abwerfen wird. Mit einem Kurs/Umsatz-Verhältnis von 4,3 ist Spotify zwar günstiger bewertet als die anderen Unternehmen dieser Liste. Allerdings schafft Spotify auch nicht die Rule 40, die alternativ für Wachstumsunternehmen als Bewertungsmaßstab angelegt werden kann. Das Umsatzwachstum liegt bei 22%, die Gewinnmarge ist negativ, so dass in Summe keine 40 erreicht wird.

Das Nutzerwachstum liegt allerdings bei 33% und in der Bilanz schlummern 2,75 Mrd. Euro Nettoliquidität. Spotify ist das einzige unabhängige Musikportal, das Amazon und Apple Paroli bieten kann. Ich gehe daher davon aus, dass sich das KUV von Spotify eher in Richtung der anderen Unternehmen entwickeln wird, als dass Bedenken über die zukünftige Profitabilität den Kurs belasten könnten.

Hmm, nun ist Spotify derzeit eine der größten Positionen in unserem Portfolio. Für ein Unternehmen, das noch keinen Gewinn abwirft, ist das ziemlich mutig von mir, oder? Ich würde daher Spotify bei Gelegenheit halbieren.

Marvell, AMD und Skyworks entwickeln Chips: AMD entwickelt Graphikchips, die in Rechenzentren und Spielecomputern eingesetzt werden, Marvell und Skyworks entwickeln 5G-Chips für das Internet der Dinge.

Ich hatte Skyworks aufgenommen, weil das Unternehmen in China stark vernetzt ist und profitieren könnte, wenn Biden einen moderateren Weg gegenüber China einschlägt. Marvell verfügt jedoch über eine deutlich günstigere PEG-Rate, daher können wir auf Skyworks verzichten.

PEG: Price/Earnings/Growth Verhältnis, also das Verhältnis vom Price/Earnings (=Kurs/Gewinn-Verhältnis KGV) geteilt durch die Wachstumsgeschwindigkeit des Gewinns. Die PEG-Ratio sollte um die 1 liegen, kann bei Wachstumsunternehmen aber auch mal in Richtung 2 gehen.

Marvell steht bei nur 0,8 und ist damit unterbewertet. Auch Skyworks ist mit 1,3 in meinen Augen günstig, aber nicht so günstig wie Marvell.

AMD hatte ich ins Depot geholt, nachdem die angekündigte Xilinx-Übernahme zu einem Ausverkauf geführt hatte. Inzwischen hat sich die Aktie wieder erholt und ich würde AMD nun auch wieder verkaufen. Zu gegebener Zeit können wir uns dann zwischen AMD und Nvidia entscheiden, aber aktuell fürchte ich, dass diese Aktien Gewinnmitnahmen unterliegen werden.

Bei Facebook fehlt mir aktuell der Treiber. 23% Umsatzwachstum werden erwartet, aber nur 17% Gewinnwachstum. Es scheint, Facebook investiert in das künftige Wachstum. Nach dem Kurssprung der vergangenen Monate könnte ich mir vorstellen, dass Anleger hier erst einmal Erfolge sehen wollen, bevor sie die Aktie weiter in die Höhe treiben.

Paypal ist zwar ebenfalls kräftig angesprungen, doch das kontaktlose Bezahlen ist keine vorübergehende Corona-Erscheinung, sondern hat die Zahlungsgewohnheiten bleibend verändert. Mit 23% Gewinnwachstum ist Paypal eine Aktie, die ich gerne im Portfolio behalten möchte.

Apple hat alle Ketten von sich gesprengt: Das iPhone 12 in vier Varianten bringt die Nutzer in das 5G-Netz. Insbesondere in China, dem zufällig größten Markt, hatte die bislang fehlende 5G-Fähigkeit der iPhones Apple gebremst, so dass ich nun sogar mit einem Aufholeffekt rechne. Wenn wir Skyworks als Profiteur einer moderateren Gangart gegenüber China aus unserem Portfolio entfernen, würde ich Apple jedoch gerne behalten.

Zudem wurde diese Woche der neue Apple-Chip für Macs vorgestellt: Bessere Performance als die bislang verwendeten Intel-Chips, bei weniger Energieverbrauch und dadurch längerer Batterielaufzeit. Apple nutzt seine Erfahrung von den iPhones und iPads und rüstet seine MacBooks nun dahingehend um, dass das Beste beider Welten, iOS und MacOS, genutzt werden kann.

Bleibt Proofpoint, die ich als Corona-Profiteur ins Portfolio geholt hatte. Proofpoint ist nun schon recht hoch bewertet und ich würde die Aktie daher bei Gelegenheit verkaufen.

KOCHEN DAHEIM

Frosta hat vom Lockdown profitiert. Unsere spekulative Position ist mit 11% im Plus und wir können sagen: Spekulation aufgegangen, Gewinne mitnehmen. Ich würde Kurse um 70 Euro dazu nutzen.

ZYKLISCHE GESCHÄFTSMODELLE

TUI, der BVB und Airbus brauchen den Impfstoff, um überleben zu können. Bei TUI steht derzeit eine Staatsbeteiligung im Raum. Mit der Aussicht auf den Impfstoff könnte TUI nun in die Lage versetzt werden, Kredite aufzunehmen oder aber mit Hilfe einer Aktienplatzierung (Verwässerung unserer Aktien) Kapital zu beschaffen.

Für den BVB ist es fraglich, ob überhaupt bis zum kommenden Sommer die Fußballstadien wieder gefüllt werden dürfen. Und bei Airbus kommen derzeit aufgrund von Insolvenzen mehr Stornierungen von Bestellungen rein als Neubestellungen.

Immer, wenn die Coronazahlen wieder anspringen, werden diese Aktien unter Druck geraten. Doch jedes Mal, wenn Moderna, CureVac, Johnson & Johnson, Regeneron, ... erfolgreiche Testergebnisse veröffentlichen, werden diese Aktien anspringen.

Bleibt Wheaton Precious Metals, das diese Woche unser Nachkauflimit von 38 EUR erreicht hat. Anleger werden sich eher den zyklischen Aktien zuwenden, als dem sicheren Hafen in Edelmetallen, solange der Impfstoff in Sicht ist. Vielleicht reicht für die kommenden Monate doch erst einmal eine halbe Position.

Bleiben die Dividendentitel.

DIVIDENDENTITEL

Die Deutsche Post könnte von einem erneut boomendem Online-Handel im Weihnachtsgeschäft profitieren und zudem wird sie die Verteilung des Corona-Impfstoffes sicherlich logistisch begleiten. Die Munich Re wird eine attraktive Dividende ausschütten können und BASF ist ein weiterer zyklischer Titel, der in den kommenden Monaten tendenziell (unter Schwankungen) immer höher laufen dürfte. Freenet hingegen macht mich immer wieder nachdenklich: Als Schnellboot unter den Tankschiffen des Mobilfunkmarktes springt das Unternehmen immer wieder in Nischen. Doch so wirklich festsetzen kann es sich nirgends, vielmehr sind die Versuche, sich in lukrative Nischen einzukaufen, ziemlich fehlgeschlagen.

Ich gehe derzeit davon aus, dass die 9% Dividendenrendite im kommenden Frühjahr ausgezahlt werden können. Doch das zugrunde liegende Geschäft wächst nicht mehr. Durch den Verkauf von Sunrise wird es künftig schwerer, den für die Dividende erforderlichen Cashflow zu halten. Es fehlt mir die unternehmerische Idee, wo Freenet hin möchte. Das war zum Zeitpunkt, als wir Freenet ins Depot geholt haben, Waipu, der TV-Streaming-Dienst. Doch die Wachstumsraten dort sind mau. Ich setze die Aktie daher nun auf „C” und würde die Position bei Gelegenheit verkleinern.

ZUSAMMENFASSUNG

Je mehr Impfstoff- und Behandlungsmeldungen veröffentlicht werden, desto stärker wird der Geschmack der Anleger in Richtung Zykliker gehen. Auch wenn die „digitalen” Wachstumsunternehmen weiterhin erfolgreich sein werden, dürften deren Aktien immer wieder Rücksetzer erfahren.

Daher müssen wir unser Portfolio den geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Vielleicht haben Sie es gemerkt: Es geht hier nicht mehr darum, welche Aktien ich gut finde. Ich finde alle Aktien, die wir derzeit im Portfolio haben, gut. Aber die Portfoliostruktur macht uns anfällig für Rücksetzer und fesselt unsere Hände, wenn wir eigentlich zu Schnäppchenpreisen nachkaufen sollten.

Ich habe mich also gezwungen, einige Positionen aus dem Portfolio mit einem „C” zu versehen: Bei Gelegenheit verkaufen. Dazu zählen:

Spekulation:
- Frosta um 70 EUR
- Proofpoint um 85 EUR
- Skyworks um 122 EUR

Teilverkauf:
- BB Biotech um 65 EUR
- Spotify um 240 EUR

Verkauf Wachstum:
- AMD um 70 EUR
- Facebook um 240 EUR

Sie sehen, ich würde nicht panikartig verkaufen, sondern einfach nur die nächste Gelegenheit nutzen, unser Portfolio auszulichten und Cash zu generieren. Die frei werdenden Mittel würde ich dann sukzessive in zyklische Titel wie TUI, BVB, Airbus und BASF stecken, allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen weiterhin stimmen.



05. Leserfragen: Cronos Cannabis


Cronos Cannabis
Cannabis-Wert Cronos exorbitant hoch bewertet

Di, 10. November um 18:24 Uhr

Grüß Sie Herr Heibel,

Ich verfolge Ihr Börsengeschreibsel schon seit geraumer Zeit und bin immer wieder aufmerksam
bei allerlei Zusammenhängen und Unternehmen welche Sie vorstellen.
Sehr inspirierend und anregend!
Aktuell würde es mich wirklich brennend interessieren, was Sie denn von dem Unternehmen
"Cronos" (CA22717L1013) wissen bzw. wie Sie es analysieren würden?
Der Markt (auch wenn der Produktursprung uralt) ist undurchsichtig, die Produktvielfalt unglaublich
breit, die Anwendungsmöglichkeiten vielfältig und die gesellschaftlichen Zugänge so
unterschiedliche wie bei kaum einem anderen Produkt. Umso interessanter, dass ein Riese
wie Altria sich einen Teil davon sichert.
Wie kommts daher, dass ein Unternehmen welches ein paar Millionen Umsatz generiert eine
Marktkapitalisierung von ein paar Milliarden Dollar zusammenbringt?

Viele Grüße,
Nikolaus aus Heilbronn

ANTWORT
Mit Bier und Wein kann ich recht gut umgehen, zu Rauchwaren habe ich nie den Zugang gefunden, so auch nicht zu den entsprechenden Investmentthemen. Hintergrund der hohen Bewertung ist die Phantasie, dass die kanadische Entwicklung in den USA nachgezogen wird. Ob das Bundesstaat für Bundesstaat erfolgen wird oder auf nationaler Ebene, sei dahingestellt. Es gilt jedoch als ziemlich sicher, dass die Liberalisierung fortschreiten wird.

Dabei geht es dann nicht nur um Rauchwaren, sondern auch um medizinische Anwendungen bis hin zu Party-Getränken mit entsprechenden Inhaltsstoffen. Wenn der US-Markt sich öffnet, hilft natürlich ein Partner wie Altria, um den Milliardenmarkt zu erobern. Cronos mit einem Jahresumsatz von bislang 31 Mio. USD ist viel zu klein, hat aber offensichtlich die Produkte lizensiert, von denen sich Altria ein gutes Geschäft erwartet.

Ich habe schon die Red Bull Story nie verstanden: Flüssiges Kaugummi ist in meinen Augen kein Ersatz für einen ordentlichen Espresso. So werde ich vermutlich auch die Cannabis-Story verpassen. Kein Drama bei über 5.000 interessanten Aktien weltweit.



06. Update beobachteter Werte: Freenet, Wheaton Precious Metals, Airbus, Spotify, Münchener Rück, Medios

Bitte beachten Sie auch den Kundenbereich auf meiner Internetseite unter www.heibel-ticker.de -> Portfolio -> 10 neueste Einträge. Dort finden Sie aktuelle Charts mit meinen jeweils aktualisierten Einschätzungen.

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Im Wochenverlauf habe ich zu mehreren Titeln Anmerkungen im Kundenbereich der Webseiten verfasst.


Freenet
Stabile Geschäftsentwicklung trotz Corona

Mi, 11. November um 17:20 Uhr
Die Q-Zahlen von Freenet sind nicht leicht zu verstehen: Der Umsatz ging um 3,5% gegenüber dem Vorjahr zurück, aber der Gewinn konnte aufgrund einer guten Kostendisziplin um 4% ansteigen. Die Zahl der Abonnenten ist um 2,5% angestiegen, der durchschnittliche Umsatz je Kunde (ARPU) ist jedoch aufgrund von Corona-bedingt weniger Roaming-Einnahmen um 3% zurückgegangen. Es gibt jede Menge gegenläufige Entwicklungen, die jedoch unterm Strich für eine recht stabile Geschäftsentwicklung sorgen.

Derzeit ist bei Freenet jedoch weniger das Geschäft wichtig, sondern vielmehr der Verkauf der Sunrise-Beteiligung für ca. 1 Mrd. Euro, der noch in diesem Jahr über die Bühne gehen soll. Davon sollen 800 Mio. Euro verwendet werden, um Kredite zurückzuzahlen. Weitere 100 Mio. Euro werden für ein Aktienrückkaufprogramm verwendet, das bereits gestartet wurde.

Für 2020 wird ein Jahresumsatz von 2,6 Mrd. Euro erwartet, die Marktkapitalisierung beträgt 2,1 Mrd. Euro und in der Bilanz türmt sich eine Nettoschuld von 2 Mrd. Euro. Das hört sich nicht gerade vertrauenserweckend an, denn Schulden in Höhe von fast 80% des Jahresumsatzes müssen erst einmal bedient (Zinszahlung) werden. Nach dem Sunrise-Verkauf hat sich die Schuldenlast jedoch halbiert und dann sieht Freenet im Branchenvergleich gegenüber den anderen Telekoms, die sich ebenfalls hoch verschuldet haben, recht gut aus.

Doch das Wichtigste für diese Aktie ist der Cashflow und die Dividende: für 2021 wird ein Cashflow je Aktie von 2,50 Euro erwartet, der Gewinn soll bei 1,80 Euro je Aktie liegen und für die Dividende sind 1,50 Euro vorgesehen. Die Dividendenrendite liegt beim aktuellen Kursniveau bei 9%.

Ich würde sagen: Eigentlich eine Super Aktie, ... wenn da nicht der üble Nachgeschmack einiger Fehlentscheidungen des Managements wären: die Sunrise-Beteiligung hat sich nicht gerade positiv entwickelt und Freenet kommt nun gegebenenfalls mit einem blauen Auge aus diesem Abenteuer heraus. Doch auch die Ceconomy-Beteiligung (Saturn & Media Markt) hat sich als Fehlinvestition entpuppt und so war die Finanzdecke inzwischen so dünn, dass Freenet im laufenden Jahr durch Corona umgehend aus der Bahn geworfen wurde und die Dividende streichen musste.

Neben Bilanzqualität und Geschäftsentwicklung ist stets auch die Managementqualität ein wichtiger Faktor, insbesondere wenn es um langfristige Dividendentitel geht. Für CEO Christoph Vilanek gilt derzeit noch: Zeig mir, dass Du auch die Aktionäre glücklich machen kannst.


Wheaton Precious Metals
Gute Q-Zahlen, Nachkaufen unter 38 EUR

Di, 10. November um 09:58 Uhr
Gestern Abend hat Wheaton Precious Metals Q-Zahlen veröffentlicht: Der Gewinn stieg um 110% auf 0,336 USD/Aktie, 0,006 USD über den Erwartungen. Der Umsatz stieg um 38% auf 307 Mio. USD, 3% höher als erwartet.

Aktuell wird das Gewinnwachstum der kommenden fünf Jahr auf durchschnittlich 22% p.a. geschätzt, das KGV 2021e liegt bei 33. Das Bewertungsniveau ist hoch, ich kann dies aber damit rechtfertigen, dass die typischen Risiken von Minenbetreibern für Wheaton nicht zutreffen.

Ich sehe weltweit keine nennenswerten Bestrebungen, den Wert des Geldes stabil zu halten, im Gegenteil. Daran ändert auch ein Impfstoff nichts. Allerdings gehört der Edelmetallsektor nicht zu den unmittelbaren Profiteuren eines Impfstoffes, daher wurde Wheaton Prescious Metals gestern VOR den Zahlen ausverkauft (-6%). Der Ausverkauf kann durchaus einige Tage andauern.

Ich sehe darin die Möglichkeit, den Goldanteil für unser Portfolio zu erhöhen. Zu Kursen unter 38 EUR würde ich unsere Position, die wir kürzlich zu 43 EUR halbiert haben, wieder voll machen.


Airbus
Geschäft erholt sich

Di, 10. November um 09:16 Uhr
Im Oktober hat Airbus 72 Flieger ausgeliefert und somit nur 5 weniger als im Vergleichsmonat des Vorjahres. In den ersten 10 Monaten 2020 wurden 413 Flieger ausgeliefert, im Vorjahr 645. Damit beträgt der Rückgang bei den 10-Monatszahlen 36%, im Oktober jedoch nur noch 6%.

Was lesen wir daraus? Natürlich: Die Corona-Auswirkungen werden kleiner, Airbus ist auf dem Weg, die Erholung hat begonnen.

Gestern ist die Aktie von Airbus um 18% angesprungen. Mit einem wirksamen Impfstoff ist eine Rückkehr zu so etwas wie Normalität zumindest vorstellbar. Und jetzt gibt es auch eine Zeitachse, die relativ verlässlich aussieht. Damit kann kalkuliert werden und das Damoklesschwert der Insolvenz / Verstaatlichung / ... schwingt zurück. Ein so großer Kurssprung ist weniger ein Zeichen der positiven Entwicklung, sondern vielmehr ein Zeichen der vorangegangenen Angst, die sich nun als übertrieben herausgestellt hat.

12,5 Mrd. Euro Nettoliquidität hatte Airbus Ende 2019, dieses Geld ist futsch. Es stehen allerdings eine Menge Flieger auf Halde und wenn die nun sukzessive abgenommen werden, wird sich auch die Liquiditätsausstattung von Airbus wieder erholen. In einem Jahr wird die Bilanz schon wieder viel gesünder aussehen, das Bewertungsniveau wird unter ein KGV von 20 fallen und das Orderbuch bleibt voll.

Sie können noch so viele Berichte darüber lesen, dass die Menschen nicht mehr so viel fliegen werden wie vor Corona. Das mag für Deutschland stimmen, vielleicht sogar für Europa. In Asien sehen wir aber, dass sich der Wachstumspfad der vergangenen Jahre unvermindert fortsetzt; das Orderbuch von Airbus ist voll von Bestellungen aus Asien. Ich halte Airbus für eine der aussichtsreichsten Positionen in unserem Portfolio :-).


Spotify
Börsenwissen für Kinder

Di, 10. November um 10:44 Uhr
Ich war vor 10 Tagen, am Freitagabend, mit meinem Sohn Fahrrad fahren. Ich hatte gerade den Heibel-Ticker verschickt und er kam von einem Freund und hatte noch Bewegungsdrang. Irgendwann fragte er mich: "Und Papa, worüber hast Du heute geschrieben?" Ich überlegte, welche Aktie ihm etwas sagen könnte, und kam auf Spotify: 2 Mrd. USD Umsatz im Quartal. Mein Sohn wollte wissen, wie viele Kunden man braucht, um so viel Geld zu verdienen "...halt, warte, 2 Mrd. in 3 Monaten, das sind also 666 Mio. im Monat und ein Abo kostet 10 Euro oder USD, also 66 Mio. Kunden, oder Papa?"

So einfach ist das. Ein Elfjähriger zeigt mir mal eben, wie einfach man Unternehmenszahlen auf Plausibilität prüfen kann. Über die Einwohnerzahl der Welt und verschiedener Länder bekam er dann ziemlich schnell ein Gefühl dafür, wie verbreitet Spotify ist.

Das dumme daran: Spotify hat 144 Mio. Kunden, der ARPU (durchschnittlich je Kunde generierter Umsatz) liegt bei 4,19 USD und nicht bei 10 USD. Wie kommt das? Diese Frage hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe nun den vollständigen Anhang der Q3-Veröffentlichung durchforstet nach einem Hinweis, der mir helfen kann. Und tatsächlich steht auf S. 25 zum Familienabo: Unsere Kundenzahl beinhaltet auch alle registrierten Nutzer innerhalb eines Familienabos, ein Familienabo kann zusätzlich zum zahlenden Kunden bis zu 5 weitere Mitglieder haben.

Jetzt ergibt das ganze Sinn: Der ARPU ist im Q3 rückläufig gewesen (-10%), weil Spotify das Familienabo stark beworben und viele neue Mitglieder darüber erhalten hat. Bei einem Preis von bspw. 15 USD je Familienabo und 6 Mitgliedern unter diesem einen Abo generiert jeder "Kunde" im Sinne von Spotify nur 2,50 USD Umsatz. So kommen wir dann also auf einen durchschnittlichen Umsatz je Kunde von 4,19 USD.

Nun war der rückläufige ARPU einer der Gründe, warum die Aktie in Folge der Zahlen eingebrochen war (-20%!). Ich denke aber, dass nicht ein Problem von Spotify die Ursache dafür ist, sondern der große Erfolg des Familienabos.

Der zweite Grund für die enttäuschten Gesichter unter den Anlegern war der schwache USD: Die Einnahmen im Ausland, gerechnet in US-Dollar, waren im Heimatland von Spotify, Schweden, um 5% geringer, einfach weil der Wechselkurs sich nachteilig entwickelt hatte. Auch das ist kein Zeichen von Schwäche bei Spotify, sondern einfach nur ein externer und meist einmaliger Effekt, der für die Zahlen in zwölf Monaten eine neue Basis darstellt.

Ich bin also die ganze Zeit am Überlegen, ob Spotify nun auf Probleme zuläuft und wir die Position verkleinern sollten. Ich denke nein, Probleme gibt es keine, das Wachstum (Nutzerwachstum +29%) ist intakt. Was mich nun positiv überrascht, ist, dass die Aktie gestern als "Coronagewinner" in Folge der Impfstoffmeldung nicht ausverkauft wurde, sondern um 6% anstieg. Die einzige Erklärung, die ich dafür habe, ist die, dass die Aktie offensichtlich schon im Vorfeld so stark ausverkauft wurde, dass es trotz der Impfstoffmeldung gestern keine "Verkäufer" mehr gab.

Wir bleiben also dabei, ich warte geduldig auf die 240 EUR, um Teilgewinne mitzunehmen :-).


Münchener Rück
Licht am Ende des Tunnels

Di, 10. November um 17:31 Uhr
Vorab zwei weitere Zahlen zum Covid-19 Impfstoff von BioNTech: Bis Ende März möchte das Unternehmen die Logistik so weit bestückt haben, dass jeder, der sich impfen lassen möchte, den Impfstoff bekommen kann. Hinter dieser Einschätzung von Pfizer (Partner von BioNTech) steckt die Einschränkung, dass vermutlich nicht jeder den Impfstoff haben möchte und darüber hinaus vermutlich auch nicht jeder den Impfstoff in gleichem Maße wie die berichteten "90% ohne Nebenwirkung" verträgt. Weitere Impfstoffe werden auf den Markt gebracht und diese werden im Detail unterschiedliche Ausprägungen haben.

Die zweite Zahl betrifft die 90%: Die normale Grippeimpfung hat eine Effizienz von 56%. BioNTech hat die Erwartungen in Richtung 60-70% für den gezielt entwickelten Impfstoff gegen Covid-19 gesetzt und mit 90% nun einen Wert erreicht, der bislang für unmöglich galt.

Mein Fazit daher: Corona-Gewinner müssen sich nun warm anziehen. Ich schaue mir alle Aktien unseres Portfolios daraufhin an, wie stark deren Geschäft als Einmaleffekt von Corona profitiert hat, und welcher Teil das Geschäft nachhaltig verbessert hat.

Zur Münchener Rückversicherung: In den vergangenen Wochen habe ich eine Reihe von Informationen zur Münchener Rück erhalten, die durchaus einen Schatten auf das Geschäft werfen. Es fällt mir schwer einzuschätzen, ob es sich um den Schatten handelt, auf den ich gewartet habe und der die Aktie nur vorübergehend in den Keller treibt, quasi als Kaufgelegenheit für uns, oder aber ob Corona strukturelle Probleme im Versicherungsgeschäft aufdeckt. Sollte letzteres der Fall sein, dann ist ein Investment vielleicht doch nicht so vorteilhaft.

Ende August hatte ich Ihnen noch angekündigt, einen Kursrückgang zum Nachkaufen zu nutzen. Tatsächlich war die Aktie anschließend von 244 auf 200 Euro zurückgegangen. Dennoch habe ich mich nicht getraut, die Aktie zum Nachkauf zu empfehlen. Die Schatten waren mir doch zu dunkel:

Erstmals in der Geschichte gab es in Deutschland und vielen anderen Ländern eine behördlich verordnete Betriebsschließung landesweit. Erst 2014 haben Versicherer begonnen, ein Pandemie-Risiko explizit auszuschließen. Alle Verträge, die älter sind, decken also das Pandemie-Risiko noch mit ab. Sollten bestehende Policen um die Pandemie-Klausel ergänzt worden sein, so gibt es viele Verfahrensfehler, die eine Versicherung in diesem Vorgang begehen kann. Somit gibt es sicherlich noch viele Policen, die für den Lockdown im Frühjahr gelten. Da kommen noch erhebliche Zahlungen auf die Versicherer zu.

In der jüngeren Vergangenheit hat sich der Wettbewerb zugespitzt, die Versicherungsnehmer konnten ihre Wünsche in die Police mit reinschreiben. So kommt es nunmehr gehäuft zu Versicherungsabschlüssen, die nicht mehr versicherungsmathematisch mit spitzem Bleistift kalkuliert wurden, sondern immer häufiger sollen Marktanteile gewonnen werden. Solange kein Versicherungsfall auftritt, freuen sich die Versicherungen über steigende Prämieneinnahmen... doch das Ende könnte weh tun.

Die Jagd nach neuen Umsätzen führte letztlich sogar zu expliziten Pandemie-Versicherungen, die verkauft wurden. Versicherungsmakler freuten sich über Abschlussprämien, die Versicherung über eine neue Einnahmequelle. Doch wirklich kalkuliert war die Versicherungsprämie im Verhältnis zum Risiko nicht.

Speziell für die Münchener Rück gibt es ein zweischichtiges Risikoprofil: Mit der Erstversicherung Ergo wurden oben genannte Probleme ins Haus geholt. Ein Drittel des Konzernumsatzes wird von der Ergo erwirtschaftet. Zwei Drittel kommen aus dem Rückversicherungsgeschäft: Hier werden die Risiken anderer Versicherungen rückversichert. Wenn also große Schadenssummen auf Versicherungen zukommen, wenden sie sich an den Rückversicherer, die im Katastrophenfall einspringen muss.

Da der Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt angezogen hat, sind auch viele andere Versicherungen aggressiv am Markt unterwegs - verkaufen also Policen, in die mehr Risiken hineingenommen werden, als versicherungsmathematisch von der Versicherungsprämie abgedeckt werden kann. Beispiel Pandemie: Sollte die Pandemie nun zu größeren Versicherungsleistungen führen, könnten die Forderungen gegen einige Versicherer letztlich bei der Münchener Rück landen. Das Problem dabei ist, dass die Münchener Rück hier Risiken abdeckt, auf deren Policen sie nur mittelbar Einfluss nehmen kann.

Der Knackpunkt: Niemand ist derzeit in der Lage, das finanzielle Risiko der Münchener Rück verlässlich abzuschätzen. Weder war bis gestern die Dauer der Pandemie abschätzbar, noch weiß man, wie genau die Policen der Kunden der Rückversicherungssparte ausgestattet sind.

Welcher Begriff fällt Ihnen als Anleger da ein? Richtig: Ungewissheit. Für uns als Anleger ist es schon gar nicht möglich, das Risiko mit Zahlen zu beziffern und einen fairen Aktienkurs auszurechnen, der die neuen Entwicklungen berücksichtigt. Versicherungsbilanzen gehören neben den Bankbilanzen zu den komplexesten Gebilden, die Sie in der Finanzwelt finden werden.

Aber die Ungewissheit führt dazu, dass teuer bezahlte Analysten genauso ratlos sind wie wir. Vor diesem Hintergrund ist der Kursverlust in der Aktie durchaus nachvollziehbar. Nicht rechnerisch, aber stimmungstechnisch. So ist ein Boden, ein Ende der Korrektur in dieser Aktie, schwer zu bestimmen. Mit der gestrigen Meldung zur Impfstoffentwicklung ist nun einer der beiden Ungewissheitsfaktoren beseitigt: Die Dauer. Ein Ende ist absehbar, legen Sie mich aber bitte nicht auf einen Monat fest.

Die Höhe der Entschädigung für die behördlich angeordneten Betriebsschließungen ist noch offen. Es wird teuer, sehr teuer. Es werden viele Klagen gegen die Münchener Rück laufen und häufig wird die Münchener Rück offensichtlich verlieren. Aber das alles sind die von mir als absehbar bezeichneten Einmalleistungen, die einmalig die Kasse der Münchener Rück belasten. Mittelfristig werden die Versicherungspolicen dann jedoch um die gewonnenen Erfahrungen angepasst und die Prämien angehoben.

Für mich ist damit die Unsicherheit, die mich vom Nachkauf abgehalten hat, beseitigt. Leider war ich nicht mutig genug, im Tief nachzukaufen... aber ich wusste da ja noch nicht, wo das Tief liegen könnte. Jetzt ist die Aktie angesprungen, diese Woche bislang +16%. Damit beträgt die erwartete Dividendenrendite nun 4% und den Cashflow-Zahlen entnehme ich, soweit ich dieses komplexe Bilanz richtig einordne, dass eine Dividende in diese Höhe trotz Corona finanzierbar sein wird.

Also: Wir bleiben dabei. Sollte es in den kommenden Wochen nochmals eine Verschnaufpause oder einen Rücksetzer geben, würde ich die Position auch auf diesem nunmehr höheren Kursniveau voll machen.

Eine andere Sache noch: Weltweit gab es Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen etc. Unfallversicherungen werden im Jahr 2020 deutlich weniger Auszahlungen haben als zuvor, denn wenn die Menschen nur zu Hause sitzen, passieren keine Autounfälle und auch keine Betriebsunfälle. Hier könnte der negative Corona-Effekt ein klein wenig ausgeglichen werden.


Medios
Wachstum intakt, Profitabilität wird nachziehen

Do, 12. November um 09:38 Uhr
Heute früh hat Medios Q-Zahlen veröffentlicht: 22% Umsatzwachstum wurden teuer erkauft, der Gewinn brach um 28% ein. Das kommt jedoch nicht überraschend: Medios hatte zu Beginn der Krise Hamsterkäufe getätigt, um absehbaren Lieferengpässen insbesondere von wichtigen Wirkstoffen vorzubeugen. Diese Hamsterkäufe wurden zu sehr teuren Preisen getätigt, so dass für den Rest des Jahres die Profitabilität geschmälert wurde.

Trotz der später verordneten Kontingentierung im Einkauf kann Medios also seine Wachstumsgeschwindigkeit beibehalten. Allerdings leidet die Profitabilität.

Es handelt sich damit um einen Einmaleffekt, der den Gewinn belastet, während unvermindert Marktanteile hinzugewonnen werden. Ich hatte das bislang so noch gar nicht gesehen. Und ein Einmaleffekt wirkt sich kaum auf die Bewertung einer Aktie aus, Anleger schauen sich die Entwicklung der nächsten Jahre an.

Nun ist absehbar, dass die verordnete Kontingentierung irgendwann aufgehoben wird - ein Licht am Ende des Tunnels. Der Termin ist noch ungewiss und so müssen können wir nur vermuten, ob der Vorrat von Medios bis zum Ende der Kontingentierung reicht, oder nicht. Wir wissen, dass Medios auch für Q4 mit den hohen Einkaufspreis der Hamsterkäufe kalkuliert, darüber hinaus gibt es noch keine Aussage. Es wäre nicht verwunderlich, wenn irgendwann im Laufe des kommenden Jahres der Vorrat aufgebraucht ist und nur noch die Kontingente verkauft werden können.

Meinen Informationen zufolge wird ein Großteil der Bevölkerung bis zum Sommer 2021 Zugang zum Corona-Impfstoff haben. Hamsterkäufe dürften daher kaum noch stattfinden, schon heute nicht mehr. Gehamstert wird ja nur dann, wenn man Lieferengpässe befürchtet. Doch nun ist ein Enddatum in Sicht. Gleichzeitig ist der Hauptlieferant der Wirkstoffe, China, inzwischen schon wieder zu einem weitgehend normalen Betrieb der Wirtschaft zurückgekehrt.

Mit anderen Worten: Corona dürfte sich als Stolperstein für Medios herausstellen, aber aus heutiger Sicht ist dieser Stolperstein bereits aus dem Weg geräumt. Für 2021 wird ein Umsatzwachstum von 23% erwartet, der Gewinn dürfte sich wieder normalisieren. Das würde zu einem KGV von 31 führen. Für ein profitables Wachstumsunternehmen ist das günstig. Unser Teilverkaufslimit bei 30 Euro würde ich daher streichen, die volle Position behalten wir.



07. Übersicht HT-Portfolio


Spekulation (≈15%) =17,8%WKN12.11.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 5x3%!C19
Frosta60690069,40 €1%11%3,0%C+
ProofpointA1JW8Q84,62 €3%-8%2,8%C+
Marvell93013136,34 €5%-2%2,9%B+
DocuSignA2JHLZ178,06 €-9%0%0,0%D+
Skyworks SolutionsA2JHLZ121,18 €-1%-2%2,9%C+








Wachstum (≈35%) =43,5%WKN12.11.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 5x7%!
BB BiotechA0NFN360,80 €3%-1%7,3%C+
SpotifyA2JEGN219,75 €-1%76%7,8%C+
Wheaton Precious MetalsA2DRBP38,60 €-9%1%3,1%B+
Airbus93891485,66 €22%35%4,6%A -
MediosA1MMCC29,60 €6%12%7,3%B0
Apple865985100,60 €1%-3%3,4%B +
PayPalA14R7U160,62 €-5%-4%3,3%B +
AMD86318670,00 €-2%4%3,5%C +
FacebookA1JWVX232,45 €-6%-3%3,3%C +








Dividende (≈30%) = 20%WKN12.11.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 4x7,5%!
FreenetA0Z2ZZ17,10 €7%-16%8,0%C0
Deutsche Post55520038,74 €-6%14%3,9%B+
Munich Re843002234,50 €14%1%4,2%B0
BASFBASF1156,12 €11%14%4,0%B+








Absicherung (≈20%) =17,2%WKN12.11.20Woche ΔΣ '20 ΔAnteil 3x7%!
Goldbarren 100 gr100 gr.5.071,00 €-3%17%8,1%A+
Südzucker-AnleiheA0E6FU78,81%1%-9%5,8%B+
Nokia-AnleiheA0T9L2124,48%-3%8%3,3%C0





Cashquote

Σ-Portfolio Ergebnis seit 2020

2%13%1,5%


Heibel-Ticker
GewichtungAnzahl Positionenangestrebte Positionsgröße
PortfolioZielSollIstSollIst
SpekulationEreignis15%17,8%563%
WachstumEnkelkinder35%43,5%597,0%
DividendeUrlaub30%20%448%
AbsicherungZins & Gold20%17,2%336,7%
Summe
100%98,5%1722


Anmerkungen:
- Die Überschrift über jedem Portfoliobereich in der jeweiligen ersten Spalte (bspw. Absicherung (≈20%) =21,8%) bedeutet: Der beabsichtigte Anteil dieses Portfoliobereichs am Gesamtportfolio beträgt ungefähr 20%. Aktuell beträgt der Anteil 21,8%.
- Die dritte Spalte zeigt die Schlusskurse von Donnerstagabend.
- Unter „Woche” steht die Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.
- Unter „Σ 'XX Δ” steht das Ergebnis der Position seit Jahresbeginn bzw. seit Aufnahme ins Portfolio.
- Unter „Anteil” finden Sie den Anteil der jeweiligen Position am Gesamtdepot.

Unter ! steht zur Information meine Grundtendenz:

ATop-Aktie mit günstigem Kurs, 
BKursrücksetzer zum Kaufen nutzen 
CKurssprünge zum Verkaufen nutzen, 
Dbei Gelegenheit Verkaufen, 
ESofort Verkaufen 


Die „Gelegenheit” zum Kaufen oder Verkaufen wird sodann kurzfristig von mir per Update an Sie bekanntgegeben.

Ich habe diese Spalte „!” insbesondere für neue Kunden vorgesehen, die zu einem späteren Zeitpunkt wissen wollen, ob ich die Position noch zukaufen würde, wenn ich beispielsweise darin nicht schon voll investiert wäre. Zukaufen würde ich jeweils jedoch niemals zu Höchstkursen, sondern stets nur nach kurzfristigen Kursrückschlägen von mindestens 5-7%.

Kauffolge: Je spekulativer, desto aggressiver würde ich kaufen und verkaufen. Derzeit verwende ich die folgenden Schritte:
- Dividenden- & Wachstumspositionen in drei Schritten aufbauen: 25%-25%-50%,
- Zyklische Positionen in zwei Schritten aufbauen: 50%-50%,
- Spekulative Positionen ganz oder gar nicht: 100%.

Stopp Loss Limits, Verkaufslimits und ähnliche Aktionsmarken verwalte ich aktiv in meinem System und ändere ich unter der Woche mehrfach, fast täglich. Eine Veröffentlichung der entsprechenden Limits ist in der Regel nicht sinnvoll, allenfalls Stopp Loss Marken für unseren Spekulationen werde ich bisweilen im Text bekanntgeben.

Eine erfolgreiche Börsenwoche,
take share

Stephan Heibel

https://www.heibel-ticker.de


mailto:info/at/heibel-ticker/./de



08. Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.

Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar.

Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren.

Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Quellen:
Kurse: Deutsche Kurse von comdirect.de, Goldbarren & Münzen von proaurum.de, US-Kurse von finance.yahoo.com. Alle Kurse sind Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist.
Bilanzdaten: Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa-AFX, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen



09. An-/Ab-/Ummeldung

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