Heibel-Ticker 10/27 - Die Wolken lichten sich

» zurück zur Übersicht

09.07.2010:
______________________________________________

H E I B E L - T I C K E R S T A N D A R D

F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N

- Einfach einen Tick besser -
______________________________________________

DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5428

5. Jahrgang - Ausgabe 27 (09.07.2010)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag
* Bitte Schriftart Courier einstellen *
(-;______________________________________________;-)

I N H A L T

01. INFO-KICKER: 100. GEBURTSTAG
02. WUNSCHANALYSE: CHINA MOBILE
03. LESERFRAGE: BP
04. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
05. AN-/ABMELDUNG

==============================================================
01. INFO-KICKER: 100. GEBURTSTAG
==============================================================

Liebe Börsenfreunde,

100 Jahre alt und keine finanziellen Sorgen, wer wünscht sich
das nicht? Tante Käthe, meine Großtante, ist gestern 100 Jahre
alt geworden und die Verwandtschaft ist ausnahmslos zum
Gratulieren angereist. Die Feierlichkeiten haben es mir leider
nicht gestattet, die heutige Ausgabe ordentlich vorzubereiten
und ich muss Sie auf ein Update am kommenden Montag vertrösten.

Zwei Weltkriege, Hyperinflation, Währungsreform, etc., Tante
Käthe hat es geschafft, in einer Form für Ihren Ruhestand
vorzusorgen, dass Sie noch heute aus der eigenen Tasche einen
100. Geburtstag ausrichten kann. Ich bin im Rahmen der
Feierlichkeiten natürlich der Frage nachgegangen, wie Tante
Käthe es geschafft hat, ihr Vermögen 100 Jahre beisammen zu
halten. Es ist das Ziel, das wir alle verfolgen: Mit 100 Jahren
gesund zu sein, geistig fit und einen großen Kreis an lieben
Freunden und Verwandten um sich herum zu versammeln.

Auch hierzu werde ich nächste Woche ein wenig mehr erzählen.
Nun nur noch ein paar Worte zur Marktentwicklung: Die Wolken
lichten sich. Die ach so schlechten Arbeitsmarktdaten in den
USA sind auf den zweiten Blick gar nicht so schlecht. Obama
wird aktuellen Einschätzungen zufolge seine beabsichtigte
Erhöhung der Kapitalertragssteuer nicht umsetzen können. Selbst
die US-Börse beginnt nun also zu steigen.

In Europa wurden fast einhundert Banken einem Stresstest
unterworfen. Offizielle Ergebnisse gibt es noch nicht, doch es
sickert schon durch, dass die meisten Banken recht gut
abgeschnitten haben und für die schwachen Banken wird es
Lösungen geben. So wechselt die Angst vor dem Ungewissen in
eine Zuversicht des Machbaren. Auch hier findet also eine
deutliche Stimmungsaufhellung statt.

In der heutigen Ausgabe habe ich ein paar Beiträge abgedruckt,
die ich Anfang der Woche verfasst habe. Alles weitere dann am
Montag.


Ich wünsche eine anregende Lektüre,

take share, Ihr
Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker

P.S.: Lassen Sie mich Ihre Meinung, Kritik oder
Verbesserungsvorschläge wissen (selbst Lob ist willkommen ;-)
und schreiben Sie mir an leserbrief/at/heibel-ticker/./de.

==============================================================
02. WUNSCHANALYSE: CHINA MOBILE
==============================================================

Der Gorilla im bevölkerungsreichsten Land kann doch eigentlich
gar nichts falsch machen, sollte man meinen. Doch der
Mobilfunkmarkt in China ist heiß umkämpft und China Mobile
verliert Marktanteile. Auf der Suche nach neuen
Wachstumsmärkten ist China Mobile noch nicht sehr erfolgreich
und so ist das aktuell niedrige Bewertungsniveau zwar
beruhigend für Anleger, doch besondere Kurschancen birgt es
nicht.


DER MOBILFUNKGORILLA AUF DEM WELTGRÖßTEN MOBILFUNKMARKT

Was sollte da eigentlich noch schief gehen, werden Sie sich
fragen, wenn Sie die Position von China Mobile betrachten. Das
Unternehmen aus Hongkong ist der Marktführer auf dem
chinesischen Mobilfunkmarkt. Marktführer im
bevölkerungsstärksten Land der Welt zu sein, ist doch fast
schon wie eine Lizenz zum Gelddrucken, oder?

Nun, ich sehe das leider kritisch. Es gibt eine ganze Reihe von
Entwicklungen, die derzeit gegen China Mobile laufen und diese
Entwicklungen kann man nicht einfach mit dem Argument vom Tisch
fegen, dass der Marktführer sich durchsetzen werde.


NACHZÜGLER IM MOBILEN INTERNET / 3G NETZ

China Mobile ist nicht ohne Vorleistung zum Marktführer in
China geworden. Das Unternehmen hatte das 2G Mobilfunknetz am
schnellsten flächendeckend ausgebaut und konnte somit eine
große Anzahl des Milliardenvolkes erreichen. Inzwischen ist
auch die Konkurrenz sehr weit mit dem Ausbau des eigenen 2G-
Mobilfunknetzes und es herrscht ein Preiskampf. Die
Investitionen in das 2G-Netz zahlen sich aus, aber schneller
als geplant sinken die Gewinnmargen aufgrund des
Preiswettbewerbs durch die Konkurrenz.

Nun kommt das 3G-Netz schneller als gedacht und neue
Wettbewerber investieren mit frischem Risikokapital kräftig in
dessen Ausbau. Während China Mobile nun den geordneten Übergang
vom 2G- ins 3G-Netz bewerkstelligen muss, können Wettbewerber
ohne „Altlasten“ voran preschen. Auch bei China Mobile wächst
inzwischen der Kundenstamm an 3G-Kunden schneller als der von
2G-Kunden, doch gegenüber den Haupt-Wettbewerbern China Telecom
sowie China Unicom verliert China Mobile insbesondere im 3G-
Markt Marktanteile.


VERPATZTER START IM SMARTPHONEMARKT

Wenn es einen neuen Wachstumsmarkt im Mobilfunkgeschäft gibt,
dann sind es die Smartphones. Apple hat mit seinem iPhone die
Richtung angegeben, Wettbewerber ziehen nun auf Basis des
Google-Betriebssystems Android nach. Die Betonung liegt auf
„nach“, denn an dem iPhone vorbei kommt keiner und Apple
ermöglicht durch sein iPhone nicht nur gute Gewinnmargen für
sich selbst, sondern auch neue Mobilfunkverträge mit
Datenkomponenten, die von den iPhone-Nutzern schneller
akzeptiert werden als von den Wettbewerbern.

Den exklusiven Vertrag mit Apple zum Vertrieb des iPhones in
China hat jedoch China Unicom gewonnen. Das kleine Unternehmen
wächst derzeit unter den drei Wettbewerbern am schnellsten,
verfügt auch über die modernste Mobilfunk-Infrastruktur.
Derzeit steht eine Vertragsverlängerung zwischen Apple und
China Unicom an und es zeichnet sich ab, dass China Unicom die
Exklusivität weitere 3 Jahre zugesichert bekommt. China Mobile
muss sich daher mit Android-Geräten behelfen.

Ja, ich weiß, die HTC-Nutzer, die Blackberry-Fans und die
Android-Programmierer haben Listen, die mehrere Seiten lang
sind, auf denen bewiesen wird, warum das iPhone von Apple
diesen Geräten letztlich unterliegen wird. Fehlende Offenheit
des Betriebssystems, großer Datenkonsum bei der
Datenübertragung, schlechte Empfangsqualität, Bevormundung
durch Apple, ... ich kenne die Argumente. Doch nicht die
technisch Versierten kaufen das iPhone, sondern die
modebewussten Menschen mit viel Geld. Das iPhone ist ein
einfach zu bedienendes Modeaccessoire. Und bis Adroid-Systeme
mit einer vergleichbaren Gewinnmarge einen vergleichbaren
Marktanteil gewinnen, ist noch ein sehr weiter Weg.

China Unicom hat also auf dem Smartphonemarkt in China die Nase
vorne, nicht China Mobile.


VERLANGSAMUNG DES WACHSTUMS

Dieses Schlagwort jagt vielen Anlegern den Schrecken in die
Glieder: Ja, China hat in den vergangenen Jahren einen
fulminanten Wachstumspfad eingeschlagen. Der Wohlstand steigt
rasant an und das Handy wird aufgrund der Größe des Landes, das
nicht vollständig mit Festnetztelefonen versorgt werden kann,
zum wichtigsten Kommunikationsmittel. 99% Chinas werden vom
Mobilfunknetz abgedeckt.

Ende 2009 hatten 747 Mio. Chinesen ein Handy. Das entspricht
56,3% der Bevölkerung. Doch allein im Jahr 2009 ist die
Kundenzahl um 106 Mio. (16,5%) angestiegen und bei dieser
Wachstumsgeschwindigkeit ist das Volk in drei bis vier Jahren
vollständig versorgt. Wo soll danach das Wachstum stattfinden?

Nun, meiner Einschätzung nach im 3G-Netz. Das datenintensive
mobile Internet wird künftig den Menschen wesentlich mehr wert
sein als zur Zeit. Noch werden die Anwendungen entwickelt, ohne
die wir uns in fünf Jahren nicht mehr vorstellen können zu
leben. Doch im mobilen Internet hat China Unicom die Nase vorn.

China Mobile hat eine andere Strategie ausgerufen: Expansion in
andere Schwellenländer. So wird derzeit ohne bestimmtes Ziel
nach Ländern gesucht, die in ihrer Entwicklung hinter China
zurück liegen und in denen China Mobile das in China
angesammelte Know-how gewinnbringend einsetzen kann. Analysten
handeln einige südamerikanische Länder, doch China Mobile will
sich dazu nicht äußern.

Ich halte das für eine gewagte Strategie. Nicht nur China
Mobile ist gut auf solche Märkte vorbereitet, sondern auch eine
ganze Reihe anderer Telco-Giganten wie beispielsweise
Telefonica, Vodafone, America Movil und viele mehr. Da wird der
Wachstumsmarkt des mobilen Internets in der Heimat dem
Wettbewerb überlassen, während man sich in der Weltmanege neue,
mächtige Gegner sucht.


STRUKTURÄNDERUNGEN AUF DEM CHINESISCHEN MOBILFUNKMARKT

Noch in weiter Ferne aber irgendwann wird es zuschlagen: In
China werden derzeit noch sowohl vom Anrufer, als auch vom
Empfänger von Gesprächen Gebühren kassiert. Ich kenne das noch
aus meiner Zeit in den USA. Das System ist in der Entstehung
verständlich, da ja auch der Empfänger die Mobilfunkantennen
nutzt. Doch Kritiker wollen dieses System mit dem Argument
abschaffen, dass Erreichbarkeit nicht schon kosten darf. Ich
halte das Argument für nachvollziehbar und denke, dass eine
Umstellung der Abrechnungssysteme auf unsere Methode nur eine
Frage der Zeit ist.

Somit wird ein Damoklesschwert über China Mobile sowie die
beiden Wettbewerber geschwungen, das laut Analysten zu einem
Einnahmeausfall führen könnte. Ich bin da anderer Ansicht:
Meiner Einschätzung nach würde eine Umstellung die Einnahmen
eher erhöhen, da sich normalerweise der Anrufer überlegt, ob er
anrufen möchte und ob es ihm das Gespräch wert ist. Beim
heutigen System in China wird der Angerufene häufig schnell das
Gesprächsende herbeiführen, um nicht ungewollt hohe Gebühren
zahlen zu müssen.

Die Gespräche würden also länger. Und der verbleibende
Einnahmeausfall wird durch eine Gebührenanpassung aufgefangen
werden können. Dieses Argument sehe ich also im Unterschied zu
anderen eher als ein positives Argument an.


BEWERTUNGSNIVEAU, BILANZ

Während der Umsatz für China Mobile im Jahr 2010 noch mit
immerhin 6% anwachsen soll, bleibt der Gewinn konstant. Im Jahr
2011 verringert sich das Umsatzwachstum auf 5% und der Gewinn
bleibt erneut konstant. Im Rahmen des Preiskampfes sollen neue
Handys künftig höher subventioniert werden, um Marktanteile zu
halten.

Die Zahlen spiegeln also meine Markteinschätzung wider: China
Mobile muss immer mehr Geld ausgeben, um zumindest ein
Schrumpfen zu verhindern. Mit 5-6% Umsatzwachstum ist das
Unternehmen sicherlich kein Wachstumsunternehmen mehr.

Entsprechend ist das Bewertungsniveau mit einem KGV von 11
niedrig. Gepaart mit der erwarteten Dividendenrendite von 3,7%
ist die Aktie aus dieser Perspektive sogar attraktiv. Ein
gesicherter Cashflow sorgt für Dividendenstabilität.


KURSVERLAUF

Das Hoch erreichte die Aktie Ende 2007, also kurz vor der
Finanzmarktkrise, bei 14 Euro. Seither ging es bis auf 6 Euro
zurück und aktuell steht die Aktie kurz unter 8 Euro. Seit dem
Jahreswechsel befindet sich die Aktie in einem Aufwärtstrend,
der weder von den Unruhen in Europa noch von den Sparmaßnahmen
in China beeinträchtigt wurde.


FAZIT

Aus Bewertungssicht ist das Kursniveau abgesichert und für
sicherheitsorientierte Anleger bietet die gute
Dividendenrendite einen guten Puffer. Für Wachstumschancen und
dadurch entstehende überproportionale Kurschancen der Aktie
würde ich jedoch China Unicom vorziehen. Das Unternehmen ist
wesentlich besser aufgestellt.


==============================================================
03. LESERFRAGE: BP
===============================================================

Ihre Fragen schicken Sie bitte an leserfragen/at/heibel-
ticker/./de. Ich werde künftig nur noch eine Leserfrage
veröffentlichen. Den Rest beantworte ich direkt. Bitte fragen
Sie mich nur zu Unternehmen mit einem Marktwert von mindestens
100 Mio. Euro bzw. USD.

=================

FRAGE:


Hallo Herr Heibel,

für einige Anleger, auch mich, haben Sie sich zu plötzlich aus
BP verabschiedet. Bitte behalten Sie diese Aktie dennoch im
Auge. Für mich war Ihre Kaufargumentation sehr überzeugend und
wird es mit sinkenden Kursen immer mehr. Auch hoffe ich auf die
Entlastungsbohrung im August.

Mit freundlichen Grüßen, Arno aus Glückstadt/Unterelbe


ANTWORT:

Nein, das tut mir leid: Die Rahmenbedingungen für BP haben sich
in den vergangenen Wochen drastisch verschlechtert. Inzwischen
hat BP eine Reihe von Öl- und Gasprojekten in Südamerika und
Vietnam zum Verkauf gestellt, um mit erwarteten Einnahmen von
10 Mrd. Euro die Opfer der Ölkatastrophe entschädigen zu
können. Die Kosten sind bislang auf 2,5 Mrd. Euro angestiegen.
Die Dimension der Katastrophe übersteigt das, was man am Beginn
befürchtet hatte.

Darüber hinaus ist BP inzwischen Spielball der Politik: Die
USA werden harte Sanktionen verhängen, die BP ggfls. in die
Insolvenz treiben könnten. Großbritannien lässt inzwischen die
Folgen einer BP-Pleite für das eigene Land prüfen.

Bevor das Leck nicht endlich unter Kontrolle gebracht wurde,
kann nicht offen über mögliche Sanktionen gesprochen werden.
Und bevor die möglichen Sanktionen nicht bekannt sind, kann
keine Neubewertung der Aktie erfolgen. Es ist daher in meinen
Augen derzeit noch viel zu früh für eine Neubewertung, die
Aktie ist zum Spielball von Zockern geworden.

==============================================================

Eine erfolgreiche Börsenwoche,
take share

Stephan Heibel
http://heibel-ticker.de


mailto:info/at/heibel-ticker/./de

==============================================================
04. DISCLAIMER / HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND RISIKOHINWEISE
==============================================================

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen
nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte
un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf
setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn
belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für
Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber
nach unseren Anlageideen. Dennoch müssen wir jegliche
Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung
der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.

Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung
wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine
Anlageempfehlungen dar.

Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln.
Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit
entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen
werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über
die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer
Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen
Vermögensverwalter konsultieren.

Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt
auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse
beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum
Totalverlust des eingesetzten Kapitals.


==============================================================
05. AN-/ABMELDUNG
==============================================================


Ihre eMail Adresse oder Adressdaten ändern Sie bitte mit
Ihrer bestehenden eMail Adresse und Ihrem Passwort unter

http://www.heibel-ticker.de

oder senden Sie uns einfach eine entsprechende eMail an:

verwaltung/at/heibel-ticker/./de



==============================================================
Heibel-Ticker Ende
==============================================================
(-;______________________________________________;-)