Heibel-Ticker Plus 07/44 - Weitere Zinssenkungen werden folgen

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02.11.2007:
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H E I B E L - T I C K E R P L U S

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -
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DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436

2. Jahrgang - Ausgabe 44 (02.11.2007)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag
* Bitte Schriftart Courier einstellen *
(-;______________________________________________;-)

I N H A L T

01. INFO-KICKER: BÖRSENCRASH ÜBERTRIEBEN, KAUFEN SIE
02. SO TICKT DIE BÖRSE: WEITERE ZINSSENKUNGEN FOLGEN
DIE LEITZINSSENKUNG UM 0,25% WAR NICHT DIE LETZTE
RAFFINIERTE US-INFLATIONSRATE VON NUR 0,8%
DIVIDENDENKÜRZUNG BEI CITIBANK MÖGLICH
GEWINN VON EXXON MOBIL FÄLLT UM 10%
03. AUSBLICK: FINANZKRISE BLEIBT FINANZKRISE
E-TRADE HAT DIE ZEICHEN DER ZEIT ERKANNT
CROCS: SCHUHINNOVATION ZU GÜNSTIGEM PREIS?
JAPAN: ALLES BLEIBT BEIM ALTEN
04. DEPOT-CHECK: WIE GUT IST IHRE RISIKOSTREUUNG?
CHINA MOBILE, PORSCHE, ROSENBAUER, DEERE & CO, PETROCHINA
05. LESERFRAGE: OPTIONSSCHEINHANDEL
06. BEOBACHTETE WERTE
07. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
08. AN-/ABMELDUNG

Nur für Heibel-Ticker PLUS Kunden: Hier können Sie die PDF-
Datei mit allen beobachteten Werten herunterladen:
http://www.heibel-ticker.de/downloads/htp-alle-0744-1730.pdf

Hier ist die PDF-Datei mit allen aktualisierten Werten zum
Herunterladen:
http://www.heibel-ticker.de/downloads/htp-neue-0744-1730.pdf

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01. INFO-KICKER: BÖRSENCRASH ÜBERTRIEBEN, KAUFEN SIE
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Liebe Börsenfreunde,

es gibt Tage, da sprudelt es so richtig aus mir heraus. Tut mir
leid, wenn die heutige Ausgabe etwas umfangreicher geworden ist
– aber ich möchte Sie ermutigen, sich heute insbesondere
Kapitel 02 und Kapitel 03 durchzulesen, denn danach sollten Sie
wissen, was in den nächsten Wochen bis zum Jahresende noch
geschehen kann.

Die vergangenen Wochen schrieb ist stets, dass sich alles
entwickelte, wie erwartet. Das kann ich heute nicht sagen: Es
gab gleich eine Reihe von Überraschungen und von vermeintlichen
Überraschungen. Die Aussage Bernankes, er werde keine weiteren
Zinssenkungen mehr vornehmen, ist eine Fehlinterpretation der
Medien und der gesamten Finanzbranche. Lesen Sie im Kapitel 02,
was dahinter steckt.

Der gestrige Crash war der Auftakt für einige Tage der
Konsolidierung. So schnell kann ein Absturz diesen Ausmaßes
nicht verarbeitet werden. Doch wenn Sie sich vor Augen halten,
wie der Rest der Konjunktur derzeit dasteht, gerade wurden
wieder überraschend positive Arbeitsmarktdaten in den USA
veröffentlicht, dann wissen Sie, was Sie zu tun haben.

Eine interessante Entdeckung habe ich gemacht, als ich die
aktuelle Wachstumsrate der USA näher analysiert habe: Im
abgelaufenen 3. Quartal gab es einige Sondereffekte, die zu
einer untypischen Verzerrung führten.

Und schließlich habe ich wieder einmal über die Citibank
gewettert, die diesmal mit für den gestrigen Crash
verantwortlich ist. Ich gebe hier zu Protokoll, dass Charles
Prince, CEO von Citibank, nicht mehr lange auf dem Chefsessel
sitzen wird.

Schließlich hat Exxon noch ein schlechtes Quartalsergebnis
vermeldet. Exxons Quartalsergebnis liefert das fehlende
Mosaiksteinchen, um Inflation, Finanzkrise und
Wirtschaftswachstum sowie die Energiemärkte zusammen zu führen.

Im Ausblick habe ich sodann einen detaillierten Ausblick zu den
verschiedenen Branchen und Finanzmarktsegmenten erarbeitet.
Weiterhin habe ich Crocs analysiert, das Schuhunternehmen wurde
gestern um 36 % in den Keller geprügelt. Eine
Einstiegsgelegenheit?

Und zuletzt habe ich endlich mal wieder einen tiefen Blick in
die japanische Wirtschaft geworfen. Ergebnis: Alles beim alten.

Der heutige Depotcheck ist symptomatisch für die aktuelle
Börsenverfassung. Sie finden darin einige der attraktivsten
Aktien der vergangenen Wochen und eine Anleitung, wie man mit
solchen Aktien in den nächsten Wochen verfahren sollte.

Die Leserfrage beschäftigt sich mit ein paar Detailfragen zum
Optionsscheinhandel.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

take share, Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker

P.S.: Lassen Sie mich Ihre Meinung, Kritik oder
Verbesserungsvorschläge wissen (selbst Lob ist willkommen ;-)
und schreiben Sie mir an leserbrief/at/heibel-ticker/./de.

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02. SO TICKT DIE BÖRSE: WEITERE ZINSSENKUNGEN FOLGEN
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So hektisch wie diese Woche habe ich Börsianer schon lange
nicht mehr gesehen. Die Zinsentscheidung der Fed, der Downgrade
von Citigroup, vermeintlich falsche Inflationsdaten und Rekorde
beim Öl, Gold und US-Dollar/Euro Wechselkurs. Es gibt viel zu
besprechen am heutigen Freitag.

Schauen Sie sich bitte zunächst die Wochenperformance einiger
wichtiger Indizes an, damit Sie wissen, wovon ich spreche:


INDIZES 1.11.07

Dow Jones 13.567 -0,8%
NASDAQ 2.794 1,6%
S&P 500 1.508 -0,4%
DAX 7.880 -0,6%
Nikkei 16.517 0,1%
Euro/US-Dollar 1,4431 0,4%
Euro/Yen 165,72 0,9%
10-Jahre-US-Anleihe 4,36 0,01
Umlaufrendite Dt 4,33 0,14
Feinunze Gold USD $788,60 1,6%
Fass Crude Öl USD $93,49 3,3%


DIE LEITZINSSENKUNG UM 0,25% WAR NICHT DIE LETZTE

Am Mittwoch Abend hat Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank,
bekannt gegeben, dass der US-Leitzins um 0,25% von 4,75% auf
4,5% gesenkt wird. Gleichzeitig sagte er, dass somit die
Risiken von Inflation und Deflation ausgewogen seien, so dass
keine weiteren Zinssenkungen mehr vorgesehen seien.

Die Zinssenkung war erwartet worden, ich habe es Ihnen
vergangenen Freitag angekündigt. Doch die Aussage, dass keine
weiteren Zinssenkungen notwendig seien, hat viele Anleger
überrascht.

Diese Anleger übersehen, dass die Notenbank verschiedene Mittel
zur Steuerung der Geldmenge einsetzt: Den Refinanzierungssatz
(Diskontsatz), das Zinsziel (Leitzins), eigene Käufe und
Verkäufe am Markt (Offenmarktpolitik) sowie als viertes
Instrument, und das finden Sie nicht in den Lehrbüchern, die
Psychologie oder Markterwartung!

Eine Zinssenkung, die erwartet wurde, hat keinerlei Auswirkung,
da sich die Marktteilnehmer bereits im Vorfeld darauf
eingestellt haben. Je größer der Überraschungseffekt einer
Zinssenkung, desto größer ist die Wirkung dieser Aktion. Und
Bernanke spielt hervorragend mit dieser vierten Komponente.

Die Meinungen gehen auseinander über den Einsatz dieses vierten
Instrumentes. In Europa hat sich die EZB klar dagegen
ausgesprochen. Die Zinspolitik soll transparent sein,
Marktteilnehmer sollen sich frühzeitig auf Leitzinsänderungen
vorbereiten können.

In den USA wird dies anders gesehen. Alan Greenspan, Vorgänger
von Bernanke, hatte 1987 bis 2007 stets ein Geheimnis aus
seiner Entscheidung gemacht. Greenspan gab stets nur
verklausulierte Erklärungen für seine Entscheidung, die niemand
verstand. Von ihm stammt der Satz: „Wenn Sie glauben mich zu
verstehen, dann muss ich mich falsch ausgedrückt haben." Und so
verstand niemand den Alten, doch insgeheim hatte Greenspan
einen Plan und dieser Plan wurde umgesetzt. Im Laufe der Zeit
lernten die Börsianer, seine Pläne zu durchschauen und das
führte dazu, dass Greenspan zu viele Zinsanhebungen bzw. -
senkungen in Folge unternahm.

Bei Bernanke ist das anders. So, wie ich ihn bislang
kennengelernt habe, hat Bernanke keinen Plan, sondern beurteilt
stets die aktuelle Marktlage. Wenn er in dieser Woche sagt,
dass durch die jüngste Zinssenkung die Märkte wieder im
Gleichgewicht sind, dann ist das eine Momentaufnahme. Wenn in
vier Wochen erneut ein Ungleichgewicht auf den Kreditmärkten
besteht, dann ist Bernanke sicherlich schnell dabei, eine
weitere Zinsanpassung vorzunehmen. Doch er hat diese
Zinsanpassung heute noch nicht geplant, wie dies Greenspan tat.

Alles, was neu ist, scheint erst einmal unberechenbar. Doch für
Ihren Autor ist Bernanke wesentlich transparenter und leichter
einzuschätzen, als Greenspan. Denn Bernanke gibt wesentlich
aufschlussreichere Erklärungen für seine Entscheidung und so
kann sich Ihr Autor überlegen, wie diese Entscheidungsfaktoren
in vier Wochen aussehen könnten und ob es dann erneut zu einer,
dann vermeintlich überraschenden, Zinssenkung kommen wird.

Für mich ist die Finanzkrise noch lange nicht ausgestanden, ich
werde weiter unten nochmals näher darauf eingehen. Es wird
meiner Einschätzung nach weitere Zinssenkungen geben.


RAFFINIERTE US-INFLATIONSRATE VON NUR 0,8%

Ebenfalls diese Woche wurden Inflations- und Wachstumsraten der
US-Wirtschaft veröffentlicht. Die Inflation ist in den USA mit
0,8% auf dem niedrigsten Stand seit vierzig Jahren. Die
Konjunktur wächst real mit 3,9% recht ordentlich an.

Doch als Volkswirt glaube ich keiner Statistik, die ich nicht
selber gefälscht habe. Und diese Statistik habe ich mir ein
wenig näher angeschaut. Dabei hat mir Sheeley Smith geholfen,
eine Angestellte des US-Wirtschaftsministeriums, die mit der
Erstellung des Preisindex beschäftigt ist. Zunächst die
einfache Erkenntnis: Die Inflation ist wesentlich HÖHER als
0,8%, und dadurch ist das Wirtschaftswachstum der USA
wesentlich GERINGER als 3,9%.

Die komplizierte Erklärung in leicht verständlichen Worten:
Das Wirtschaftswachstum wird über die Veränderungen im
Bruttoinlandsprodukt berechnet. Hierzu werden alle
wirtschaftlichen Aktivitäten aufsummiert, Konsumausgaben,
Unternehmensinvestitionen, private Investitionen sowie die
Ausgaben und Investitionen des Staates. Zu dieser Summe werden
dann noch sämtliche Exporte addiert sowie die Importe
abgezogen.

Bitte merken Sie sich: Die Importe werden abgezogen!

Nun wurde das Bruttoinlandsprodukt des dritten mit dem des
zweiten Quartals verglichen und die Differenz betrug 4,7%. Es
interessiert uns jedoch nicht, wie viel US-Dollar mehr im
Umlauf waren, sondern wie viel mehr an realen Werten geschaffen
wurde. Wir müssen also die Inflationsrate vom Wachstum
abziehen, um das reale Wachstum zu erhalten. Die Inflation wird
mit 0,8% angegeben, das Wirtschaftswachstum der USA im dritten
Quartal betrug also 4,7%-0,8%=3,9%. So einfach ist das.

Doch... wo kommt die Inflationsrate her? Nun, sie wird ähnlich
berechnet, wie das Bruttoinlandsprodukt: In einem Warenkorb
bestehend aus den wichtigsten Komponenten der Wirtschaft werden
die Preisveränderungen des 3. Quartals berechnet. In dem
Warenkorb werden Konsumausgaben, Unternehmensinvestitionen,
private Investitionen sowie die Ausgaben und Investitionen des
Staates berücksichtigt. Kommt Ihnen bekannt vor, oder? Es sind
die gleichen Komponenten wie oben.

Abschließend werden auch hier noch die Preisänderungen der
Exporte hinzugerechnet sowie die Preisänderungen der Importe
abgezogen.

Die Preisänderungen der Importe werden abgezogen. Bitte merken.

In der Berechnung dieser Ziffern sind natürlich eine Menge
Messungenauigkeiten und Zufälle enthalten. Doch es gehört zu
den mathematischen Gesetzen, dass sich diese Abweichungen in
der Summe mehr oder weniger ausgleichen und aufheben. Mit
anderen Worten: Es ist eben nur ein Indikator, der mal näher an
der Realität liegt und auch mal weiter weg davon liegen kann.
Derzeit liegt er weiter weg!

Denn im 3. Quartal kam es zu einer untypischen Entwicklung in
den USA. Ein großer Posten bei den US-Importen, wenn nicht
sogar der größte Einzelposten, sind die Ölimporte. Und der
Preis des Öls ist im dritten Quartal von durchschnittlich 69
USD/Fass auf 75 USD/Fass gestiegen.

Dieser Preisanstieg wird gemäß obiger Formel abgezogen.
Importierte Preissteigerungen werden nicht eingerechnet. Denn
es wird ja auch das inländische Benzin in der Berechnung
berücksichtigt. Und wenn das inländische Benzin teurer wird,
dann ist der Ölpreisanstieg in der Berechnung bereits
enthalten.

Das importierte Öl wird über einen raffinierten Prozess zu
Benzin gemacht. Es wird in Raffinerien zu Benzin raffiniert.
Raffiniert, oder? In den USA wurde seit 20 Jahren keine neue
Raffinerie mehr gebaut und es kommt mitunter vor, dass die
alten Raffinerien plötzlich ausfallen. Dadurch sinkt im Land
das angebotene Benzin, unabhängig vom Ölpreis. Ich habe im
Frühjahr darüber berichtet. Der Benzinpreis war im Frühjahr
also unnatürlich hoch.

Im dritten Quartal sind nun sämtliche Raffinerien wieder am
Netz gewesen, es wurde reichlich Öl zu Benzin raffiniert.
Benzin war also reichlich vorhanden und die Margen der
Raffinerien sanken (sie sahen dies übrigens auch gestern im
Quartalsbericht von Exxon). So kam es, dass trotz steigendem
Ölpreis im dritten Quartal der Benzinpreis von 2,17 auf 2,07
USD/Gallon sank.

Während also die importierte Preissteigerung des Öls abgezogen
wurde, gab es im Inland eine Preissenkung beim Benzin. Die
Importpreise stiegen um 10,3%, entsprechend ihrer Gewichtung im
Preisindex führte dies zu einem Abzug von 1,3% bei der
inländischen Inflation. Aufgrund der Sonderentwicklung bei den
Raffinerien wurde dieser Abzug nicht durch höhere inländische
Preissteigerungen beim Benzin ausgeglichen.

Ich will mich hier nicht in Haarspaltereien üben, um wie viel
die Inflationsrate somit eigentlich höher sein müsste. Aber von
der niedrigsten Inflationsrate seit vierzig Jahren kann keine
Rede sein. Und wenn die Inflation tatsächlich höher sein
müsste, dann würde auch von dem Wachstum von 4,7% mehr
abgezogen werden müssen, um auf die reale Wachstumsrate zu
kommen. Diese läge somit deutlich unter 3,9%.

Ich fühle mich in meiner Meinung bestätigt: Glaube keiner
Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast. Aber eines muss
ich den Statistikern zugute halten: Sie verzerren die
Statistiken nicht absichtlich.

Es gibt eine Internetseite, die sich damit beschäftigt, solche
Effekte herauszurechnen. Dort bemüht man sich um eine neutrale
Darstellung der Wirklichkeit, also ohne Sondereffekte. Dort
geht man von einem negativen Wirtschaftswachstum aus (-2,1%),
die Inflationsrate wird dort auf 10% geschätzt.

Auch diese Statistik wird ihre Probleme haben, auch
vermeintlich neutrale Zahlen sind nur so gut, wie die
Institutionen, die sie liefern. Dennoch, es ist gut zu wissen,
dass man nicht alles blind glauben sollte, was uns der Staat
serviert. Es gibt wissenschaftliche Ansätze, die Aussagekraft
zu erhöhen.

Hier der Link zu der alternativen Statistik:
http://www.shadowstats.com/cgi-bin/sgs/data


CRASH VOM GESTRIGEN DONNERSTAG: DAS ENDE DER WELT?

Quatsch! Es ist das Beste, was uns passieren konnte. Denn heute
können wir Einkaufen gehen. Welche Aktien Sie kaufen können,
sage ich Ihnen im nächsten Kapitel. Zunächst einmal zeige ich
Ihnen, welche Aktien sich nicht kaufen dürfen und warum.

Nachdem Sie nun die Hintergründe zur Zinsentscheidung kennen
und auch die fragwürdige Entstehung von Konjunkturindikatoren
durchleuchtet haben, kann Ihr Autor ein paar Geschehnisse der
Woche kommentieren.

Leider ist Ihr Autor (noch) nicht so bekannt, wie Analysten von
Finanzhäusern. Am vergangenen Freitag analysierte ich für Sie
intensiv die Wertberichtigung im Bereich der
Immobilienderivate, die Merrill Lynch vorgenommen hatte. 6,9
Mrd. USD waren es und ich fragte, warum nicht 5 oder 10 Mrd.
USD. In meinen Augen sind diese Derivate aus Sicht der
kaufmännischen Vorsicht nicht zu bewerten, sie müssten
eigentlich auf Null abgeschrieben werden. Denn, etwas, was
keine Nachfrage hat, kann auch nicht zu einem höheren Preis
verkauft werden.

Tja, nachdem ich diese Aussage am vergangenen Freitag getan
habe, reagierten die Märkte nicht. Okay, mit wenigen Tausend
Lesern kann man nicht die Weltfinanzmärkte beeinflussen, das
habe ich nun gelernt.

DIVIDENDENKÜRZUNG BEI CITIBANK MÖGLICH

Gestern jedoch wurde eine ähnliche Aussage von Meredith
Whitney, Analystin von CIBC Markets, getätigt. Sie nahm sich
die Citibank vor und sagte, dass die dort abgeschriebenen 3
Mrd. USD lange nicht ausreichen, vielmehr müsse die Citibank in
den kommenden Monaten Barmittel in Höhe von 30 Mrd. USD
generieren, um die zuvor ausgegebenen Immobilienderivate
zurückzukaufen. Und diese Barmittel lassen sich derzeit nicht
über Unternehmensanleihen finanzieren. Whitney stellt in
Aussicht, dass sich die Citibank das Kapital unter anderem
durch eine Dividendenkürzung beschaffen muss.

Eine Dividendenkürzung! Das war bislang das Sicherheitsnetz,
das die Finanzaktien vor einem weiteren Absturz rettete: Eine
Dividendenrendite von 5% und mehr flößt Vertrauen ein, da
bleiben Anleger investiert. Selbst wenn der Kurs fällt, die
Dividendenrendite von 5% hält bei Laune und man hat ja Zeit,
auf bessere Kurse zu warten.

Doch nun sind die 5% nicht mehr sicher. Nun könnte die
Dividende gekürzt werden, damit die Citibank mehr Bargeld zur
Verfügung hat, um die eigenen Fehler im Immobilienderivatemarkt
auszugleichen. Und wenn die Citibank gezwungen wird, einen
solchen Schritt zu unternehmen, dann ist es nur eine Frage der
Zeit, wann Bank of America, JPMorgan Chase, Morgan Stanley und
Wachovia ähnliche Schritte ankündigen.

O'Neal, Chef von Merrill Lynch, war am vergangenen Wochenende
aus dem Amt gejagt worden. Er hatte sein Unternehmen als
letztes noch Mitte vergangenen Jahres in den
Immobilienderivatemarkt getrieben, als viele schon vor der
drohenden Gefahr warnten. Warren Spector, Chef von Bear
Stearns, hatte kurz vor der Pleite seiner beiden Hedgefonds
noch öffentlich behauptet, alles sei unter Kontrolle. Auch er
wurde gefeuert.

Doch O'Neal und Spector haben lediglich die Gewinne ihrer
Unternehmen verjubelt. Charles Prince (nicht Prince Charles!),
Chef der Citibank, ist jedoch Verbindlichkeiten eingegangen,
die sein Unternehmen kaum tragen kann. Citibank schneidet somit
am schlechtesten ab und Prince sitzt noch immer in Amt und
Würde. Meine Prognose: Dieses Wochenende wird Prince den
Laufpass bekommen!

Wenn Sie die Citibank von der Zeit vor Prince kennen, dann
wissen Sie, warum ich schon seit Monaten seinen Abgang fordere:
Aus dem weltgrößten Finanzinstitut mit Goldeseln an jeder
Stelle unserer Erde hat er ein windiges Unternehmen gemacht,
das nun sogar seine Dividendenpolitik überraschend ändern muss.


GEWINN VON EXXON MOBIL FÄLLT UM 10%

Neben den hohen Dividenden im Finanzsektor ist auch der Ölmarkt
eine Stütze des Aktienmarktes. Doch auch diese Stütze geriet
gestern ins Schwanken: Exxon Mobil vermeldete einen
Gewinnrückgang um 10% aufgrund von hauchdünnen Margen im
Raffiniergeschäft. Sie erinnern sich: Öl wird auf raffinierte
Weise in Benzin verwandelt. Diesen Prozess nennt man
Raffinieren.

Der hohe Ölpreis hat nur einen Teil der rückläufigen Margen
auffangen können. Gleichzeitig investiert Exxon jeden freien
Cent und darüber hinaus in die Suche nach neuen Ölvorkommen.
Insbesondere Offshore sucht das Unternehmen und befindet sich
derzeit in Verhandlungen, gleich 13 Offshore-Ölvorkommen vor
der afrikanischen Küste zu kaufen.

Aber neben dem Gewinneinbruch hat noch eine Meldung für
Aufsehen gesorgt: Die Menge an Öl, die Exxon verkaufte, ging
zurück. Trotz der Milliardeninvestitionen kann Exxon nicht
einmal mehr die aktuelle Förderquote konstant halten.

Nun, der Ölpreis steht inzwischen bei 93,94 USD/Fass. Muss ich
noch mehr sagen? Aber es ärgert mich ein bisschen, dass ich
diese Meldung von Exxon nicht vorhergesehen habe. In den
vergangenen Wochen haben so ziemlich alle Ölkonzerne vor
schwindenden Margen gewarnt. Die Mietraten bei unserem
Offshore-Bohrunternehmen (siehe Beobachtungsliste) sind durch
die Decke gegangen. Und Exxon ist mir seit vielen Jahren
bekannt als das Unternehmen, das sich seine Welt schön redet.
Exxon hat die Entwicklungen am Ölmarkt wiederholt falsch
eingeschätzt. Es gab also mehrere Hinweise auf eine
bevorstehende negative Überraschung.

Somit ist nicht nur der Finanzsektor in den Keller gerauscht,
sondern der Energiesektor gleich mit. Insgesamt hat sich der
Dow Jones gestern mit einem Tagesminus von 2,6 % verabschiedet,
das kann man schon fast einen Crash nennen.


ZUSAMMENFASSUNG

Also, die Zinssenkung war erwartet worden, allerdings
schockierte die (psychologisch bedingte) Aussage Bernankes,
dass es die letzte sei, die Marktteilnehmer. Wenn die Dividende
von Citibank unsicher ist, dann sind alle Dividenden im
Finanzsektor in Frage gestellt. Und wenn dann noch mit Öl kein
Geld mehr zu verdienen ist, wer soll dann die Konjunktur
retten? Die Statistiker? Auch deren Methoden und Probleme
werden langsam aufgedeckt.

Der Ausverkauf von gestern ist also durchaus nachvollziehbar.
Ist das nun das Ende unserer Rallye? Immerhin hat sich der DAX
seit 2003 bereits verdreifacht – und irgendwann muss doch mal
Schluss sein. Oder handelt es sich um eine Chance zum
Einsteigen? Und wenn ja, welche Werte?

Ich habe heute gleich eine ganze Reihe von Einzelwerten
untersucht. Es wimmelt nur so von Chancen, aber auch Risiken.
Ich hoffe, Ihnen im nächsten Kapitel die richtige Zuordnung
liefern zu können.


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03. AUSBLICK: FINANZKRISE BLEIBT FINANZKRISE
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Zunächst noch ein klärendes Wort zu Bernanke, dessen Methode
mir immer besser gefällt: Er hat sich nun neutral positioniert
und kann somit den Märkten schon allein durch eine Aussage Halt
geben. Wenn er eines Tages vor die Kameras tritt und sagt: „Ja,
es sind durchaus noch große Gefahren im Finanzsektor vorhanden,
die wir gegebenenfalls durch unsere Geldpolitik lindern
werden", dann ist das allein schon soviel wert wie eine
Zinssenkung.

Und wenn ich mir den Finanzsektor anschaue, dann wird er dies
tun müssen. Denn nicht nur die Citibank benötigt 30 Mrd. USD
Bargeld, auch die oben aufgezählten anderen Unternehmen müssen
ihre Immobilienderivate zurückkaufen.

Und dann sind da noch die Versicherungen, die noch immer mit
einer historisch berechneten Ausfallquote von 16% rechnen. 16%
der Immobilienkredite geraten in eine Schieflage. Nach dem
Immobilienboom der vergangenen Jahre und nach den
abenteuerlichen Finanzierungen gehe ich von einer deutlich
höheren Ausfallquote aus. Und somit werden auch Versicherungen
mehr Barmittel benötigen, als sie heute für diesen Fall
vorgesehen haben.

Der Immobilienboom hat einige schwarze Schafe ins Leben
gerufen. Ich würde mir wünschen, dass diese schwarzen Schafe
aus dem Markt gedrängt werden. Gleichzeitig darf jedoch nicht
die funktionierende, jedoch strauchelnde Konjunktur in
Mitleidenschaft geraten. Also bedarf es einer kontrollierten
Geldpolitik, die genau den bereinigenden Prozess im
Immobilienmarkt und bei den Immobilienderivaten zulässt, sprich
viele weitere Insolvenzen, die jedoch gleichzeitig den
Unternehmen hilft, die aus anderen Gründen Liquiditätsprobleme
haben. Hier fällt mir General Motors und Ford ein, die hohe
Pensionsverpflichtungen zu finanzieren haben. Für sie muss der
Kapitalmarkt weiterhin funktionieren.

So erkläre ich mir die Zinssenkung um „nur" ein viertel Prozent
sowie die Aussage, dass nun alles im Lot sei. Es ist gerade
genug, um die Automobilbranche zu retten, aber nicht genug, um
die Finanzinstitute in Sicherheit zu wiegen.

Damit Sie besser nachvollziehen können, wo ich meine
Informationen her habe, gebe ich Ihnen den einen oder anderen
Link. Lassen Sie mich wissen, was Sie davon halten, oder
möchten Sie lieber lediglich meine Schlussfolgerungen lesen?
Hier zumindest ein Link zu einer Webseite, die zählt, wie viele
Immobilienfinanzierer bereits bankrott gegangen sind. Der
Immobilien-Implodier-Messer:
http://ml-implode.com/

Erschrecken Sie nicht über die Ziffer 178. In den USA gibt es
viel viel mehr kleine Finanzinstitute, häufig lokale Banken,
die nur in einer Gemeinde aktiv sind. Diese kleinen Banken
fallen derzeit um wie die Eintagsfliegen.

Bernanke wird nicht umhin kommen, den Leitzins weiter zu
senken. Zu groß sind die Lügen, die bislang als Geständnisse
über die Verlustrisiken im Bereich der Immobilienderivate
ausgegeben wurden.

E-TRADE HAT DIE ZEICHEN DER ZEIT ERKANNT

Bislang die ehrlichste Einschätzung habe ich von Mitchell
Caplan gehört, dem fähigen Chef von E-Trade. Der Umsatz von E-
Trade ist um 45 % eingebrochen. Kein Wunder, wenn man zuvor
durch jede Menge Immobilienderivate Umsatz auf Teufel komm raus
generiert hat.

Caplan spricht nicht von einer kurzfristigen Marktschwäche,
sondern hat richtig festgestellt, dass der Markt für solche
Finanzprodukte tot ist. Er wird diese Derivate komplett zurück
fahren, auf Null fahren und anschließend neue Geschäftsfelder
erschließen.

Tödlich, eine solche Aussage. Mit anderen Worten: Wir haben in
den vergangenen Jahren gut Geld verdient, aber nun müssen wir
dieses Geld zurückgeben und anschließend etwas Neues machen.

Nun ist Caplan nicht ein Mann der Überraschungen, er hat diese,
in dieser Woche getätigte Aussage bereits angekündigt und so
ist der Kurs von E-Trade bereits seit diesem Sommer von 25 auf
nunmehr 10 USD gefallen. Ich glaube nicht, dass der Kurs von E-
Trade noch weiter in den Keller rauschen wird, nachdem Caplan
diese Woche als erster der Finanzbranche Klarheit geschaffen
hat.

E-Trade spricht übrigens nicht über zweitklassige
Immobilienkredite (subprime), sondern über erstklassige. Die
Kreditnehmer haben alle eine exzellente Kreditbewertung (so was
wie unsere Schufa) und die Immobilienderivate sind allesamt mit
der höchsten Bewertung von AAA ausgezeichnet. Doch das
Unternehmen hat schon früh bekannt gegeben, dass diese
Auszeichnungen nichts wert sind.

Jarrett Lilien, Präsident von E-Trade, hat vor einigen Wochen
bekannt gegeben, dass „die Bewertung von erstklassigen
Immobilienkrediten nur zweitklassig" sei. Obwohl in diesen
Derivaten nur erstklassig bewertete Kredite enthalten sind,
wollen Anleger diese Papiere nicht kaufen und daher müssen sie
abgewertet werden.

E-Trade ist damit in meinen Augen allen anderen Banken und
Brokern einige Schritte voraus. Dennoch würde ich deren Aktien
noch nicht kaufen, da sie im Sinne der Sippenhaft auch in den
kommenden Monaten wieder und wieder ausverkauft werden.


AUSBLICK

Wenn nun der Finanzsektor so schwach ist und nicht einmal mehr
im Energiesektor (siehe Exxon) Geld verdient werden kann, dann
muss das Ende der Welt schon sehr nah sein, oder?

Nein, im Gegenteil. Im Energiesektor erhalten Sie in diesen
Tagen eine geschenkte Einstiegsgelegenheit. Der Ölpreis wird
meiner Ansicht nach noch deutlich höher steigen, die Gewinne
der Ölkonzerne werden weiter kräftig ansteigen und sie werden
kräftig in die Suche nach neuem Öl investieren.

Und auch der Finanzsektor wird nicht vor die Hunde gehen. Es
wird zu einer Bereinigung kommen, aber es gibt schon heute
Unternehmen, die zeigen, wie gut die Kapitalmärkte
funktionieren.

MASTERCARD

Schauen Sie sich beispielsweise Mastercard an: Das Unternehmen
hat diese Woche sein Quartalsergebnis veröffentlicht. Die
Kreditkarte findet langsam ihren Weg nach China und schwupps,
da springen Umsatz und Gewinn in ungeahnte Höhen – so auch der
Aktienkurs. Wir haben die Aktien in diesem Frühjahr bei 134 USD
mit 185 % Gewinn verkauft. Leider zu früh, denn gestern stieg
die Aktie bis auf 198 USD an.

GOLDMAN SACHS

Auch Goldman Sachs trotzt der Finanzkrise. Die Goldmänner haben
sich rechtzeitig von dem Hype der Immobilienderivate
zurückgezogen und kassieren nun die Lorbeeren ihrer weisen
Entscheidung. Wir haben die Aktien zu 211 USD verkauft,
inzwischen steht der Kurs bei 240 USD.

NYSE EURONEXT

Diese Aktien befinden sich noch in unserer Beobachtungsliste
und stehen mit 14 % im Plus. Heute früh wurde das
Quartalsergebnis bekannt gegeben: Der Gewinn hat sich
vervierfacht! Das sieht mir nicht so aus, als würden sich die
Anleger von den Börsen abwenden.

Sie können auch das Ergebnis der Deutschen Börse als
Anhaltspunkt nehmen. Es war besser, als irgendjemand hätte sich
erträumen können. Oder, wie Sie auf Heibel-Unplugged.de sehen
können, die Aktien von der Hongkonger Börse haben sich in den
vergangenen zwei Monaten verdoppelt.

Die Börsen fahren derzeit das Geld schubkarrenweise nach Hause.
Der Kurs der NYSE Euronext ist endlich angesprungen und könnte
nun eine Rallye starten.

Sie können mir also nicht weismachen, dass die Kapitalmärkte
nicht funktionieren. Und damit ist das Argument, dass nicht
funktionierende Kapitalmärkte die Konjunktur mit in den Keller
reißen können, ausgehebelt: Die Kapitalmärkte funktionieren.

Die oben beschriebenen Liquiditätsprobleme werden jedoch dafür
sorgen, dass der Leitzins in den USA weiter gesenkt wird. Und
das ist bullisch für die Aktienkurse. Obwohl der inflationäre
Druck bereits sehr hoch ist, wird Bernanke den Zins weiter
senken müssen, damit die Liquiditätskrise nicht auf andere
Branchen übergreift. Und er wird, wenn nötig, bis auf Null
gehen. Das hat er in seinem Helikopter-Statement klar gemacht:
Vor seinem Amtsantritt sagte er, er würde lieber Dollarnoten
aus dem Helikopter über das Volk streuen, als eine Deflation in
Kauf zu nehmen.


BRANCHENBETRACHTUNG

Es werden also weiterhin diejenigen Branchen profitieren, die
heute schon gut dastehen. Das ist insbesondere der
Rohstoffsektor. Hier würde ich die aktuellen Turbulenzen für
Nachkäufe nutzen.

Lassen Sie die Finger von den Bereichen, die an der Liquidität
der US-Wirtschaft hängen. Dies sind insbesondere natürlich der
Finanzsektor, der Immobiliensektor sowie auch der
Versicherungssektor. Aber auch der Konsumsektor könnte in
Mitleidenschaft gezogen werden.

Der Pharmabereich ist in meinen Augen schon lange nicht mehr
sicher. Er galt noch bis vor kurzem als Nicht-Zyklisch und
daher wurden die Aktien stets in turbulenten Zeiten gekauft.
Heute verlieren Pharmaunternehmen ihre Gewinne vor Gericht oder
an Generikaunternehmen. Neue Konkurrenz kommt aus dem Biotech-
Bereich. Lassen Sie also auch die Finger vom Pharmabereich.

Neben dem Rohstoffsektor gibt es noch ausgewählte Unternehmen
des Technologiesektors. Insbesondere jetzt, wo Weihnachten vor
der Tür steht, gibt es einige Unternehmen, die gut verkaufen
werden. Allerdings nicht in den USA, dort wird man die Krise
beim Konsumenten spüren. Aber in Asien. Wer heute Produkte hat,
die in China laufen, der wird dieses Weihnachten Rekordumsätze
verzeichnen. Apple also :-) Doch auch Research in Motion und
die anderen bekannten Techfirmen.


BETRACHTUNG EINIGER EINZELAKTIEN

Diese Woche gab es so viele Einzelmeldungen, Hiobsbotschaften,
usw., dass ich ein paar Unternehmen genauer betrachten möchte.
Es sind teilweise Unternehmen aus unserer Beobachtungsliste,
teilweise aber auch andere, nach denen ich gefragt wurde. Ich
schreibe meine Meinung dazu, werde aber auch im Falle einer
Kaufempfehlung die entsprechende Aktie nicht in die
Beobachtungsliste aufnehmen, da ich derzeit keine Veranlassung
sehe, neue Positionen zu eröffnen.


URANIUM ONE

Das Unternehmen hat Probleme mit der Zulieferung von
Schwefelsäure und kann aufgrund dessen die eigenen
Förderprognosen nicht halten. Die Prognosen wurden drastisch
gesenkt, für 2008 von 7,6 Mio. Pfund Uran auf 4,6 Mio. Pfund.
Damit ergibt sich natürlich eine komplett neue
Bewertungssituation, der Kurs ist unter unser Einstiegsniveau
gefallen.

Auf Basis der neuen Prognose habe ich zu Nachkäufen unter 7,50
Euro geraten. Ich halte den Ausverkauf für übertrieben. Die
Probleme lassen sich lösen, kosten nur leider Zeit und Geld. In
der Zwischenzeit wird der Uranpreis dadurch jedoch um so
stärker ansteigen, was dem Unternehmen wiederum zugute kommt.

Mehr dazu finden Sie im Kundenbereich bzw. im PDF.

CROCS: FINGER WEG

Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen mich auf Crocs angesprochen
haben. Ich habe bereits gestern auf Heibel-Unplugged.de eine
erste Antwort veröffentlicht. Hier nochmals ein detaillierter
Blick auf die Ereignisse:

Crocs hat eine Umsatz- und Gewinnverdopplung vermeldet. Damit
lag der Gewinn über den Erwartungen der Analysten, beim Umsatz
hatten sie sich allerdings mehr versprochen. Gleichzeitig hob
Crocs die Umsatz- und Gewinnprognosen an, allerdings haben auch
hier Analysten eine größere Anhebung erwartet.

Die Crocs-Aktien sind in den vergangenen drei Monaten um 70%
nach oben geschossen. Das Unternehmen, das ein Patent auf eine
Plastik-Schuhsohle hat, die Luft heraus, aber kein Wasser
herein lässt, ist seit einigen Monaten ein Liebling an der
Börse.

Doch wie heißt es so schon: „Priced for Perfection" - Für die
Perfektion bepreist. Die Crocs-Aktien waren so hoch bewertet,
dass schon das geringste Haar in der Suppe zu einem Ausverkauf
führen musste. Der Ausverkauf betrug am gestrigen Donnerstag
glatte 35%. Heftig, oder?

Nun, bei solchen Vorgängen hilft es nicht, zu lamentieren, dass
es ungerecht ist, diese Aktie so auszuverkaufen, obwohl sich
Umsatz und Gewinn verdoppelt haben. Was wir sehen ist der
Ausstieg von Aktionären, die ich als Spekulanten bezeichnen
würde. Sie haben in den vergangenen Monaten gut Geld verdient
an Crocs und haben gestern realisiert, dass die Geschichte mit
dem Übertreffen der Erwartungen und Heraufkorrigieren der
Prognosen, die wiederum übertroffen werden usw. zu einem Ende
kommen kann.

So haben gestern in meinen Augen lediglich Spekulanten die
Aktien auf den Markt geworfen. Es gab keinen darunter, der die
Schuhe selber trägt, geschweige denn, der sich die Bilanz
einmal angeschaut hätte.

Ich tue dies nun für Sie. Das KGV steht nun bei 34. Für eine
Umsatz- und Gewinnverdopplung ist das nicht sehr viel. Aber das
Wachstum wird ja leider nicht in dieser Geschwindigkeit
beibehalten werden. Auf Sicht von 5 Jahren rechnen Analysten
mit einem Gewinnwachstum von jährlich 25%. Damit würde sich für
mich ein KGV von 50 aufdrängen, der Kurs könnte also locker
wieder um die Hälfte ansteigen.

Aber so einfach ist das nicht. Denn nun sind die Spekulanten
erst einmal weg. Und unter Investoren, Anleger also, die
aufgrund von fundamentalen Gesichtspunkten kaufen, haben die
Crocs-Aktien den Ruf der hochspekulativen Traderpapiere. Zu
Recht, wie die Vergangenheit zeigt.

Sie müssen den Crocs Aktien also nun Zeit geben, sich von einem
Traderpapier zu einem Investorenpapier zu wandeln. Wir haben
dies bei Google erlebt, monatelang pendelte Google seitwärts,
obwohl ich schon längst ein höheres Bewertungsniveau für
gerechtfertigt hielt. Erst im Spätsommer begann Google dann
zunächst ohne ersichtlichen Grund, dann immer schneller und
schließlich aufgrund des Quartalsergebnisses zu steigen.

Nach einem so heftigen Ausverkauf wie bei Crocs dürfen Sie also
nicht ad hoc fundamentale Bewertungskriterien ansetzen. Wenn
Sie viele Monate Zeit haben, vielleicht sogar über ein Jahr,
dann sollte sich ein Investment in diesen Aktien auszahlen.
Kurzfristig ist der Name Crocs an der Börse aber verbrannt, die
fasst keiner an.

Gut hat mir der Kommentar des Heibel-Ticker Lesers Uwe aus
Baddeckenstedt gefallen: Seine Frau reagierte „reflexartig" auf
den Aktiennamen Crocs. Harald aus Wien ist verrückt nach den
Schuhen, trägt sie bis sie auseinander fallen und verschenkt
sie sogar an Freunde. Ich fürchte, diese Erzählungen sollten
uns als Kontraindikatoren dienen: Inzwischen ist Crocs bei
denjenigen, die sich um Mode kümmern, bekannt. Die anderen wird
Crocs nie erreichen.

Also, so reizvoll es auch aussehen mag, ich würde vorerst die
Finger von Crocs lassen.


JAPAN UND MATSUSHITA

Ich habe schon lange nicht mehr über die Rolle Japans
geschrieben. Diese Tage habe ich einen Blick auf den Nikkei
225, den Yen sowie Matsushita geworfen. Hier meine
Schlussfolgerungen:

Die japanische Wirtschaft ist noch lange nicht gesund und
robust. Es ist also kein Wunder, dass in Japan der Leitzins
noch immer auf niedrigen 0,5% verharrt. Eine Zinsanhebung würde
den Yen verteuern, die Exportnation könnte weniger exportieren.
Doch die inländische Konjunktur kann dies noch nicht auffangen,
so bleibt der Zins eben niedrig.

Bei einem solch niedrigen Leitzins ist es nach wie vor kein
Wunder, wenn der Yen die schwächste Währung der Welt ist – noch
schwächer als der US-Dollar. Und solange der Yen schwächer ist
als der US-Dollar, bleibt auch der Carry-Trade intakt: Kredite
werden in Japan auf die Währung Yen aufgenommen, mit dem
Kapital wird dann auf den internationalen Finanzmärkten
spekuliert.

Nun an Matsushita können Sie die Verfassung japanischer
Unternehmen ablesen. Für Sony beispielsweise gilt es ganz
ähnlich: Es gibt Bereiche, in denen ist Matsushita weltweit
führend, in anderen Bereichen bringt das Unternehmen nichts auf
die Reihe.

Für mich ist das noch immer eine Auswirkung der mit dem
Unternehmen verheirateten Arbeiter. Natürlich sind die Japaner
die innovativsten Technikfreaks der Erde, da kommen weder
Deutsche, noch Amerikaner oder Chinesen heran. Schauen Sie sich
beispielsweise die Laptops von Panasonic, einer Matsushita-
Tochter, an. Das ist das Feinste, was es gibt. Gleiches gilt
für Sonys Laptops.

Auch im Bereich der Plasma-Bildschirme ist Panasonic führend.
Letzte Woche wurde die Panasonic-Technologie als die Beste
unter allen Plasmatechnologien gekürt. Das Prädikat wurde von
einem Unternehmen vergeben, das sich seit vielen Jahren mit
Bildschirmen befasst: DisplaySearch.

Und auch bei anderen Technologien ist Panasonic vorne dabei:
Blu-ray CD-Player werden mit innovativen Sonderfunktionen
gespickt, so dass sie immer wieder in den High-End Regalen der
Märkte zu finden sind.

Dort sind die hellsten Köpfe Japans zu finden. Sie setzen
Geräte ein, von denen wir erst zwei Jahre später erstmals
hören. Und in diesem Bereich wird auch Gewinn gemacht.
Matsushita hat mit Plasma-Bildschirmen dicke Gewinne
eingefahren.

Doch auch die anderen Mitarbeiter des Konzerns müssen
beschäftigt werden. Und dort funktioniert es eben nicht so gut
wie dort, wo die hellsten Köpfe sitzen. So gibt es gerade bei
Matsushita (übrigens auch bei Sony) immer wieder
Rückrufaktionen, weil die Produkte fehlerhaft, unsicher oder
gar gefährlich sind. Trockner, Massage Stühle,
Mikrowellengeräte, Kühlschränke und Batterien sind die Produkte
von Matsushita, die in den vergangenen 6 Monate zurückgerufen
wurden.

Insbesondere die Batterien schmerzen das Unternehmen. 46 Mio.
Batterien wurden an Nokia geliefert, doch einige Handys haben
sich beim Ladevorgang überhitzt. Nun muss Matsushita 46 Mio.
Batterien austauschen. Und wenn man schon einmal kein Glück
hat, dann kommt meist auch noch Pech hinzu: Die Batteriefabrik
hatte nun vor vier Wochen ein Feuer. Die Produktion wurde
vollständig außer Betrieb gesetzt, zum Jahresende kann die
Produktion langsam wieder aufgenommen werden.

So müssen wir also bei Matsushita nicht nur die Innovationen
sehen, sondern auch das Tagesgeschäft. Und beim Tagesgeschäft
wird viel Geld verjubelt. Das verhagelt die Bilanz, die
Gewinnmarge von Matsushita ist hauchdünn. 80 Mrd. USD Umsatz
werden an der Börse lediglich mit 40 Mrd. USD
Börsenkapitalisierung belegt. Das KGV ist aber dennoch mit 22
sehr hoch. 12 Mrd. USD Barreserven kann das Unternehmen kaum
einsetzen, zunächst müssen die Schadensersatzforderungen für
die Rückrufe befriedigt werden.

Das alles macht mir den Eindruck, als befände sich der
Aufschwung in Japan noch auf sehr wackeligen Füßen. Ich weiß,
ich kann nicht von einem einzigen Unternehmen auf eine gesamte
Volkswirtschaft schließen. Aber auch die Berichte, die ich von
anderen Unternehmen erhalte, bestätigen diese Sicht der Dinge.

Damit hat sich bei Matsushita seit unserem Kauf zum
Jahresbeginn noch nicht viel verändert. Weder der Yen hat sich
gefestigt, noch hat sich der Erfolg im Plasmageschäft auf
Unternehmensebene in steigende Gewinne umgewandelt. Ich denke
jedoch, das beides schon bald geschehen wird.

Der Yen hat zumindest seinen Abwärtstrend unterbrochen – und
wenn er in den nächsten vier Wochen nicht mehr weiter als noch
2% fällt, dann würde ich von einer Bodenbildung sprechen. Der
Spike, der im Herbst zu einem vorrübergehenden Plus von bis zu
10 % im Yen geführt hat, wird derzeit verarbeitet. Die neue
Richtung werden wir in den nächsten Wochen sehen.

Im Zusammenhang damit, dass ich für den US-Dollar eine
Zwischenrallye erwarte, nachdem er die vergangenen Wochen so
stark gefallen ist, könnte die Marke bei 168 YEN/EUR
tatsächlich halten.

Und auf der Unternehmensseite können ja solche Hiobsbotschaften
wie die über die sich überhitzenden Batterien nicht ewig
anhalten. Dort würde schon ein bisschen weniger Hiobs positive
Auswirkungen haben.

Also halten wir Matsushita noch ein wenig und warten ab.

AUSBLICK

So, nach dem heftigen Kursrutsch von gestern erwarte ich nun
nicht eine direkte, schnelle Gegenbewegung. Vielmehr wird es
noch eine paar Tage dauern, bis dieses Ereignis verarbeitet
ist.

In der Liste der beobachteten Werte habe ich markiert, welche
Werte ich kaufen würde. Ich denke, es werden sich in den
nächsten Tagen noch einige Chancen ergeben. Bitte schauen Sie
ab und zu auf meine Internetseite heibel-ticker.de, dort stelle
ich aktuelle Meldungen in die Tickerzeile am oberen
Bildschirmrand.

Und auch auf Heibel-Unplugged werde ich in den nächsten Tagen
verstärkt Analysen von Einzeltiteln veröffentlichen.

Auch wollte ich Ihnen heute noch über die Überhitzung an der
Börse Shanghai berichten, sowie über die Übernahmeschlacht
zwischen Garmin und TomTom um Teleatlas. Aber diese beiden
Themen werde ich dann nächste Woche beschreiben, oder
vielleicht im Heibel-Unplugged verarbeiten.

Nochmals: Beachten Sie heute bitte die PDF mit den Änderungen.
Darin habe ich eine neue Einschätzung zu Google geschrieben,
sowie zu sämtlichen Indizes inklusiv Gold, Öl, US-Dollar, Dow
Jones und DAX aktuelle Einschätzungen abgegeben. Den
entsprechenden Link finden Sie direkt unter dem
Inhaltsverzeichnis.

==============================================================
04. DEPOT-CHECK: WIE GUT IST IHRE RISIKOSTREUUNG?
CHINA MOBILE, PORSCHE, ROSENBAUER, DEERE & CO, PETROCHINA
==============================================================

Nur wer ein diversifiziertes Portfolio hat, wer also in seinem
Depot eine gesunde Risikostreuung verwirklicht hat, wird bei
plötzlichen Korrekturen wie in diesen Tagen dennoch gut
schlafen können. Spekuliert wird hier im Heibel-Ticker nur mit
einem kleinen Teil des Vermögens. Der Rest wird auf solide Füße
gestellt.

Es folgt nun eine Analyse auf Risikostreuung von den 5 größten
Positionen eines Lesers. Dabei werde ich weniger auf die
einzelnen Werte eingehen, als viel stärker auf die Branchen, in
denen sie wirtschaften. Schicken Sie mir Ihre 5 größten
Positionen an Depotcheck/at/heibel-ticker/./de. Bitte
unterschreiben Sie mit Ihrem Vornamen und der Stadt, in der Sie
leben. Diese Information wird dann veröffentlicht.

==========

FRAGE:

Hallo Herr Heibel,

freue mich, dass Sie einen schönen Urlaub hatten.

Wer beschreibt meine Überraschung, als ich meine Mail in Ihrem
Börsenbrief wiederfand? Aber warum nicht, warum sollen Sie sich
doppelte Arbeit machen?

Wie ich unten ja geschrieben hatte, habe ich nahezu mein
gesamtes Depot verkauft und bin nur mit Ihrer Empfehlung Royal
Gold begrenzt wieder eingestiegen.

Zwischenzeitlich habe ich dann, um mir ein wirkliches Bild
machen zu können, eine ganze Reihe von Börsendiensten getestet,
leider scheinbar zur falschen Zeit, denn es ging immer nur nach
oben und alle, bis auf die "Bärendienste", lagen richtig.

Ehrlich leid tut mir ein Analyst, der einen täglichen
Newsletter schreibt und auch einen eigenen Dienst, außerhalb
des Investor Verlages, unterhält, der mit seinem System
ziemlich komplett auf Puts gesetzt hat und nun schwer in den
Miesen ist. Glücklicherweise habe ich seine Sichtweise zwar
nachvollziehen können und daher auch verkauft, dann aber die
Empfehlungen nicht nachvollzogen, so dass ich zwar an der "
Rallye" leider nicht teil hatte, aber nicht auch noch
zusätzliches Geld verloren habe.

Die anderen Börsendienste können sich im Moment mit
Performances um die 70% brüsten und die meisten empfehlen den
weiteren Einstieg, obwohl die Werte schon super gelaufen sind.

Sie dagegen sind zwar positiv gestimmt, aber doch sehr
zurückhaltend, so dass ich da für einen Einstieg nicht fündig
werde.

Damit es wieder in Ihr Schema des Börsenbriefes passt, nenne
ich Ihnen hier einmal 5 Werte, die die größten Positionen in
meinem Depot sein könnten und bitte um Ihre Einschätzung:

China mobile - Porsche - Rosenbauer (AT) - Deere&Co. -
Petrochina

Ansonsten ist und bleibt Ihr Börsenbrief der mit Abstand
günstigste und ich freue mich immer schon auf sein Erscheinen,
wenn auch aktuelle Empfehlungen etwas rar sind.

Herzliche Grüße, Klaus Dieter aus Oerlinghausen


ANTWORT:

Vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben. Mit Royal Gold
haben Sie zum richtigen Augenblick auf eine erneute
Goldpreisrallye gesetzt, herzlichen Glückwunsch.

Ja, ich könnte es mir zum Ziel machen, jeden Freitag eine
Detailanalyse und Empfehlung zu erstellen. Das wäre kein
Problem - aus Sicht des Arbeitsaufwands. Viel aufwändiger ist
es jedoch, jeweils zum richtigen Zeitpunkt eine Empfehlung zu
schreiben, wie beispielsweise zu Royal Gold. Wenn es
Einstiegsgelegenheiten gibt, dann empfehle ich auch schon mal
mehrere Aktien. Und da ist es nur verständlich, wenn ich zu
hohen Kursen eben keine neuen Empfehlungen ausspreche, oder?

Ich glaube, ein Vorteil meines Heibel-Tickers ist es, dass ich
eben nicht immer neue Empfehlungen raushaue und nach einem Jahr
die erfolgreichen in den Vordergrund stelle, sondern ich wähle
schon sehr genau aus, wann ich Empfehlungen ausspreche und
betrachte stets auch die Empfehlungen, die schief laufen. Ich
habe die Erfahrung gemacht, dass mir meine Fehler gar nicht so
übel genommen werden. Jeder weiß, dass ich nicht allwissend
sein kann. Aber meine richtigen Empfehlungen überwiegen.

Zu Ihren Werten:


CHINA MOBILE

Das Unternehmen wird mit 414 Mrd. US-Dollar bewertet. Für 43
Mrd. US-Dollar Jahresumsatz ist das ein stolzer Preis. Aber
dank einer Gewinnmarge von 23 % notiert das Unternehmen auf
einem KGV von nur 42. Die Umsätze wachsen mit rund 25 % p.a.
an, wobei diese Ziffer in jüngster Zeit stets nach oben
übertroffen wurde. Damit ist das KGV von 42 in Ordnung, ja fast
noch als günstig zu bezeichnen.

China Mobile gehört zu den chinesischen Aktien, die jeder
Hedgefondsmanager im Portfolio haben muss, wenn er mit seiner
Performance nicht hinter den anderen zurück bleiben will. Denn
die Aktie steigt mit zunehmender Geschwindigkeit an, allein in
diesem Jahr hat sich der Kurs veranderthalbfacht.

Bislang habe ich mich von der chinesischen Aktienbörse fern
gehalten. Zu ungeregelt waren die rechtlichen
Rahmenbedingungen, zu groß der politische Einfluss. China hat
die freie Marktwirtschaft entdeckt und chinesische Unternehmen
werden inzwischen auf einem Niveau bewertet, das dem der
westlichen Unternehmen entspricht. Ich glaube, wir werden in
den kommenden Monaten noch erleben, wie die Bewertungen durch
die Decke gehen. Der Kursanstieg sollte also meiner Erwartung
nach noch weitergehen.

Es ist schwer, den chinesischen Aktienmarkt zu analysieren und
gleichzeitig das Wissen zu verdängen, dass fundamental
eigentlich nicht mehr viel drin ist. Denn in diesen Wochen
wechseln wir von einer bewertungsgetriebenen Rallye in China zu
einem Hype. Aber auch in einem Hype lässt sich noch sehr gut
Geld verdienen.

Ich würde den chinesischen Mobilfunkanbieter also im Depot
behalten, jedoch einen engen Trailing Stopp ansetzen.


PORSCHE

Allein in den vergangenen acht Wochen ist der Kurs von 1.200
auf 1.850 Euro gesprungen. Und noch immer ist das KGV nur bei
16. Irgendwas macht Porsche-Chef Wiedeking wohl richtig.

Vermutlich ist es auch die Aussicht darauf, dass Porsche als
nunmehr einflussreichster Großaktionär von Volkswagen verkündet
hat, in den kommenden Jahren Toyotas Marktführerschaft
anzugreifen. Volkswagen ist mit seinen Marken Audi und Skoda
bereits Europas größter Autobauer. Die Verbindung mit Porsche
wird dem Image von Volkswagen sicherlich nochmals Auftrieb
geben.

Aber auch Porsche kann nicht fliegen, die Aktie wird also nicht
ins Unendliche ansteigen. Mit dem KGV von 16 wird dem
außerordentlich guten Wachstum des Unternehmens Tribut gezollt,
aber damit ist die Aktie deutlich höher bewertet, als die der
Wettbewerber.

Für Porsche gilt in dieser Situation das gleiche, wie für China
Mobile: Mitfahren, solange die Rallye noch anhält. Jedoch würde
ich die Position mit einem Trailing Stopp Loss absichern. Denn
das Umsatzwachstum von Porsche selbst beträgt nur 4 %, das
Gewinnwachstum von 45 % ist außerordentlichen Effekten
zuzuschreiben. Wenn der Rallye die Luft ausgeht, dürfte eine
längere Konsolidierungsphase folgen.


ROSENBAUER INTERNATIONAL AG

Alles was unsere Helden brauchen: Feuerwehrfahrzeuge und
Feuerwehrausrüstung bietet Rosenbauer an. Damit war vor kurzem
kein Blumentopf zu gewinnen, seither hat das Unternehmen einige
gute Verträge mit dem Wiener Flughafen abgeschlossen und den
Export verstärkt. Nun wachsen die Umsätze mit 6 % p.a., der
Gewinn ist ordentlich angesprungen. Das KGV von 17 ist
inzwischen ambitioniert.

Die Dividendenrendite von 1,8 % ist in Ordnung, die
langfristigen Schulden sind gering. Alles in allem macht das
Unternehmen einen guten Eindruck auf mich. Das Umsatzwachstum
ist zu gering, um das aktuelle Bewertungsniveau zu
rechtfertigen. Allerdings ist die Gewinnmarge derzeit noch sehr
dünn und kann noch verbessert werden. So soll der Gewinn im
kommenden Jahr mit 10 % überproportional ansteigen.

Aus langfristiger Sicht eine interessante Aktie. Mittelfristig
ist jedoch erst einmal nicht mehr viel Spiel für
Kurssteigerungen vorhanden.


DEERE & Co.

Auch dieses Unternehmen hat in diesem Jahr seinen Kursanstieg
bereits hinter sich. Das Bewertungsniveau ist bereits hoch, ich
habe am vergangenen Freitag einen detaillierten Blick auf den
Agrarsektor und auf John Deere geworfen. Bitte lesen Sie dort
nochmals nach.

Wenn John Deere weiter ansteigt, dann nicht aus
Bewertungsgründen, sondern weil der Agrarsektor plötzlich
gefragt ist und es einfach nicht genügend Agraraktien gibt, um
die Nachfrage zu befriedigen. Auch so etwas kommt vor: Fonds
und institutionelle Anleger müssen nach der Agrarhausse in
diesem Jahr bedeutende Agrarpositionen im Portfolio vorweisen,
sonst zieht ihnen der Chef die Ohren lang. Mangels Auswahl an
börsennotierten Agrarunternehmen werden die wenigen verfügbaren
in die
Höhe getrieben.


PETROCHINA

Warren Buffet hat diese Aktie vor drei Jahren zu einem Kurs von
50 US-Dollar entdeckt. In den vergangenen Wochen hat er seine
Position zu Kursen über 250 US-Dollar verkauft. Nicht schlecht,
oder?

Diese chinesische Ölfirma ist nun 455 Mrd. US-Dollar wert und
setzt jährlich 100 Mrd. US-Dollar um. Der Umsatz wächst mit 20
%, daher ist das KGV von 23 in meinen Augen recht günstig.

Für Petrochina gilt analog zu China Mobile: Mit einem
Kursanstieg von 150 % im laufenden Jahr ist das Unternehmen nun
auf einem hohen Bewertungsniveau und daher anfällig für
Rückschläge. Auf der anderen Seite muss jeder Fondsmanager auch
eine maßgebliche China-Position vorweisen, und mangels
Alternativen werden eben die wenigen verfügbaren chinesischen
Aktien weiter in die Höhe getrieben. Auch hier würde ich noch
mitfahren, jedoch einen engen Trailing Stopp Loss verwenden.


FAZIT

Sämtliche Aktien, die Sie ausgewählt haben, sind in den
vergangenen Monaten in die Höhe geschossen. Es kommt mir vor,
als hätten Sie einfach die besten Performer ausgewählt. Und da
können Sie regional als auch branchenmäßig diversifiziert sein,
aber diese Aktien werden alle von den gleichen Anlegern
gekauft: Spekulanten und Fondsmanager, die mit heißem Finger am
Verkaufsknopf sitzen bzw. einfach kaufen müssen, um das
Portfolio aufzuwerten.

Das ist für mich keine langfristige Strategie. Sie können eine
dieser fünf Aktien als Spekulation in Ihr Portfolio aufnehmen,
aber nicht ein Portfolio aus nur solchen spekulativen,
hochgejubelten Aktien aufbauen.

Mit diesem Portfolio werden Sie in den nächsten Wochen
vielleicht überdurchschnittlich gut abschneiden, doch bei
ersten Anzeichen einer Rezession in den USA, einer Flaute in
China (da reicht auch schon eine Aufwertung der chinesischen
Währung), wird Ihr gesamtes Portfolio wie ein Stein nach unten
crashen.

Also: Aus Branchensicht: Mobilfunk (China Mobile), Auto
(Porsche), Agrar (Deere), Öl (Petrochina) und Ausrüstung
(Rosenbauer) sind Sie gut diversifiziert.

Aus regionaler Sicht ebenfalls: Zweimal China (China Mobile &
Petrochina), USA (Deere) und zweimal Deutschland / Österreich
(Rosenbauer & Porsche) ist vorbildlich.

Aber ich achte stets darauf, dass es mindestens einen
dividendenstarken Titel im Portfolio gibt. Bei Ihnen fehlt
dieser. Und es sollten mindestens zwei Aktien dabei sein, die
fundamental gesehen unterbewertet sind. Bei Ihnen sind alle
fair oder überbewertet. Und alle Ihre Aktien werden aus dem
gleichen Grund in die Höhe gejubelt: Sie sind in diesem Jahr
gut gelaufen und müssen bei Fondsmanagern im Portfolio sein.
Das hält nicht ewig an, ich würde daher nur eine, maximal zwei
der hier aufgezählten Aktien in ein Portfolio von fünf Aktien
aufnehmen.

===============================================================
05. LESERFRAGE: OPTIONSSCHEINHANDEL
===============================================================

Ihre Fragen schicken Sie bitte an leserfragen/at/heibel-
ticker/./de. Ich werde künftig nur noch eine Leserfrage
veröffentlichen. Den Rest beantworte ich direkt. Bitte fragen
Sie mich nur zu Unternehmen mit einem Marktwert von mindestens
100 Mio. Euro bzw. USD.

=================

FRAGE:

Hallo Herr Heibel,

da bin ich wieder mal.

Habe die letzten Monate viele interessante Dinge über
Optionsscheine und deren Griechen in der Praxis gelernt, hat
leider auch etwas Geld gekostet, ich sehe es aber als Lehrgeld
an... (Kostolany hat es, glaube ich, "Schmerzensgeld" genannt.)

Schuld an meinen Verlusten war aber eigentlich mein falsches
Moneymanagement und die fehlende Disziplin die Reißleine zu
ziehen. Weil ich mir selber eine Psychofalle stellte, die da
heiß: Das wird schon wieder... Da ich mir einredete, dass ich
den Durchhänger ja bis zu einem gewissen Grad aussitzen kann,
verzichtete ich auf die rechtzeitige Ausführung des Stops.
Solange, bis die Griechen und hier natürlich das Theta, meinen
OS fast gänzlich "aufgefressen" hatten.

Nun gut, ich habe daraus gelernt, habe mich auf Knockouts mit
moderaterem Hebel verlegt und setze jetzt, schon alleine aus
Angst vor dem Knockout mit Totalverlust, sehr brav und
konsequent meinen Stop - und siehe da, es klappt. Ich mache
zwar immer auch noch mal Verlusttrades, die Verluste begrenze
ich jetzt aber rigoros und in Summe läuft es jetzt positiv mit
den Hebeln für mich!

Da Sie ja frisch gestärkt aus dem Urlaub zurück sind, möchte
ich Sie bitten mir ein paar Fragen zum COT Report zu
beantworten. Ich habe mir die Reports auf www.cftc.gov in
letzter Zeit etwas näher angesehen und da bleiben doch einige
Fragen offen um deren Erklärung ich Sie bitten möchte:

Ich habe den Report von Silber hier mal reinkopiert:

Als Vorabfrage: Warum gibt es zwei Rubricken: die "Futures
Only" und die "Futures-and-Options-Combined" Spalte?

Für eine aktuelle, jedoch nicht wesentlich übersichlichere
Darstellung schauen Sie bitte hier:
http://www.cftc.gov/dea/options/deacmxsof.htm

SILVER - COMMODITY EXCHANGE INC.
Code-084691
OPTION AND FUTURES COMBINED POSITIONS AS OF 10/09/07
--------------------------------------------------------------|
NONREPORTABLE
NON-COMMERCIAL | COMMERCIAL | TOTAL |
POSITIONS
--------------------------|-----------------|-----------------
|-----------------
Long | Short |Spreads | Long | Short | Long | Short |
Long | Short
---------------------------------------------------------------
-----------------
(CONTRACTS OF 5,000 TROY OUNCES) OPEN
INTEREST:153,803
COMMITMENTS
40,552 11,857 45,581 35,123 83,948 121,256 141,386
32,547 12,417

CHANGES FROM 10/02/07 (CHANGE IN OPEN INTEREST: 4,083)
2,041 -136 995 963 3,619 3,998 4,477
84 -395

PERCENT OF OPEN INTEREST FOR EACH CATEGORY OF TRADER
26.4 7.7 29.6 22.8 54.6 78.8 91.9
21.2 8.1

NUMBER OF TRADERS IN EACH CATEGORY (TOTAL TRADERS: 175)
77 50 64 32 36 147 117



1)Die Comms und NON-Comms, sowie die NON Reportables, sind
klar.

2)Die "CONTRACTS OF 5,000 TROY OUNCES" sind nicht klar.

3) Das Open Interest ist auch nicht klar, zumal ich nicht genau
weiß, wozu man diesen Wert braucht.

4) Was ich so gelesen habe, sollte man sich doch eher an die
Coms halten, diese sind aber hier mit 83,948 Kontrakten short,
was ja eher für fallende Kurse sprechen würde. Alle Analysen
die ich aber lese gehen von steigenden Silber - und natürlich
auch Goldnotierungen aus - wo die Positionierungen gleich wie
im Silber liegen (Coms short, NON-Coms long). Oder ist deren
(Coms) Horizont auf eher längerfristig ausgelegt?

Die NON-Coms sind hier eher long investiert, womit sie momentan
ja auch richtig liegen dürften. Aber in der Total Spalte
überwiegen die short Kontrakte.

5) Sollte ich mich da als eher kurzfristiger Hebelfreund nicht
besser nach den NON-Coms richten??

6) Beim "CHANGES FROM 10/02/07 (CHANGE IN OPEN INTEREST:
4,083)" ist mir klar, dass die NON-Coms 2041 Longkontrakte
aufgebaut und 136 Shortkontrakte abgebaut (-) haben, bzw die
COMS je 963 long und 3619 (!) shortkontrakte aufgebaut haben --
- wenn das so stimmt...

7) Wie das Change in open interest von 4083 zustande kommt, ist
mir nicht klar, bzw. was es heißt oder wozu es brauchbar ist.

8) Ebenso ist mir nicht klar, wozu man das "PERCENT OF OPEN
INTEREST FOR EACH CATEGORY OF TRADER" braucht, gleiches gilt
auch für die "NUMBER OF TRADERS IN EACH CATEGORY (TOTAL
TRADERS:175)"

So, ich hoffe das ist jetzt nicht zu viel des Guten mit dieser
Ladung an Fragen an Sie, ich wäre Ihnen aber sehr dankbar, wenn
Sie mir dazu ein paar Infos zukommen lassen würden, auch ev.
über weiterführende Literatur.

Besten Dank im voraus und viele Grüße nach Berlin, Peter aus
Schrems


ANTWORT:

Tja, dieses Psycho-Problem mit "das wird schon wieder" haben
wir wohl beide gemeinsam. Ich habe nicht Probleme, gute Chancen
zu erkennen. Ich habe lediglich bei den wenigen Positionen, bei
denen sich das Blatt dann gewendet hat, zu spät den Exit-Hebel
betätigt ;-)

Ich merke, Sie knien sich ziemlich tief in die neue Materie
hinein. Ich werde versuchen, Ihre Fragen zu beantworten. Vielen
Dank für Ihre detaillierten Fragen, ich lerne dabei ebenfalls
noch etwas.

Futures Only sind die direkten Rohstoffkontrakte, die eine
Lieferung der entsprechenden Rohstoffe bei Fälligkeit nach sich
ziehen können. Options sind Papiere auf Rohstofffutures, die
bei Fälligkeit lediglich saldiert werden. Futures sind also
näher am realen Rohstoff dran, die Futures und Options zeigen
hingegen, wieviel Spekulation / Hedgingaktivitäten im Markt
sind.

zu 2.: An der Rohstoffbörse werden stets Kontrakte gehandelt.
Je nach Rohstoff beinhaltet ein Kontrakt stets eine genau
definierte Menge, beim Silber sind es 5.000 Unzen.

zu 3.: Auf dem Optionsscheinmarkt ist Ihr Vertragspartner meist
der Emittent der Option, also eine Bank oder ein Broker. Anders
als bei Aktien, wo Sie die Aktien meist einem anderen Aktionär
abkaufen, handeln Sie bei Optionen meistens direkt mit dem
Emittenten der Optionen. Falls es genau einen Verkäufer der von
Ihnen gewünschten Option gibt, der innerhalb von wenigen
Sekunden eine entsprechende Order eingibt, so können Sie auch
Ihre Optionen direkt von einem anderen Anleger / Spekulanten
kaufen - meist jedoch kaufen und verkaufen Sie vom bzw. an den
Emittenten.

Damit hat der Emittent stets eine bestimmte Anzahl an
Optionsscheinen ausstehen. Diese Anzahl wird über die
Emittenten summiert und "Open Interest" genannt.

zu 4.: Commercials sind häufig auch Hedgefonds. Diese müssen
per Definition stets eine Gegenposition aufbauen. Wenn der
Silberpreis also einen Run hatte, dann müssen sie auf fallende
Silberpreise setzen - daher die starke Zunahme der
Shortpositionen (siehe Ihre 6. Frage). Dabei ist es weniger die
Frage der Erwartung der Commercials, als vielmehr die
Disziplin, die zu diesem Shortaufbau führt.

zu 5.: Ja, kurzfristig sollten die NON-Commercials als guter
Kontraindikator dienen.

zu 6.: Ja, das stimmt.

zu 7.: Hier bin i