Heibel-Ticker Update 08/22 - Wunschanalyse: Der Saubermann der Finanzbranche: Goldman Sachs

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10.07.2008:
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H E I B E L - T I C K E R U P D A T E

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -
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DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436

3. Jahrgang - Update 22 (10.07.2008)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag
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I N H A L T

01. TICKER-UPDATE: FINANZBRANCHE NOCH NICHT GESUND
02. WUNSCHANALYSE: SAUBERMANN DER FINANZBRANCHE: GOLDMAN SACHS
03. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
04. AN-/ABMELDUNG

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01. TICKER-UPDATE: FINANZBRANCHE NOCH NICHT GESUND
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Liebe Börsenfreunde,

diese Woche wurde eine Wunschanalyse zu Goldman Sachs
gewünscht. Ich hatte die Aktien dieses Brokers Mitte 2006 bis
zum Frühjahr 2007 mit bis zu 45% Gewinn im Portfolio des
Heibel-Tickers und kenne die Entwicklung bei den Goldmännern
daher bestens.

Auch wenn am Ende noch keine Kaufempfehlung bei dieser
Wunschanalyse heraus kommt, so können Sie daran jedoch gut
meine Einschätzung der Finanzbranche und deren Auswirkung auf
weitere Marktbereiche, ersehen. Viele Fragen, ob es nicht schon
an der Zeit ist, erste Finanzaktien zu kaufen, werden Sie nach
dieser Analyse beantwortet wissen.

Sie sehen es auch täglich an der Börsenentwicklung: Immer
wieder keimt Hoffnung auf, die Kurse stabilisieren sich, es
geht vielleicht sogar ein paar Stunden nach oben, bis dann
wieder eine Hiobsbotschaft, oder auch nur eine vermeintlich
schlechte Nachricht aus der Finanzbranche vermeldet wird. Die
Wunde der Liquiditätskrise ist noch nicht verheilt, sie bricht
zu schnell wieder auf.

Ich wünsche eine anregende Lektüre,

take share, Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker

P.S.: Lassen Sie mich Ihre Meinung, Kritik oder
Verbesserungsvorschläge wissen (selbst Lob ist willkommen ;-)
und schreiben Sie mir an leserbrief/at/heibel-ticker/./de.


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02. WUNSCHANALYSE: SAUBERMANN DER FINANZBRANCHE: GOLDMAN SACHS
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ISIN: US38141G1040
Kurs aktuell: 110,50 €

IMMOBILIEN- & FINANZKRISE DER USA

Am Montag veröffentlichte ein Analyst von Merrill Lynch seine
Einschätzung, dass eine beantragte Umstellung der
Bilanzierungsvorschriften für die Finanzbranche bei Fannie Mae
und Freddie Mac zu weiterem Liquiditätsbedarf von insgesamt 75
Mrd. USD führen würde. Die Aktienmärkte, geführt von den
Finanztiteln, brachen erneut ein.

Dabei wurde nur ein Änderungsvorschlag besprochen, dessen
Umsetzung noch lange nicht beschlossen ist und nach jüngsten
Einschätzungen zunächst auch unwahrscheinlich erscheint.
Darüber hinaus gab es von der Bush-Administration bereits
Statements, dass Fannie und Freddie von einer solchen
Vorschrift übergangsweise auch ausgesetzt werden könnten.

Wenn also ein Antrag, der kaum umgesetzt wird und wenn doch,
dann eben nicht für die kritischen Unternehmen, die gesamte
Börse zum Einstürzen bringt, dann ist der Markt überaus nervös.
Schauen Sie sich einmal den Verlauf der Finanzaktien der
vergangenen drei Jahre an:

Bitte hier klicken, oder den Link in den Browser kopieren:
http://www.heibel-ticker.de/empfehlung.php?id=52

Der S&P Finanzindex XLF notiert bereits 45% unter seinem Hoch
vom vergangenen Sommer, also kurz vor dem Beginn der
Immobilienkrise.

Die Bewertung der Finanzbranche hat sich also innerhalb eines
Jahres fast halbiert. Und das unabhängig davon, ob die
einzelnen Finanzunternehmen starke Engagements im
Immobilienbereich hatten oder nicht.

Goldman Sachs gehört zu den Unternehmen, das in Sippenhaft
genommen, dessen Aktienkurs in den Keller geprügelt wurde,
obwohl das Unternehmen verhältnismäßig wenig mit
Immobilienderivaten zu tun hatte. Es gibt in meinen Augen
einige wenige Banken und Broker, die sich schon vor der
Immobilienkrise richtig positioniert haben. Dazu gehört die
Deutsche Bank, die noch im vergangenen Sommer mit einer
glühenden Empfehlung der US-Immobilienderivate den eigenen
Bestand unters Volk gebracht hat, dazu gehören die Credit
Suisse und J.P. Morgan, die sich in dem Geschäft gar nicht
engagierten, und dazu gehört auch Goldman Sachs, das sich
ebenfalls frühzeitig von dem Geschäft mit den
Immobilienderivaten verabschiedete.

So blieb der Abschreibungsbedarf bei diesen Finanzinstituten im
niedrigen einstelligen Milliardenbereich, während die Citigroup
und Merrill Lynch mit jeweils 25 Mrd. USD Abschreibungen und
die UBS mit ca. 14 Mrd. USD noch lange nicht alle Risiken aus
der Bilanz ausgebucht haben. Bei den quasi-staatlichen
Immmobilienunternehmen Fannie Mae und Freddie Mac wurde meiner
Einschätzung nach mit jeweils 9 Mrd. USD Abschreibung gerade
einmal ein zarter Anfang gemacht. Ich habe auf meiner
Bloggingseite einmal eine Übersicht über die Abschreibungen
veröffentlicht:
http://www.heibel-unplugged.de/390,marktanalyse-subprime-
immobilienkrise/


UNNACHGIEBIGE AUFSICHTSBEHÖRDEN VERHINDERN BEREINIGUNG

Nun erleben wir seit 4 Quartalen dass Quartal für Quartal neue
„überraschende" Abschreibungen bekannt gegeben werden. Grund
dafür sind die aktuellen Bilanzierungsregeln, die ein
übervorsichtiges einmaliges Abschreiben der Immobilienderivate
im Bestand der Finanzinstitute nicht zulassen, es wird
stattdessen stets ein Referenzwert benötigt – wie zuletzt durch
den Verkauf sämtlicher Immobilienderivate im Bestand der
Hypothekenbank CIT geschehen. CIT verkaufte unter großem
Liquiditätsdruck seinen Bestand zu 60% des Nominalwertes.

Eine etwas großzügigere Auslegung der bestehenden
Bilanzierungsregeln, oder aber eine temporäre Aussetzung
bestimmter Regeln, damit die Banken ein für alle mal reinen
Tisch machen können, würde helfen. Doch die Bush-Administration
gilt als neo-konservativ: Es wird an einem starren, harten
Regelwerk gefeilt, direkte Eingriffe in das operationale
Geschäft gab es unter Bush so gut wie keine. Laissez-faire ist
das Schlagwort: Die Märkte sich selbst überlassen.

Und so wird weiterhin scheibchenweise abgeschrieben und niemand
weiß nun wirklich, wie die Bestände der einzelnen Institute nun
aussehen. Niemand weiß, wann die Abschreibungen vorüber sein
werden und niemand weiß, welche Bank vielleicht noch in
Liquiditätsprobleme geraten wird. Die Finanzkrise wird uns
meiner Einschätzung nach noch einige Monate lang weiter
beschäftigen.


GÜNSTIGES BEWERTUNGSNIVEAU VON GOLDMAN SACHS

Von der Spitze im vergangenen Sommer bei 175 Euro hat die Aktie
von Goldman Sachs bislang 37% abgegeben, das ist immerhin etwas
weniger als der Durchschnitt. Das KGV steht bei 8 und wird sich
in den kommenden Quartalen kaum verändern. Die Goldmänner haben
immerhin ihre Dividende im Griff, denn die Dividendenrendite
von 0,8% wird das Unternehmen locker zahlen können. Anders als
bei Lehman Brothers (3,3%), Merrill Lynch (4,6%) oder gar der
Citigroup (7,8%), bei denen das Management schon bald mit der
Hiobsbotschaft der Dividendenkürzung an die Öffentlichkeit
gehen muss.


MARKTANTEILE WERDEN HINZU GEWONNEN


Der Umsatz von Goldman Sachs ist zwar rückläufig, aber von
einem Umsatzeinbruch wie bei den Wettbewerbern kann keine Rede
sein. Im Gegenteil: In turbulenten Zeiten sind die Anleger
nicht zu irgendwelchen Experimenten bereit, sondern geben ihr
Geld nur den Besten der Besten. Seit der Übernahme von Bear
Stearns durch J.P. Morgan Mitte März hat Goldman im
Brokerragegeschäft einen starken Zulauf verzeichnet. Dieser hat
einen Teil des Umsatzeinbruchs bei den Immobilienderivaten wett
gemacht.

Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für gute Leute, heißt es. Und
da Goldman Sachs durch diese Immobilienkrise mit den geringsten
Abschreibungen kam, gibt es nun viele Anleger und insbesondere
auch institutionelle Anleger (Fondsmanager etc.), die ihre
Gelder zum Besten der Besten verschieben: Zu Goldman Sachs.

Einziger Wettbewerber wäre da noch J.P. Morgan. Auch dieses
Unternehmen ist gut durch die Immobilienkrise gekommen. Doch
mit der Übernahme von Bear Stearns, damals wurde es als
Schnäppchen bezeichnet, hat sich J.P. Morgan Risiken ans Bein
gebunden, die es heute noch nicht genau quantifizieren kann.
Damit ist J.P. Morgan in den Augen der Anleger hinter Goldman
Sachs zurück gefallen.


GESCHÄFTSAUSBLICK

Nun, ich will es nicht leugnen: Das Verschieben von
Immobilienderivaten war eine Cashcow für die Finanzbranche. Und
diese Cashcow wurde nun geschlachtet. Viele andere
Finanzinstitute wie Lehman Brothers, Citigroup, Merrill Lynch
und auch die UBS müssen sich in den nächsten Quartalen erst
neue Geschäftsfelder erarbeiten. Sie dürfen nicht erwarten,
dass nach dem endgültigen Abschreiben der letzten
Immobilienderivate gleich wieder Rekordgewinne wie vor zwei
Jahren aus der Finanzbranche vermeldet werden. Vielmehr werden
danach noch einige Quartale mit schwachen Gewinnen folgen, bis
die Banken neue Geschäftsfelder erschlossen haben. Nicht
umsonst wurden schon 70.000 Bänker nach Hause geschickt, und
ich halte das erst für den Anfang.

Goldman Sachs hat sich, wie oben beschrieben, nicht so stark im
Bereich der Immobilienderivate engagiert, sondern legte seinen
Schwerpunkt auf Rohstoffderivate. Absicherungsgeschäfte für
Rohstoffunternehmen wurden angeboten, entsprechende
Gegengeschäfte wurden an den Terminmärkten eingegangen.
Dazwischen wurde eine kleine Marge verdient. Das war zwar nicht
so lukrativ wie die Immobilienderivate, aber dafür gehören die
Rohstoffunternehmen heute zu den solventesten Kunden in der
Wirtschaft. Schauen Sie sich mal die Bauträger an...

Damit hat Goldman Sachs also schon einmal gute Kontakte zum
derzeit boomenden Wirtschaftszweig. Und bei Mergers und
Acquisitions (Fusionen und Übernahmen) ist Goldman Sachs
dadurch immer in vorderster Reihe dabei. Ich denke also, dass
es Goldman Sachs leichter fallen wird, wieder gute Gewinne
einzufahren, als seinen Wettbewerbern.


CHARTTECHNIK: TIEFSTAND AUS DEM MÄRZ NICHT MEHR GETESTET

Auch der Chart von Goldman Sachs macht Mut: Anders als bei den
oben aufgezählten schwarzen Schafen der Branche notiert Goldman
Sachs auch nach dem Ausverkauf im Mai / Juni noch immer über
seinen März-Tiefs. Daraus schließe ich, dass das Ärgste bei
Goldman Sachs bereits überstanden ist.

TIMING: BODENBILDUNG NOCH NICHT IN SICHT

Wann also sollte man die Aktien von Goldman Sachs kaufen? Nun,
„eine steigende Flut hebt alle Schiffe", heißt ein
Börsensprichwort. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass
bei Ebbe auch einige gesunde Schiffe auf Grund laufen. Solange
der Finanzsektor die Immobilienkrise noch nicht ausgestanden
hat, wird es auch Goldman Sachs schwer fallen, einen steigenden
Aktienkurs zu erzeugen.

Der Grund dahinter ist ganz einfach: Viel Geld fließt heute
über Fonds und ETFs an die Börse. Ein Fonds, dessen Inhalte
also in erster Linie Finanztitel sind, hat derzeit mit
kräftigen Mittelabflüssen zu kämpfen. Die Anleger stecken ihr
Geld lieber in Rohstofffonds oder kaufen Düngemittelhersteller.
Das Kapital wird aus den Finanzfonds abgezogen und für die
Auszahlung müssen die Fonds die enthaltenen Aktien verkaufen.
Dabei ist es dann ganz gleich, ob die Aktien von Lehman,
Merrill, der Citigroup oder eben von Goldman Sachs verkauft
werden. Bei Goldman Sachs bekommt man wenigstens noch ein wenig
Geld raus.

Also wird ungeachtet der wesentlich besseren
Marktpositionierung die Goldman Sachs Aktie weiterhin unter
Druck bleiben, solange die anderen Finanzinstitute ihre
Bilanzen nicht endgültig säubern. Meiner Einschätzung nach wird
das noch bis Ende das Jahres dauern, wenn die Politik nicht
eingreift.

Sie können sich aber auch den oben eingefügten Chart des
Finanzsektors (XLF) nochmals anschauen: Sehen Sie da eine
Bodenbildung? Ich nicht! Wir sollten also lieber noch ein wenig
warten.


FAZIT

Wenn sich die Immobilienkrise dem Ende nähert, dann wird
Goldman Sachs (neben der Deutschen Bank und der Credit Suisse)
zu den Gewinnern der Krise gehören. Das Unternehmen gewinnt
Marktanteile, ist kaum noch in Immobilienderivate verstrickt
und hat heute schon ein günstiges Bewertungsniveau.

Wer heute schon einsteigen möchte, der braucht gute Nerven und
viel viel Geduld. Nur zu! Ich würde jedoch noch ein paar Monate
auf eine Bodenbildung warten.


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03. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
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Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen
nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte
un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf
setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn
belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für
Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber
nach unseren Anlageideen. Dennoch müssen wir jegliche
Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung
der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.

Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung
wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine
Anlageempfehlungen dar.

Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln.
Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit
entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen
werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über
die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer
Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen
Vermögensverwalter konsultieren.

Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt
auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse
beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum
Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Es tut mir Leid, dass im Heibel-Ticker nicht die viel
versprechenden neuen Regeln der Rechtschreibreform
berücksichtigt werden, aber ich müßte Kopf stehen, um
diese zu verstehen.

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04. AN-/ABMELDUNG
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Heibel-Ticker Ende
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