Heibel-Ticker PLUS 25/33 - Künstliche Intelligenz, Geldpolitik und Goldfieber: Drei Kräfte, die die Märkte gerade neu sortieren

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Heibel-Ticker PLUS Börsenbrief

- Einfach einen Tick besser -

20. Jahrgang - Ausgabe 33 (15.08.2025)




Im heutigen Börsenbrief lesen Sie:

1.Info-Kicker: Künstliche Intelligenz, Geldpolitik und Goldfieber: Drei Kräfte, die die Märkte gerade neu sortieren
2.So tickt die Börse: SAP Kurseinbruch: Token und API-Nutzung statt Nutzerlizenzen
 - Wochenperformance der wichtigsten Indizes
3.Sentiment: Neutrale Sommerstimmung bietet Möglichkeit, unbeschwert auf Politik zu reagieren
 - Interpretation
4.Ausblick: Aktuelle Einschätzungen zu unserem Heibel-Ticker Portfolio
5.Update beobachteter Werte: PVA Tepla, Medios, Nvidia, Salesforce, CEWE, Yamaha Corp., Coterra Energy
 - PVA Tepla: Rosige Zukunft macht schwache Q-Zahlen erträglich
 - Medios: Starke Halbjahreszahlen, günstige Bewertung: Hoffnung auf Kursausbruch
 - Nvidia: 15% auf China-Chips
 - Salesforce: KI frisst Büroangestellte: Der SaaS-Pionier muss um seine Zukunft kämpfen
 - CEWE: Solides Wachstum mit hochqualitativen Fotobüchern, Jahresziele bestätigt
 - Yamaha Corp.: Kauflimit 5,70 EUR erreicht nach Bessent-Kommentar zu Yen
 - Coterra Energy: Verkaufen, Aufgabe als Absicherung obsolet
6.Leserfragen
7.Übersicht HT-Portfolio
8.Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise
9.Mitgliedschaft verwalten



1. Info-Kicker: Künstliche Intelligenz, Geldpolitik und Goldfieber: Drei Kräfte, die die Märkte gerade neu sortieren



Liebe Börsenfreunde,

Der Kursrutsch von SAP um 8% – der heftigste seit Jahren – wurde ausgelöst durch einen Analystenbericht von Melius Research, der die fundamentale Bedrohung des SAP-Geschäftsmodells durch KI-Agenten aufzeigt. Nicht nur SAP, sondern auch Salesforce, Adobe, ServiceNow oder Palo Alto werden Probleme bekommen. Die Geschichte zeigt: Von Mainframe über Client-Server bis zur Cloud wurde Software immer flexibler und zugänglicher – heute sind SaaS-Modelle zwar noch Standard, aber durch KI massiv unter Druck. Wer wie Palantir bereits nutzungsbasiert abrechnet, profitiert. In Kapitel 2 zeige ich diese Entwicklung detailliert auf.

Diese Woche trieben niedrige Inflationsdaten aus den USA die Hoffnung auf eine baldige Zinssenkung durch die Fed – und damit die Kurse: DAX, S&P 500 und Nikkei legten kräftig zu. Doch kurz vor dem mit Spannung erwarteten Alaska-Treffen zwischen Trump und Putin überwogen Gewinnmitnahmen. Die Stimmung der deutschen Anleger ist entspannt und konstruktiv. In den USA zeigt sich ein gemischtes Bild: institutionelle Anleger bleiben gelassen, Privatanleger sind auffallend pessimistisch. Auffällig ist der Optimismus am Goldmarkt. in Kapitel 3 interpretiere ich diese Stimmungslage für Sie.

Im heutigen Ausblick in Kapitel 4 nehme ich zu einer ganzen Reihe von aktuellen Tagesmeldungen kurz Stellung: In diesen unruhigen Sommertagen kursieren zahlreiche Gerüchte – etwa über angebliche Fertigungsprobleme bei Nvidias neuer KI-GPU-Generation Vera Rubin. Gleichzeitig steigt die Erwartung auf eine Zinssenkung der Fed im September stark an – ein Rückenwind für Aktien wie Home Depot und Capital One. Der Ausbau der KI-Infrastruktur läuft weiter auf Hochtouren, wobei zunehmend nicht mehr die Chips, sondern die Energieversorgung zum Flaschenhals wird. Im Pharmasektor sorgt Eli Lilly mit massiven Insiderkäufen – unter anderem vom CEO – für eine Gegenbewegung. Das spricht für Vertrauen in die langfristige Entwicklung des Abnehm-Marktes. Bei CoreWeave etwa brach der Kurs nach den guten Quartalszahlen diese Woche um 33% ein, Grund ist das anstehende Ende der Lock-Up-Periode. Und auch bei Amazon zeigt sich, dass selbst starke Q-Zahlen und hohe KI-Investitionen nicht vor Kritik schützen – die Performance der hauseigenen Chips bleibt noch hinter der Konkurrenz zurück.

Die Updates dieser Woche in Kapitel 5 betreffen eine Reihe von Quartalszahlen (PVA Tepla, Medios, Cewe) sowie auch Transaktionsempfehlungen (Nachkauf, Verkauf). Außerdem ordne ich die 15%ige Abgabe Nvidia an den US-Staat auf Chips ein, die nach China verkauft werden sollen. Insgesamt habe ich diese Woche trotz Sommerhitze 7 Updates verfasst, die Sie nicht verpassen sollten :-).

Die heutigen Leserfragen behandeln Themen rund um ThyssenKrupp, Mondine Manufacturing sowie eine ams-Osram-Anleihe. Außerdem gehe ich der Frage nach, ob ETFs die Märkte oder einzelne Aktien bewegen und was hinter den Begriff "stark investiert" der Sentiment-Theorie steckt.

Wie immer gibt es eine tabellarische Übersicht über unser Heibel-Ticker Portfolio in Kapitel 7.

Nun wünsche ich eine anregende Lektüre,

heibel

take share, Ihr Börsenschreibel

Stephan Heibel

Chefredakteur und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefs




2. So tickt die Börse: SAP Kurseinbruch: Token und API-Nutzung statt Nutzerlizenzen



Am Dienstag dieser Woche brach der Kurs von SAP zwischenzeitlich um 8% ein. Es handelt sich um den heftigsten Kurseinbruch bei SAP der vergangenen Jahre. Dahinter steckt ein Bericht eines Analystenhauses, der eine angelaufene Entwicklung mit einem Schlag für alle transparent macht.

Seit Jahren werden Softwareentwickler als die Könige bezeichnet, sie sind ein erfolgskritischer Faktor in jedem Unternehmen. Das könnte sich künftig mit der Künstlichen Intelligenz ändern. Analysten von Melius Research haben diese Woche nicht nur Adobe auf „Verkaufen” herabgestuft, sondern den Blick auf die gesamte Software-Branche gelenkt. Unsere Portfoliotitel Salesforce und Palo Alto stehen dabei ebenfalls im Scheinwerferlicht, aber auch der deutsche Branchenprimus SAP. Die These: Generative und agentenbasierte KI könnte das Geschäftsmodell der Software-as-a-Service-Anbieter (SaaS) strukturell untergraben.

Schauen wir kurz auf die Software-Geschichte: In den 1970er und 1980er Jahren dominierten Mainframe-Lösungen, die nach der Anzahl Installationen abgerechnet wurden. In der Preisgestaltung gab es auch bereits die Komponente der Systemkapazität, mit der man die Software nutzen konnte.

In den 1990er Jahren folgte der Siegeszug der Client-Server Software, ich schrieb meine Diplomarbeit genau über dieses Thema. Die zuvor extrem aufwendige und individuelle Installation auf Mainframe-Systemen wurde durch standardisierte Installationsprozesse abgelöst, Plug-and-Play. Dank der gestiegenen Rechenleistung von Personal Computern konnte umfangreiche Software nun auf den Endgeräten installiert werden. IBM schaffte den Sprung nicht, doch andere Softwareunternehmen feierten Erfolge, da nunmehr ein Vielfaches an Lizenzen verkauft werden konnte. Allen voran profitierte die WinTel-Allianz: Windows (Microsoft)-Software und Intel-Hardware, aber auch Dell, Hewlett Packard und Apple feierten in dieser Zeit ihre Erfolge.

In den 2000ern und 2010er Jahren folgte die Cloud: Die immer häufiger erforderlich werdenden Updates überforderten die Kunden, denn bei jedem Update treten neue Probleme auf, deren teils einfache Lösung den Kunden häufig überforderte. Die Rückführung der Software in die Cloud wird aufgrund der gestiegenen Netzwerkgeschwindigkeit, inklusive des Mobilfunknetzes, möglich. Das Softwareunternehmen hält die Software in der Cloud mit Updates aktuell, der Kunde spürt die Updates kaum. Berechnet wird weiterhin eine Lizenzgebühr je Nutzer. Amazon betrat in dieser Zeit plötzlich die Bühne der Software-Entwicklung mit seiner Cloud Azure, Microsoft schaffte den Sprung zurück mit OneDrive, Google punktete mit GoogleDrive und Apple erschuf die iCloud.

In der jüngeren Vergangenheit folgt nun das SaaS-System. War die Cloud noch im Wesentlichen für die Datenspeicherung konzipiert, also Dateien wie Photos, Videos und Dokumente, die für alle im Zugriff sein sollten, so ist SaaS nun tatsächlich die Software, die in der Cloud läuft. Berechnet wird eine Lizenz je Nutzer, wobei das Modell ermöglicht, die Nutzerzahl monatlich neu zu ermitteln, ohne sich für ein Jahr im Voraus auf eine bestimmte Zahl festzulegen. Eine flexible Abrechnungsmöglichkeit, die dem Kunden die Entscheidung erleichtert, für weitere Mitarbeiter Lizenzen zu erwerben, da diese auch schnell wieder gekündigt werden können. SAP und Palo Alto rechnen so ab, aber auch Salesforce, ServiceNow, Adobe, ...

Und in diese Softwarewelt stößt nun der KI-Agent. Während der Mitarbeiter, der mit einer Lizenz arbeitet, morgens nach der obligatorischen Tasse Kaffee ins System schaut, viel Zeit für das Lesen von Informationen benötigt, Mittagspause macht und abends den Griffel fallen lässt, in der Nacht sogar schläft und, ich traue es mich gar nicht zu sagen, manchmal sogar Urlaub macht, arbeitet ein KI-Agent mit der gleichen Lizenz 24/7/365. Kein Schlaf, kein Urlaub, kein Träumen am Arbeitsplatz, kein Telefonat mit dem/ der Ehepartner/in.

Nehmen Sie zunächst mal standardisierte Arbeitsabläufe beispielsweise im Bereich der Buchhaltung, im Personalwesen oder in der Kundenpflege. Ich möchte gar nicht ausrechnen, ob ein KI-Agent bei großen Unternehmen 2, 20 oder 200 Mitarbeiter ersetzen kann. In jedem Fall werden Unternehmen dieses Einsparpotential nutzen ... und folglich weniger Nutzer bei Softwareunternehmen anmelden, die ihre Leistung als SaaS anbieten.

Laut Melius Research ist in der Tech-Branche bereits zu beobachten, dass die operativen Kosten im Verhältnis zum Umsatz sinken, weil Firmen ihre Belegschaft verkleinern und dadurch SaaS-Ausgaben reduzieren.

Alex Karp, CEO von Palantir, sagte bei der Vorlage der Q-Zahlen vor zwei Wochen über die KI: „This is a crazy, efficient revolution. The goal is to get 10x revenue and have 3,600 people. We have now 4,100.” Er möchte den Umsatz seines Unternehmens verzehnfachen und in diesem Zeitraum die Mitarbeiterzahl um 10% senken. Dieser Spar- und Effizienzfokus könnte sich als branchenweiter Dominoeffekt entpuppen.

SAP und Salesforce stehen dabei in einer ambivalenten Position: Einerseits sind sie die Paradebeispiele für ein Nutzer-basiertes SaaS-Modell, andererseits investieren sie massiv in eigene KI-Angebote wie Agentforce (Saleforce) oder Joule (SAP). Ziel ist es, den Kunden nicht nur CRM-Funktionalität, sondern auch KI-gesteuerte Agenten anzubieten, die eigenständig Aufgaben übernehmen und so eine neue, KI-orientierte Umsatzquelle zu erschließen. Im Bereich der Unternehmenssoftware (ERP), wo die Wechselträgheit der Kunden sehr hoch ist und Kundenbeziehungen stabil sind, könnte das einen Puffer für Salesforce und SAP bieten. Doch die Frage bleibt: Kann der Softwareanbieter schnell genug in die Rolle des Disruptors wechseln, bevor er selbst Opfer der Disruption wird, so wie es Microsoft beim Wechsel auf die Cloud gelang?

Wer mutig umsteuert, kann auf der nächsten Welle mitreiten. Microsoft und übrigens auch Amazon profitieren heute, weil ihre Cloud-Infrastruktur der KI-Boomphase das Rückgrat liefert.

Künftig wird die Nutzung von Software nicht mehr per Lizenz oder Nutzer abgerechnet werden. Künftig wird die Nutzung der Software abgerechnet, sei es die API-Nutzung (Zugriff auf die Software über eine definierte Schnittstelle), sei es durch Token, wie in der KI-Welt bereits üblich. Softwarefirmen haben jedoch langfristige Verträge mit ihren Kunden abgeschlossen. Eine Umstellung der Abrechnungsmethode wird nicht von heute auf morgen erfolgen können. Es wird, wie auch in der Vergangenheit bei solchen Änderungen, eine Umstellungsphase geben, in der die Softwareunternehmen alte Umsätze verlieren und neue gewinnen. Nach Abschluss der Umstellung wird sich das Geschäft wieder stabilisieren. Je früher ein Unternehmen diesen Wandel angeht, desto früher ist der Umstieg abgeschlossen. Doch bislang ist davon noch wenig in Sicht und daher fürchten Anleger, dass Softwareunternehmen zunächst einmal unter dem Wandel leiden werden: Weniger Mitarbeiter bei den Kunden führen zu weniger Lizenzeinnahmen bei gleichzeitig höherer Nutzung der SaaS-Angebote durch KI-Agenten.

Solange dieser Wandel nicht ausreichend in der Preisliste der Softwareunternehmen abgebildet wird, dürften deren Aktien bei Anlegern mit einem Risikovermerk versehen werden und dadurch nicht mehr die hohen Bewertungs-Multiples der Vergangenheit erreichen.

Und wie sieht's aus, wenn der Umstieg gelungen ist? Nun, schauen Sie sich doch bitte mal Palantir an. Das Unternehmen rechnet seine Leistung bereits nach Datenvolumen, Komplexität der Nutzung, API-Nutzung sowie Rechenleistung und Zugriffshäufigkeit auf bestimmte Funktionen ab. Je intensiver der Kunde die Software nutzt, egal ob durch Mitarbeiter oder durch KI-Agenten, um so mehr verdient Palantir. Der Umsatz soll im laufenden Jahr um 45% wachsen, der Gewinn um 230%. Die Aktie wird mit dem 100-fachen Jahresumsatz bewertet, das KGV steht bei 586. Zum Vergleich: SAP wächst mit 9%, der Gewinn mit immerhin 30%. Die Aktie wird mit dem 8-fachen Jahresumsatz bewertet, das KGV steht bei 42.

Die Gewinndynamik spricht jedoch für Palantir, denn dort heben Analysten die Gewinnerwartung kontinuierlich an, während sie bei SAP kontinuierlich gesenkt wird. Solange diese Entwicklung in dieser Form anhält, dürfte Palantir weiterlaufen und SAP nicht vom Fleck kommen.

Wochenperformance der wichtigsten Indizes




INDIZES15.8., 18:27 UhrWoche ΔΣ '25 Δ
DAX24.359 0,9%22,4%
S&P 5006.453 1,5%9,2%
Nikkei43.378 3,7%8,7%
Shanghai A 4.202 2,4%6,8%
Euro/US-Dollar1,170,5%12,4%
Euro/Yen172,15-0,1%5,8%
10-Jahres-US-Anleihe4,32%0,04-0,19
Umlaufrendite Dt2,61%0,090,30
Feinunze Gold$3.338 -1,8%27,6%
Fass Brent Öl$66,12 -1,1%-11,2%
Kupfer$9.766 0,8%9,6%
Baltic Dry Shipping$2.039 1,5%104,5%
Bitcoin$117.205 0,3%25,0%








3. Sentiment: Neutrale Sommerstimmung bietet Möglichkeit, unbeschwert auf Politik zu reagieren



Umfrage Diese Woche befeuerten niedrige Inflationsdaten aus den USA die Hoffnung auf eine baldige Zinssenkung durch US-Notenbankchef Jay Powell. In Europa und in Japan hingegen zeigt sich die Konjunktur überraschend robust trotz des Zollstreits. So legten alle wichtigen Börsenindizes im Wochenvergleich kräftig zu: der DAX um 0,8%, der S&P 500 um 1,5% und der Nikkei 225 um 3,7%.

Zum Ende der Woche, und damit kurz vor dem nach Börsenschluss stattfindenden Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska, dominieren Gewinnmitnahmen das Marktgeschehen: Zu groß ist die Unsicherheit, als dass man die erzielten Wochengewinne über das Wochenende wieder abzugeben riskieren möchte.

Der DAX notiert nahe seinem Allzeithoch. Entsprechend ist die Laune der Anleger gut. Unser Anlegersentiment klettert diese Woche von 1,1 in der Vorwoche auf 2,2. Die Selbstzufriedenheit steigt auf 2,1. Damit signalisieren beide Gegenwarts-Indikatoren eine entspannt positive Grundhaltung der Anleger in Deutschland.

Die Zukunftserwartung steigt auf einen Jahreshöchstwert von 1,4 an. Zwar dominieren die Bullen, aber historisch betrachtet war das erste Halbjahr 2025 dominiert von einer extrem untypisch pessimistischen Erwartungshaltung, so dass der Anstieg auf nunmehr 1,4 eher als Normalisierung betrachtet werden muss - endlich.

Die Investitionsbereitschaft ist von 1,5 in der Vorwoche auf 0,5 zurückgegangen, was wiederum ein Ausdruck dessen ist, dass viele Anleger den Rücksetzer am Aktienmarkt vor zwei Wochen wohl zum Einstieg genutzt haben.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger fällt auf -35% und signalisiert ein gestiegenes Absicherungsverhalten gegen fallende Kurse. Das DAX-Put/Call-Verhältnis von institutionellen Anlegern liegt weiterhin bei 1,85 und somit im eher niedrigen Bereich, verglichen mit den Vormonaten. Institutionelle Anleger sehen offensichtlich derzeit keinen besonderen Absicherungsbedarf gegen fallende Kurse.

In den USA springt das Put/Call-Verhältnis für die Aktienmärkte zum Ende der Woche kräftig auf 0,75 an und signalisiert starke Absicherungskäufe der US-Anleger.

US-Fondsanleger senkten ihre Investitionsquote von 96% in der Vorwoche auf nunmehr 86%. Auch hier zieht offensichtlich eine gewisse Vorsicht vor dem Alaska-Treffen ein.

Die Bulle/Bär-Differenz der US-Privatanleger liegt bei -16%punkten: Das Bärenlager wuchs auf 46% an, während sich das Bullenlager auf 30% leerte. Unter den US-Privatanlegern dominiert also ganz klar der Pessimismus.

Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 64% moderate Gier unter US-Anlegern an.

Interpretation



*** Sentiment Interpretation wird Teil des Heibel-Ticker PLUS ***

Die Sentiment-Analyse basiert auf dem Prinzip "Geben & Nehmen": Ab September werden wir lediglich den ersten Teil des Kapitels, die deskriptive Auflistung der Umfrageergebnisse, im Heibel-Ticker Free belassen.

In den vergangenen Monaten haben wir die Sentimentauswertung inhaltlich und methodisch deutlich weiterentwickelt – und wir werden sie auch künftig kontinuierlich optimieren. Ziel ist es, Ihnen noch präzisere Hinweise für das Timing Ihrer Anlageentscheidungen zu liefern und die Portfolioentwicklung systematisch zu verbessern.

Um diesen Service auch künftig kostendeckend anbieten zu können, integrieren wir die Interpretation daher künftig in den Heibel-Ticker PLUS. Sie können aber auch weiterhin kostenfrei von der Sentiment-Interpretation profitieren – als Gegenleistung bitten wir Sie dann um Ihre Teilnahme an der wöchentlichen, rund 2 Minuten dauernden Umfrage auf unserer Plattform animusX.

*** ENDE DES HINWEISES IN EIGENER SACHE ***

Neutral Ich würde die Sentimentverfassung sowohl in den USA als auch bei uns in Deutschland als neutral bezeichnen. Zwar gibt es punktuell Meinungsverschiedenheiten zwischen institutionellen Anlegern und privaten, doch die Meinungen sind nicht extrem. Vielmehr sind es Nuancen, die in den Sommerwochen durchaus aufgrund des Konsums unterschiedlicher Nachrichten vorübergehend auftreten können.

Damit gibt es keinen Schiefstand, der im Falle der einen oder anderen Entscheidung in Alaska gegebenenfalls zu hektischen Korrekturen zwischen würde. Im Gegenteil: Die Sentimentverfassung ist eher abwartend und Anleger sind in der Lage, auf eventuelle Überraschungen entsprechend zu reagieren.

Gold Eine bemerkenswerte Sentiment-Verfassung zeigen Anleger am Goldmarkt. Insbesondere institutionelle Anleger sind extrem bullisch gestimmt. So bullisch wie erst 6 Mal in den vergangenen 20 Jahren. Fünfmal davon stand der Goldpreis 6 Monate später höher, im Durchschnitt um 10,7%. Nur einmal folgten leicht niedrigere Kurse um -2%.

Weder in den USA noch in Europa sind nennenswerte Anstrengungen zu erkennen, die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Gold sowie auch der Bitcoin, der auch nah an seinen Allzeithochs notiert, profitieren von einer hohen Verschuldung der Staatskasse. Doch beide Vermögenswerte sind bereits stark angestiegen und haben damit einen großen Teil der Auswirkungen der hohen Staatsverschuldung bereits vorweg genommen.

Feier Entsprechend gut ist auch die aktuelle Stimmung unter institutionellen Goldanlegern: Sie ist so gut wie nur dreimal in den vergangenen 20 Jahren. Und jedes Mal folgten weitere Kursgewinne im Goldpreis, durchschnittlich legte er um 16,9% zu. Partylaune! Und gute Partys gehen in der Regel länger als gedacht.

Befinden wir uns also mitten in einer Goldhausse, die nun langsam in die Übertreibungsphase einbiegt? Wie weit kann die Goldrallye noch gehen? Oder droht schon bald das böse Erwachen, die Katerstimmung, wie nach jeder Party, die man nicht rechtzeitig verlassen hat? Sollte man gehen, wenn's am schönsten ist?

In jedem Fall lohnt es sich, die politischen Entwicklungen, die zur Goldpreishausse führen, im Auge zu behalten. Wer noch nicht in Gold investiert ist, für den ist es noch nicht zu spät, eine vorsichtige erste Position einzugehen. Wer schon investiert ist, kann vorerst weiterfeiern, sollte aber ein Auge auf die Politik haben.



4. Ausblick: Aktuelle Einschätzungen zu unserem Heibel-Ticker Portfolio



Da kursieren ziemlich viele Gerüchte in diesen Sommertagen. Nvidia soll bei der Auslieferung der neuen KI-GPU Generation Vera Rubin Fertigungsprobleme haben, so das Gerücht, und der Kurs von AMD springt an, während Nvidia Federn lässt. Seitens Nvidia ist schnell zu hören, dass an diesen Gerüchten nichts dran ist.

Ich habe Ihnen ja bereits erklärt, dass damit auch nicht zu rechnen ist, weil die Fertigung der von Blackwell, dem Vorgängermodell, gleich ist. Bei Blackwell gab es tatsächlich solche Probleme, die aber längst behoben sind. Das Gerücht ist in meinen Augen eine Marktmanipulation, mit der Nvidia-Aktionäre verunsichert werden sollen. Lasen Sie sich nicht beirren.

Die Erwartung an eine Zinssenkung im September durch die US-Notenbank ist diese Woche auf eine Wahrscheinlichkeit von 94% gesprungen, zuvor lag die Wahrscheinlichkeit in den 70ern. Sinkende Zinsen sind gut für Home Depot und Capital One. Deren Aktien konnten diese Woche leicht zulegen. Natürlich wird das nicht linear ablaufen, aber im Verlauf der kommenden Monate gehe ich eher von sinkenden Zinsen in den USA aus, daher diese Spekulationen.

Der Ausbau der KI-Rechenzentren geht unvermindert weiter. Die Q-Zahlen von Coreweave zeigten, dass die Nachfrage noch immer das Angebot bei weitem übersteigt. Inzwischen sind nicht mal mehr die Nvidia-Chips der begrenzende Faktor, sondern die benötigte Energie: Wo gibt es Standorte, die mit überschaubarem Aufwand ausreichend Energie anbieten können? Oslo, ein Anbieter von modularen Atomreaktoren, hat sich seit April vervierfacht. Und endlich springt auch Dell an, unsere Wette auf den Ausbau der KI-Infrastruktur.

Eli Lilly veröffentlichte vor zwei Wochen schwache Studienergebnisse zur Abnehmpille. Die Aktie brach ein, die Aktie von Novo Nordisk sprang an. Im Markt wurde diskutiert, dass die Abnehmspritzen und -pillen vielleicht doch nicht das Versprechen halten, das in den vergangenen Jahren herumgereicht wurde: Massive Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung durch weniger Übergewichtige.

Zumindest das Management von Eli Lilly glaubt nach wie vor an diese Möglichkeit. Selten gibt es so massive Insiderkäufe in einem Unternehmen, wie wir es diese Woche bei Eli Lilly gesehen haben: Vorstand, Aufsichtsrat und auch weitere Mitglieder des Managements kauften kräftig zu. Allein CEO David Ricks setzte 1 Mio. USD seines privaten Kapitals dafür ein.

Sie wissen ja: Insidertransaktionen, insbesondere Insiderverkäufe, können stets aus vielfältigen Gründen erfolgen und sind daher kein verlässliches Zeichen. Doch ein so massiver Kauf, und 1 Mio. USD sind auch bei reichen CEOs nennenswert, wird nur dann getätigt, wenn man überzeugt von einem künftig höheren Aktienkurs ist. Niemand zwingt den CEO, zusätzlich zu seiner Arbeit so viel Geld in das eigene Unternehmen zu stecken. Er tut dies aus Überzeugung.

Ich werte dies als positiv für die Abnehm-Branche, also auch für unsere Novo Nordisk.

Bei Holcim warten wir noch immer auf eine Gelegenheit, unsere halbe Dividendenposition voll zu machen: Doch die Aktie ist seit der Abspaltung des US-Geschäfts kräftig angestiegen. Hilfreich ist sicherlich auch die Spekulation über mögliche Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg, denn danach wird der Wiederaufbau viel Beton erfordern. Hmm, auf dem aktuellen Kursniveau möchte ich aber nicht nachkaufen, sondern erst einmal die weiteren Entwicklungen abwarten.

Nach dem Nachkauf von Yamaha und dem Verkauf von Coterra in dieser Woche liegt unsere Cashquote bei 9,4%. Ich denke, wir können ein wenig mehr Spekulation in den derzeit angesagten Themen vertragen: Krypto und KI. In diesem Bereich gab es in den vergangenen Monaten einige IPOs, deren Aktien in den Himmel geschossen sind. Erste Ermüdungserscheinungen sind erkennbar, bspw. läuft die Lock-Up Periode bei Coreweave heute aus.

Lock-Up ist eine Periode, Wochen oder Monate, auf die sich die Insider des Unternehmens im Rahmen des Börsengangs verpflichten, und währenddessen keine eigenen Aktien verkauft werden dürfen. Normalerweise werden im Rahmen des Börsengangs nur etwa 1% aller Aktien "in den Markt" gegeben, die restlichen 90% verbleiben bei den Insidern, Gründungsmitgliedern und anderen Großinvestoren. Der Börsengang ist jedoch dazu gedacht, mehr Aktien in den freien Handel zu geben. Damit am Anfang "der Markt" nicht überfordert wird, also nicht mehr Aktien angeboten als in kurzer Zeit gekauft werden, gibt es die Lock-Up Perioden, auf die sich Anleger verlassen können.

Laufen diese Lock-Up Perioden aus, so kommt eine neue Welle von Insideraktien an den Markt, die neue Abnehmer suchen. Geht das "Momentum" in der Aktie verloren, so bricht der Kurs häufig unter diesem neuen Angebot ein.

Bei Coreweave war es nun so, dass am Dienstag Quartalszahlen veröffentlicht wurden. Diese waren super. Wie oben gesagt: Die Geschwindigkeit des Ausbaus von KI-Rechenzentren limitiert derzeit nur die verfügbare Energieversorgung, nicht die Nachfrage. Dennoch brach der Kurs der Aktie anschließend ein, diese Woche um insgesamt 33%.

Coreweave ging im März zu 36 USD an die Börse, klopfte nach drei Monaten bei 180 USD an (Verfünffachung, also +400%), und fällt seither zurück auf nunmehr 100 USD. Ich schaue mir den Kursverfall entspannt an. Es wird schon seinen Grund gehabt haben, warum sich Coreweave mit den Banken für einen Emissionspreis von 36 USD geeinigt hat. Seither ist viel Positives passiert. Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass die Aktie nie wieder unter den Emissionspreis fallen wird. Doch dass sich der Unternehmenswert innerhalb von fünf Monaten mehr als verdoppelt haben soll, das ist für mich schwer nachvollziehbar.

Wenn wir schonmal beim Rundumschlag sind: Amazon wurde nach den Q-Zahlen zum Monatswechsel um 10% ausverkauft. Das Cloud-Geschäft wächst mit 36% nicht so schnell wie das Cloud-Geschäft der Wettbewerber Alphabet und Microsoft. Unter vorgehaltener Hand wird nun alles von Amazon in Frage gestellt, so auch die KI-Strategie. Amazon hat wie kein zweites Unternehmen in die Entwicklung eigener KI-Chips investiert. Doch die Amazon-KI kommt nicht an die Leistung von OpenAI, Meta, Perplexity oder Grok heran, was Analysten dazu veranlasst, von einer gescheiterten KI-Strategie zu sprechen.

Ich sehe das etwas differenzierter: Zum einen investiert Amazon in ein Stück Unabhängigkeit für die Zukunft, wenn man diesen Zukunftsbereich selbst mitentwickelt. Da wäre es überraschend, wenn das Unternehmen so schnell wettbewerbsfähige KI-GPUs zu Nvidia und AMD entwickeln könnte. Aber Amazon hat die finanzielle Kraft, dieses Projekt zum Erfolg zu führen. Insbesondere für das Inferencing, also für das Bedienen von Kundenanfragen an eine trainierte KI, werden die Amazon-Chips irgendwann gut genug sein.

Aber es zeigt sich auch, dass an Nvidia-Chips noch immer kein Weg vorbei führt. Nach wie vor geraten alle, die keinen Zugriff darauf erhalten, ins Hintertreffen. So übrigens auch die chinesische DeepSeek, die mangels H20-GPUs von Nvidia auf KI-GPUs von Huawei zurückgreifen müssen. Diese Woche wird berichtet, dass DeepSeek massive Probleme mit den Huawei-Chips hat und nun wieder zurück zu Nvidia H20-Chips möchte.

Da kann China noch so laut rufen, dass man die eigenen, chinesischen Chips bevorzugen solle, weil Nvidia-Chips nicht "sicher" seien, oder was weiß ich, was für an den Haaren herbeigezogene Gründe da publiziert werden. Auch China kommt nicht an Nvidia-Chips vorbei.

Soweit aus der Hüfte geschossen ein kleiner Überblick darüber, was ich diese Woche aufgeschnappt habe. Tiefergehende Analysen lesen Sie natürlich im Rahmen meiner Updates zu den Unternehmenszahlen im nächsten Kapitel.



5. Update beobachteter Werte: PVA Tepla, Medios, Nvidia, Salesforce, CEWE, Yamaha Corp., Coterra Energy



Im Wochenverlauf habe ich Updates zu unseren Portfolio-Titeln verfasst. Diese erhalten Sie nachfolgend zusammen aufgeführt.

Die Updates finden Sie generell jeweils nach der Veröffentlichung verfügbar unter Heibel-Ticker -> Portfolio -> 10 neueste Einträge und mit der Express-Funktion erhalten Sie die Updates direkt unterwöchig per E-Mail und SMS.

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PVA Tepla: Rosige Zukunft macht schwache Q-Zahlen erträglich



Mi, 13. August um 11:07 Uhr
Heute früh veröffentlichte PVA Tepla Quartalszahlen, die deutlich hinter den Erwartungen blieben: Der Umsatz bricht um 12% auf 61 Mio. EUR ein und liegt um 6% unter den Erwartungen der Analysten. Der Gewinn (EBITDA) bricht um 30% auf 6,8 Mio. EUR ein und liegt um 19% unter den Erwartungen. Die Unternehmensprognose für das laufende Jahr wurde nun jedoch auf den unteren Bereich der Prognosebandbreite konkretisiert.

Die Vergangenheit interessiert nicht, immerhin war bekannt, dass PVA Tepla sich im Umbruch befindet und insbesondere bei Maschinenbauern wie PVA Tepla ist eigentlich die Entwicklung des Auftragseingangs der dominierende Kursfaktor. Und der Auftragseingang ist gegenüber dem Vorjahr um 43% angesprungen.

PVA Tepla forciert den Ausbau der Metrologie (Messtechnik, Qualitätskontrolle), die deutlich weniger zyklisch ist, gegenüber dem früheren Umsatztreiber im Bereich der Fertigungsmaschinen für die Halbleiterbranche. Die hohen Investitionen in den Umbau des Geschäfts sollen sich künftig auszahlen, der hohe Auftragseingang ist ein erstes Zeichen für den Erfolg der Strategie.

Ich habe die Q-Zahlen heute früh gesehen und natürlich schaue ich, wie die Aktie darauf reagiert. Vorbörslich brach die Aktie um 10% deutlich unter 18 Euro ein. Mist, dachte ich mir, dabei war doch zuvor bekannt, dass die Quartalszahlen schwach werden. Obwohl Analystenschätzungen deutlich höher lagen als das tatsächliche Ergebnis, so kursierten doch im Vorfeld die Einschätzungen darüber, dass PVA Tepla diese Schätzungen verfehlen werde. Der Zollstreit führt zu Zurückhaltung in der Industrie, Unternehmen beeilen sich nicht mit dem Abrufen von bestellter Ware. Die gesamte Industrie befindet sich seit einigen Monaten in Sachen Investitionen in einem Lähmungszustand, da man den Ausgang des Zollstreits nicht abschätzen kann. Niemand möchte kurz vor einer Rezession hohe Investitionen tätigen.

Das habe ich übrigens auch gestern im Analystencall von Nynomic gehört, ein Unternehmen, das wir früher mal im Portfolio hatten. Auch Nynomic berichtet von einer starken Zurückhaltung der Kunden, die sogar mit der Auftragsvergabe extrem vorsichtig seien: Wurden früher standardmäßig Aufträge mit 2 Jahren Laufzeit vergeben, so würden derzeit lediglich sehr kurzfristig Quartalsaufträge in letzter Minute platziert. Das Problem von PVA Tepla scheint also eher ein Branchenproblem zu sein und nicht unternehmensspezifisch.

Der hohe Auftragseingang von PVA Tepla (im Unterschied zu Nynomic) zeigt jedoch, dass CEO Jalin Ketter gut mit der Situation umgeht. Auch PVA Tepla berichtet von einer Käuferzurückhaltung und von Projektverschiebungen, rechnet jedoch für die zweite Jahreshälfte mit einer deutlichen Besserung und hält daher an der Unternehmensprognose fest.

Ich habe mir mal die Kursentwicklung neben die Nachrichten gelegt: Irgendwie habe ich den Eindruck, die Kursentwicklung bestimmt die Meldung.

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Abbildung 1: PVA Tepla: Vorbörsliche Kursschwankung deutet auf Kursmanipulation


Die Unternehmensmeldung ist positiv formuliert: "...steigert Auftragseingang und verbessert Bruttomarge...", dennoch ist die erste externe Meldung dazu negativ: "...wird vorsichtiger für das Gesamtjahr..." Entsprechend startet der Kurs vorbörslich (also vor 9:00 Uhr) mit dickem Minus. Umgehend folgen entsprechende Meldungen: "...brechen ein ... Umsatz und Ebit schwach...".

Sie wissen ja, dass nur wenige Marktteilnehmer am vorbörslichen Handel teilnehmen. Dort kann man mit wenigen Verkaufsaufträgen den Kurs einer Aktie leicht nach unten manipulieren. Als dann um 9:00 Uhr die Börsen für alle Marktteilnehmer öffnen, schießt die Aktie binnen weniger Minuten um 20% nach oben.

Und, oh welch Überraschung, das sehen dann auch die Finanzmedien und ändern ihre Schlagzeilen zu den Quartalszahlen von PVA Tepla in "...Jeffries belässt ... auf Hold" und "...vollziehen starke Trendwende".

Kurse machen Schlagzeilen. Meldungen können so oder so interpretiert werden, je nach Laune - oder Interessenlage.

Bedeutung für uns: Ob stark zyklisch durch die Fertigungstechnik, oder weniger zyklisch durch die Metrologie, PVA Tepla hängt an der Halbleiterindustrie. Es gab ernstzunehmende Anstrengungen der Politik, diese in Europa zu fördern. Doch spätestens seit dem stornierten Intel-Projekt ist offensichtlich, dass sich die Ansiedlung nicht politisch befehligen lässt, es braucht bessere Rahmenbedingungen.

Wir sind mit PVA Tepla in den vergangenen drei Jahren durch das Tal der Tränen gegangen, nun hat sich die Aktie wieder aufgerappelt. Allein seit dem Tief im April sprang die Aktie um 100% an! Das EV/EBITDA liegt inzwischen bei 13 und entspricht damit dem langjährigen Durchschnitt der Aktie. Im laufenden Jahr wird ein Gewinnrückgang erwartet, ab kommendem Jahr rechnen Analysten mit einem Gewinnwachstum von 30% p.a.

In guten Zeiten kann das EV/EBITDA gerne mal in Richtung 30 steigen. Auf Basis der Schätzungen für 2027 würde das eine Kursverdreifachung vom aktuellen Niveau aus ermöglichen. Doch bis dahin werden noch einige Steine im Weg liegen, denn der Zollstreit ist noch nicht beendet. Gerade erst wurde er durch Donald Trump verlängert: Das Moratorium für China wurde um 90 Tage verlängert. Die Zurückhaltung der Industrie bezüglich Investitionen könnte also noch andauern.

Ich habe CEO Jailin Ketter bei Ihrem Amtsantritt vor drei Jahren kennengelernt. Sie erklärte mir damals ausführlich, wie sie sich den Strategiewandel hin zu mehr Metrologie vorstellt und bis heute hat sie diesen eingeschlagenen Weg konsequent umgesetzt. Wir wissen, dass Flautephasen bei Maschinenbauern stets länger dauern, als man sich das vorstellen kann. Doch wir wissen auch, dass die Aktien von Maschinenbauern überdurchschnittlich stark ansteigen, wenn's mal gut läuft. Ich bin bereit, weiterhin auf eine Besserung der Lage zu setzen, auch wenn sich die Projektverzögerungen im zweiten Halbjahr noch nicht vollständig auflösen sollten.

Sprich: Nach dem deutlichen Kursanstieg ist für mich das Tal der Tränen endgültig durchschritten. Eventuelle zwischenzeitliche Rückschläge würde ich nun ertragen. Ich setze darauf, dass die Aktie in den kommenden zwei Jahren deutlich ansteigen wird.

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Medios: Starke Halbjahreszahlen, günstige Bewertung: Hoffnung auf Kursausbruch



Mi, 13. August um 12:51 Uhr
Auch Medios legte heute früh Zahlen vor, die im Rahmen der Analystenerwartungen lagen: Das Unternehmen hat im ersten Halbjahr 2025 deutlich an Fahrt aufgenommen. Der Umsatz stieg um 9,3% auf 991,7 Mio.€, der Gewinn (EBITDA pre) legte sogar um 48,8% zu. Verantwortlich für die gute Entwicklung ist zum einen das organische Wachstum, aber auch der Ausbau von margenstärkeren Produkten, sowie der Beitrag der 2024 übernommenen Ceban-Gruppe.

Alle Geschäftsbereiche wuchsen profitabel, wobei International Business durch Ceban überproportional zulegte. Parallel kaufte Medios 1 Mio. eigene Aktien zurück, um ein Signal gegen die aus Sicht von Vorstand und Großaktionären bestehende Unterbewertung zu setzen - ich berichtete in entsprechenden Updates im Juni und Juli darüber.

Trotz operativer Rekorde stagniert der Kurs seit Jahren, belastet durch den SDAX-Ausstieg, regulatorische Eingriffe und Managementwechsel. CEO Matthias Gärtner verlässt das Unternehmen spätestens zum Jahreswechsel, ein Nachfolger wird noch gesucht.

Strategisch setzt Medios inzwischen auf eine internationale Expansion und den Zukunftsmarkt personalisierter Gen- und Zelltherapien. In meinen Augen eine sinnvolle Weiterentwicklung, da Medios bei patientenindividuellen Therapien bereits führend in Deutschland ist und diese Position für Gen- und Zelltherapien nutzen kann. Zur Erinnerung: Patientenindividuelle Therapien sind bspw. Infusionen für Schwerkranke, deren auf den Patienten individuell abgestimmte Rezepturen von Ärzten an Apotheken übermittelt werden, die diese dann mit Hilfe von Medios in Reinräumen erstellen. Gen- und Zelltherapien sind beispielsweise Anwendungen, bei denen dem Patienten Blut entnommen, das Blut sodann in einem Reinraum modifiziert und anschließend dem Patienten zurückgegeben wird.

Medios ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, allerdings häufig auch durch Zukäufe, deren Übernahmepreis die Bilanz belastet: Insgesamt sitzt Medios aktuell auf 220 Mio. EUR Nettoschulden bei einem angestrebten Jahresumsatz von 2 Mrd. EUR. Die Schulden haben sich im Vergleich zu 2023 zwar verzehnfacht, sind aber in meinen Augen in einem vernünftigen Verhältnis zu den anderen Kennziffern der Bilanz.

Nach wie vor notiert die Aktie bei einem EV/EBITDA von nur 5 bei einer erwarteten Gewinnverdopplung im laufenden Jahr und einem weiteren Anstieg um 30% im Jahr 2026. Allerdings muss man bei Medios belastend einbeziehen, dass die Analystenprognosen in den vergangenen Jahren eigentlich immer zu hoch waren. Die Erwartungen wurden in den vergangenen 8 Quartalen stets verfehlt.

Trotz aller Widrigkeiten halte ich die Aktie für viel zu günstig. Seit April steigt nun der Kurs auch moderat an, bislang +30%. Derzeit schwebt ein weiteres Damoklesschwert über Medios: Eine drohende Ausweitung des US-Zollstreits auf die Pharma-Branche. Medios wäre davon zwar nicht direkt betroffen, würde jedoch im Falle steigender Preise für Arzneimittel und Wirkstoffe an den globalen Märkten den Kostendruck spüren. Großes Thema bei Medios ist die geringe Gewinnmarge von aktuell immerhin 4,7% (nach 3,4% im Vorjahr). Es ist halt eine kleine Marge und die Preissetzungsmacht des Pharma-Großhändlers ist aufgrund langfristiger Rahmenverträge leider nicht besonders gut.

Alles in allem halte ich die Aktie dennoch für viel zu günstig bewertet und setze darauf, dass die Aktie mit jedem Monat ohne neue Hiobsbotschaft kontinuierlich nach oben klettern wird. Heute klettert der Kurs schonmal um 6% nach oben :-)

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Nvidia: 15% auf China-Chips



Di, 12. August um 12:21 Uhr
Wer meine Ausführungen zum 3-Stufenplan von Stephen Miran in der aktuellen Ausgabe gelesen hat, wird die aktuellen Zoll-Entscheidungen mit Schulterzucken zur Kenntnis nehmen: Chip-Importe in die USA von Chip-Herstellern, die NICHT in den USA produzieren oder nennenswert investieren (bspw. Samsung), werden mit 100% Zoll belegt.

Chips von US-Herstellern wie Nvidia und AMD dürfen nicht nach China exportiert werden. Vor vier Wochen kamen Gerüchte auf, dass dieses Verbot bald aufgehoben würde. Gestern gab Donald Trump nun bekannt, dass die eigens für China konzipierten gedrosselten KI-Chips von Nvidia (H20) und AMD (MI308) gegen eine Gebühr von 15% wieder an China geliefert werden dürfen.

Nvidia schätzt die Nachfrage aus China nach diesen Chips für das kommende Quartal auf 8 Mrd. USD. Somit würde rund eine Mrd. USD an die US-Regierung abgeführt werden, um 7 Mrd. Umsatz zu erzielen. Für das Gesamtjahr wären es 4-5 Mrd. USD Gebühr bei knapp 30 Mrd. USD Umsatz. Bei einem Jahresumsatz von erwarteten 200 Mrd. USD und 125 Mrd. USD Gewinn (EBITDA) ist diese Gebühr für Nvidia gut zu verkraften. Ich würde sagen, als Übergangslösung kann Nvidia damit gut leben.

Der Schritt ist ungewöhnlich, denn hier wird der Export und nicht der Import besteuert. Nicht China nimmt den Zoll ein, sondern die USA, und zwar direkt vom Hersteller. Und diese Gebühr ist abzuführen, bevor das Unternehmen die KI-Chips exportiert und Geld einnimmt. In den bisherigen internationalen Handelsgepflogenheiten kommt sowas meines Wissens nicht vor, Volkswirte und Journalisten werden daher in den kommenden Tagen Kritik an dieser unkonventionellen Maßnahme formulieren: "Wo kommen wir denn hin, wenn das alle tun würden...".

Aus Sicht von Donald Trump ist es ganz einfach: Die Staatskasse wird durch einen Exportschlager aufgebessert. Aus Sicht von Nvidia und AMD ist es auch ganz einfach: Lieber gibt man etwas von der Gewinnmarge ab, als dass man das Geschäft vollständig einstellt. Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass es für AMD und Nvidia wichtig ist, dass chinesische Unternehmen Zugang zur US-Technologie haben, damit der Anreiz, eine eigene KI-Logik zu entwickeln, möglichst gering ist.

Natürlich kann China das, was Nvidia entwickelt hat, auch selber entwickeln. Dadurch käme die chinesische KI zwar in einen deutlicheren Rückstand, doch auf lange Sicht strebt China ohnehin stets eine Unabhängigkeit an. Daher unterlässt die chinesische Regierung derzeit auch keinen Versuch, vor der US-KI-Technologie zu warnen: Es gebe Ortungsmöglichkeiten für die Chips, es gebe einen "kill-switch" (die Möglichkeit, die KI-Chips seitens des Herstellers jederzeit abzuschalten). Chinesische Unternehmen werden aufgefordert, chinesische KI-Chips zu nutzen. Es werden die Gründe abgefragt, warum chinesische Unternehmen US-Chips nutzen, was deren Vorteil sei.

Nvidia hat bereits reagiert und gesagt, dass es solche kill-switches nicht gibt. Außerdem seien die H20-Chips ausschließlich für den kommerziellen Gebrauch und würden nicht vom chinesischen Militär eingesetzt.

Übrigens hat Donald Trump fast zeitgleich das 90-tägige Moratorium für US-Zölle auf chinesische Importe, das am heutigen Dienstag ausgelaufen wäre, gestern Abend kurz vor Mitternacht um 90 Tage verlängert. Wir erwartet ist China der harte Brocken in den Zollverhandlungen. Auch China hat gute Argumente (Seltene Erden). Offensichtlich erkennt Donald Trump die Komplexität der Verhandlungen an und gibt den Verhandlern weitere 90 Tage. Die Chip-Lösung für Nvidia und AMD ist in meinen Augen ebenfalls ein Ausdruck dafür, wie kompliziert die Verhandlungen sind. Noch länger kann Trump den Export dieser KI-Chips nicht verbieten, ohne daß bleibende Schäden für Nvidia und AMD daraus resultieren.

Die Aktie von Nvidia hat sich seit April verdoppelt. Unser Ende Februar nachgekaufte Teil der Position konnte bereits um 33% zulegen. Damit ist unsere Nvidia-Position inzwischen mit 8,1% Portfolioanteil zur größten Position angewachsen.

Das EV/EBITDA notiert bei 34, im Durchschnitt lag diese Bewertungskennziffer für Nvidia in den vergangenen fünf Jahren bei 39. Im laufenden Jahr wird ein Gewinnsprung von 50% erwartet, für das kommende Jahr nochmals 35%. Damit wäre die Aktie in meinen Augen fair bis günstig bewertet, was selten ist bei Nvidia. Außerdem konnte das Unternehmen in 8 der 8 jüngsten Quartalsberichte die Erwartungen übertreffen. Die tatsächliche Bewertung stellte sich also nach Vorlage der Zahlen stets als günstiger heraus, als zuvor auf Basis der Analystenerwartungen berechnet.

Ich würde daher mit dem Stutzen der Position noch ein wenig warten. Wir stutzen Positionen im Heibel-Ticker Portfolio, damit das Portfolio nicht zu stark abhängig von Einzeltiteln wird, wir wollen ja ein diversifiziertes Portfolio. Zielgröße für disruptive Titel in unserem Portfolio ist ein Anteil von 6%. Wird die Position zu groß, nehmen wir Anpassungen vor, ohne damit eine Aussage über die Qualität der Aktie zu machen. Ein bisschen spielen möchte ich jedoch noch mit der anstehenden Anpassung :-)

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Salesforce: KI frisst Büroangestellte: Der SaaS-Pionier muss um seine Zukunft kämpfen



Mi, 13. August um 14:35 Uhr
Ich schreibe heute im Heibel-Ticker über eine für SAP, Salesforce und Palo Alto gefährliche Entwicklung im Bereich der Software-Unternehmen: Die KI rationalisiert Arbeitsplätze weg, insbesondere administrative Tätigkeiten werden betroffen sein. Genau die sind jedoch maßgeblich für die Einnahmen der Software-Unternehmen.

Um nicht unter die Räder zu geraten, müssen Softwareunternehmen ihr Geschäftsmodell umstellen. Salesforce war eines der ersten Unternehmen, das KI-Agenten anbot, verfügt über eine solide Bilanz und über ausreichend freien Cashflow, um erforderliche Investitionen zu tätigen, sowie über einen CEO, der als Gründer bereits mehrere Strategiewechsel erfolgreich umsetzte. Er hat sich einen Vertrauensvorschuss verdient, leider spiegelt sich dies derzeit nicht in der Aktie wider.

Ich schwanke täglich, ob ich Salesforce im Portfolio behalten, oder aber die Reißleine ziehen soll. Am 3.9. wird Salesforce Quartalszahlen veröffentlichen, Mitte Oktober folgt dann die Dreamforce, eine große Veranstaltung von Salesforce, bei der Zukunftsthemen diskutiert werden. Auf dem aktuellen Bewertungsniveau möchte ich die Aktie nicht verkaufen, ein EV/EBITDA von 13 ist in meinen Augen viel zu günstig für ein erwartetes zweistelliges Gewinnwachstum in den kommenden Jahren.

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CEWE: Solides Wachstum mit hochqualitativen Fotobüchern, Jahresziele bestätigt



Do, 14. August um 08:56 Uhr
CEWE hat im zweiten Quartal 2025 erneut zugelegt und damit seine Jahresprognose bestätigt. Der Konzernumsatz stieg wie von Analysten erwartet um 3,1% auf 156 Mio. Euro auf einen neuen Q2-Höchstwert. Wachstumstreiber bleibt das Kerngeschäft Fotofinishing (Fotobuch), das um 3,9% zulegte und mit höherwertigen Fotobüchern den Umsatz sogar um 5,2% steigern konnte.

Der saisonbedingte Quartalsverlust lag bei 4,0 Mio. Euro (Ebit), belastet vor allem durch den schwachen deutschen Markt im kommerziellen Online-Druck, dessen Umsatz um 4,3% sank. Der Einzelhandel zeigte dagegen mit +10,9% Umsatzplus im Quartal eine starke Entwicklung, vor allem in Norwegen. Zur Erinnerung: Cewe hat das Geschäft so aufgebaut, dass der Jahresumsatz zum größten Teil im Weihnachtsgeschäft erzielt wird. In den anderen Quartalen setzen die dazu vorgehaltenen Kapazitäten als Fixkosten dem saisonal niedrigen Umsatz zu. Analysten hatten einen Verlust von 4,1 Mio. EUR erwartet.

Cewe-Norwegen
Abbildung 1: Cewe-Geschäft in Alesund, Norwegen


Für 2025 rechnet CEWE unverändert mit 835–865 Mio. Euro Umsatz und einem Gewinn (EBIT) zwischen 84 und 92 Mio. Euro.

Ich würde sagen, das Ergebnis ist unspektakuläre und im rahmen der Erwartungen. Cewe zeigt sich weiterhin solide, die Dividendenrendite ist mit 3,1% weiterhin attraktiv. Die Bewertung des Unternehmens ist mit einem EV/EBITDA von 4,5 allerdings sehr günstig.

Die solide Bilanz, der niedrige Schuldenstand und der hohe Cashflow würden meiner Ansicht nach eine deutliche Dividendenanhebung ermöglichen. Traditionell geht Cewe allerdings in kleinen Schritten vor, so dass ich mir bei diesem Titel auf absehbare Zeit keine Sorgen mache.

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Yamaha Corp.: Kauflimit 5,70 EUR erreicht nach Bessent-Kommentar zu Yen



Do, 14. August um 13:21 Uhr
Der US-Finanzminister Scott Bessent äußerte sich gestern Abend zum japanischen Yen: Die Bank of Japan (BoJ) müsse endlich den japanischen Leitzins anheben, um die in Japan kursierende hohe Inflation einzudämmen. Die BoJ laufe den Entwicklungen hinterher ("BoJ is behind the curve").

Der Nikkei fiel daraufhin heute Nacht um 1,5%, der Yen legte parallel dazu um 0,7% zu. So fiel die Aktie von Yamaha, gerechnet in Euro, heute früh unter unser Nachkauflimit von 5,70 EUR und wir haben unsere Position entsprechend aufgestockt, wie am 7.8. im Update angekündigt.

Gleichzeitig forderte Bessent die US-Notenbank auf, endlich den US-Leitzins zu senken. Er sei derzeit um 1,5%punkte zu hoch. Wir kennen Donald Trump als Kritiker der Fed, nun bläst Bessent ins gleiche Horn.

Trump hören viele nicht mehr zu. Scott Bessent hingegen erreicht die Ohren der Marktteilnehmer. Der US-Dollar notierte schwächer, der Goldpreis stieg kräftig an und der Bitcoin kletterte, gemessen in US-Dollar, heute Nacht auf ein neues Allzeithoch.

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Coterra Energy: Verkaufen, Aufgabe als Absicherung obsolet



Fr, 15. August um 16:17 Uhr
Wir hatten Coterra als Wette auf steigende Gaspreise gerade in den USA ins Depot geholt, weil ich davon ausging, dass Europa mehr Gas aus den USA kaufen würde. Zunächst blockierte Joe Biden den Ausbau der dafür erforderlichen Infrastruktur, dann entfachte Donald Trump einen so großen Investitionsboom in der Energiebranche, dass sowohl Öl als auch Gaspreis auf Rekordtiefs fallen.

Coterra gilt nach wie vor als einer der stabilsten Produzenten der Branche. Das Unternehmen verfügt über einen üppigen Cashflow und investierte bislang nur zurückhaltend. Doch in den vergangenen Monaten wurde diese Zurückhaltung langsam abgelegt, um dem Preisverfall entgegenzuwirken.

Vor einer Woche wurden sehr gute Quartalszahlen vorgelegt, doch Anleger machen weiterhin einen Bogen um diese Aktie: Die gesamte Branche ist unbeliebt, da leidet auch das beste Haus in der schlechten Nachbarschaft.

Heute treffen sich Trump und Putin. Ich habe keine Ahnung, was bei dem Treffen herauskommen wird. Sowohl eine Verschärfung der Sanktionen gegen russisches Öl, als auch eine Öffnung für russisches Öl sind denkbar. Selbst die scharfen Sanktionen der Vergangenheit haben gezeigt, dass diese den Ölpreis kaum beeinflussen. Das Öl findet seinen Weg zum Markt, die Absatzwege wurden lediglich durchgeschüttelt.

Ich würde daher die Absicherung gegen steigende Energiekosten, so war Coterra zumindest ursprünglich gedacht, nun auflösen, die Aktien verkaufen und Platz für neue Spekulationen im Portfolio machen. Derzeit ist alles in Sachen KI-Infrastruktur heiß, vielleicht nehmen wir eine Aktie aus diesem Umfeld auf.

Bitte verkaufen Sie nur mit limitierten Verkaufsordern, damit wir den Kurs hier in Deutschland nicht bewegen. Die US-Börsen sind aktuell offen, daher dürften Kursbeeinflussungen von uns kaum lange anhalten.

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6. Leserfragen



Es ist Sommerzeit, bitte halten Sie sich mit Leserfragen daher ein wenig zurück .. also nur wirklich Wichtiges :-) Danke.

Bewegen ETFs Aktien? Wirkung von Konjunkturdaten


Sehr geehrter Herr Heibel,

ich hoffe, das Sie noch sehr lange diese tolle Analyse betreiben können.

Meine 1. Frage: Ist das gesamte ETF Fondsvolumen auf die amerikanischen Indizes größer als die Marktkapitalisierung selber?

Zur besseren Veranschaulichung: 4,47 trillion Dollars ist die Marktkapitalisierung von Nvidia, welche ja auch in ETFs vorhanden ist. Sind also die ETF Anteile von Nvidia größer als 4,47 trillion Dollars, was bedeuten würde, das ETFs für mehr Bewegung bei der Aktie sorgen als die Aktionäre selber, oder haben ETFs nur einen geringen Einfluss auf den Markt?

2. Frage: Welche Wirtschaftsdaten zählen zum Wachstum und welche zur Inflation bezogen auf den Wirtschaftszyklus, Folgende Daten meine ich: GDP, ppi, cpi, pmi (manufacturing, Services), pce,non farm Payrolls, unemployment claims. Gdp gehört zum Wachstum und cpi, sowie pce zur Inflation, nur bei den anderen Daten die ich aufgezeigt habe bin ich mir nicht sicher. Zudem fehlt mir die Grundlage zur Beurteilung, wenn ppi steigt und cpi fällt, oder ppi bleibt gleich und cpi fällt etwas im Wert. Diese Kennzahlen muss ich ja auch für den Wirtschaftszyklus einschätzen können, wenn Aktien steigen, fallen, oder sich seitwärts bewegen durch Aktionäre und ETF Fonds.

Ich hoffe Sie wissen wie ich das meine und können mir da Ratschläge geben.

Mit freundlichen Grüßen, Dennis aus Heinsberg

ANTWORT
Vielen Dank für das Lob :-).

Zu 1.: Die Frage ist, ob die „ETF-Welt“ in Summe so groß ist, dass sie die eigentliche Marktkapitalisierung der zugrunde liegenden Indizes oder Einzelaktien übersteigt und ob ETFs quasi zum dominierenden Preistreiber werden.

Das Gesamtvolumen der in ETFs investierten Gelder ist nicht größer als die Marktkapitalisierung der Indizes oder einzelner Aktien wie Nvidia. Das Verhältnis sieht in der Praxis deutlich kleiner aus. Speziell für Nvidia wird geschätzt, dass 10-20% aller ausstehenden Aktien von ETFs gehalten werden.

Der zweite Teil Ihrer ersten Frage lässt sich nochmals zweiteilen: Zum einen findet der Großteil der Bewegung in ETFs nur in den Büchern der ETF-Emittenten statt, denn über die Börse wird nur ein „Spitzenausgleich“ vorgenommen. Das heißt, wenn Anleger ETF-Anteile verkaufen, gibt es häufig andere Anleger, die diese Anteile kaufen. Der ETF verändert dadurch sein Volumen nicht und somit werden durch Kauf und Verkauf dieser ETF-Anteile keine Aktien, also auch keine Nvidia-Aktien, bewegt. Lediglich zu Zeiten, wo wesentlich mehr Anleger auf der einen (Kauf) oder anderen (Verkauf) Seite stehen, muss der ETF-Emittent die entsprechende Volumenänderung im ETF durch Transaktionen (Kauf oder Verkauf) an der Börse nachvollziehen.

Der zweite Teil des zweiten Teils Ihrer ersten Frage ;-) ist eine mögliche Strategieänderung beim ETF-Betreiber. Wenn also bspw. die Zusammensetzung des ETFs geändert wird, sei es zu Lasten, sei es zu Gunsten von Nvidia, dann werden ebenfalls über die Börse Transaktionen (Kauf oder Verkauf) getätigt, um die neue beabsichtigte Gewichtung zu erzielen. Dies ist bei Index-Fonds nur dann der Fall, wenn der Index verändert wird. Da der Großteil des Kapitals in Indexfonds angelegt wird, ist dieser Effekt also sehr selten.

Lediglich ETF-Betreiber, die aktiv in die Struktur ihres ETFs eingreifen, können dann einen besonderen Druck (Kauf oder Verkauf) auf eine Aktie auslösen.

Nennenswerte Effekte, die auch ich im Heibel-Ticker immer wieder aufgezeigt habe, folgen in der Regel aus einem angestiegenen Spitzenausgleich: Wenn Anleger bspw. in Panik geraten und Ihr Kapital aus ETFs abziehen, dann sinkt das ETF-Volumen stark und entsprechend müssen dann alle Aktien aus dem ETF anteilig verkauft werden. Wenn also bspw. die US-Konjunktur Probleme hat und Anleger vom S&P 500 ETF lieber in Anleihen oder Gold investieren wollen, dann führen die anteiligen Verkäufe in allen Aktien, die im S&P enthalten sind, zu Verkaufsdruck. Da nun Nvidia aufgrund seiner Größe einen sehr großen Anteil am S&P 500 ausmacht, werden dann tatsächlich insbesondere Nvidia-Aktien verkauft, obwohl Nvidia nicht zur „Industrie“ gehört, sondern als disruptives Unternehmen der Technologiebranche einer Sonderkonjunktur unterliegt, die von diesen Schwankungen derzeit unabhängig ist. Solche Kursrückschläge in Nvidia empfehle ich dann im Heibel-Ticker zum Kauf.

Zu 2.:
Wachstumsindikatoren – messen die Aktivität und Dynamik der Wirtschaft
- GDP (Bruttoinlandsprodukt) → Hauptmaß für das Wirtschaftswachstum. Steigt es, läuft die Wirtschaft; fällt es, droht Rezession.
- PMI (Purchasing Managers’ Index, Werte über 50 bedeuten Expansion, unter 50 Kontraktion.)
- Manufacturing PMI → Frühindikator für Industrieproduktion.
- Services PMI → Frühindikator für den Dienstleistungssektor.
- Non-Farm Payrolls → Zeigt monatlich, wie viele neue Jobs (außer Landwirtschaft) geschaffen wurden. Starkes Wachstum = robuste Konjunktur.
- Unemployment Claims (Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe) → Kurzfristiger Arbeitsmarktindikator. Steigende Anträge = schwächerer Arbeitsmarkt.

Inflationsindikatoren – messen Preisentwicklung und Kaufkraftveränderungen
- CPI (Consumer Price Index) → Preisentwicklung für Konsumenten. Hauptindikator für Inflationsdruck bei Endverbrauchern.
- PPI (Producer Price Index) → Preisentwicklung auf Produzentenebene (Großhandel, Rohstoffe). Führt oft den CPI an, weil steigende Erzeugerpreise später an Verbraucher weitergegeben werden.
- PCE (Personal Consumption Expenditures) → Lieblingsmaß der US-Notenbank, weil es breiter gefasst ist als der CPI. Kern-PCE (ohne Lebensmittel/Energie) besonders wichtig für Zinsentscheidungen.

Wenn Daten gegeneinanderlaufen,
1. bspw. der PPI steigt, der CPI fällt, dann zahlen Produzenten mehr, geben die Kosten aber (noch) nicht weiter. Das kann auf Margendruck bei Unternehmen hindeuten, kurzfristig sogar deflationär für Konsumenten wirken, aber mittelfristig Inflation nach sich ziehen, wenn Firmen gezwungen sind, Preise zu erhöhen.
2. bspw. der PPI stabil ist, der CPI fällt, dann bleibt der Kostendruck in der Produktion gleich, Konsumentenpreise sinken. Könnte heißen, dass Wettbewerb, Rabattaktionen oder sinkende Nachfrage Unternehmen zwingen, Waren mit Verlust zu verkaufen, ein Zeichen für nachlassende Wirtschaftsdynamik.
3. der PPI fällt, der CPI bleibt hoch, dann lässt der Kostendruck in der Produktion nach, aber Preise für Konsumenten bleiben oben. Das spricht oft für „sticky inflation“ (träge, schwer rückläufige Inflation), z. B. wegen der Löhne oder Mieten.

Einordnung im Wirtschaftszyklus und Börsenwirkung: Im klassischen Vier-Phasen-Zyklus gilt:
1. Frühe Expansion – Wachstum beschleunigt sich, Inflation niedrig → Aktien steigen, Anleihen seitwärts.
2. Späte Expansion – Wachstum hoch, Inflation steigt → Aktien volatil, Zinsen hoch, Sektorenrotation zu Value.
3. Abschwung/Rezession – Wachstum fällt, Inflation fällt verzögert → Aktien fallen, Anleihen gefragt.
4. Frühe Erholung – Wachstum stabilisiert sich, Inflation niedrig → Aktien starten neuen Bullenmarkt.

Ob Aktien steigen oder fallen, hängt primär an der Interpretation der Daten im Kontext des aktuellen Zyklus. ETFs verstärken dabei nur die Marktbewegung, sie schaffen somit keine eigenen Impulse, führen aber oft zu Übertreibungen.

Ich hoffe das hilft :-).


ThyssenKrupp gliedert TK-Marine Systems aus


Hallo Herr Heibel,

würde es einen Sinn machen, ThyssenKrupp-Papiere zu kaufen, um bei der Abspaltung Aktien der TKMS zu bekommen? Ich sehe hier gewisse Parallelen zu Holcim.

MfG
Siegfried aus dem schönen Erfurt

ANTWORT
Wenn Sie gerne ThyssenKrupp Marine Systems haben möchten, dann würde ich die Papiere nach der Abspaltung kaufen und nicht zuvor inklusive dem ThyssenKrupp-Geschäft. Wenn Sie glauben, die Summe der Teile ist mehr wert als das Unternehmen derzeit, dann können Sie ja auf eine Kurssteigerung bis zur Ausgliederung spekulieren und ThyssenKrupp kaufen. Für mich agiert ThyssenKrupp derzeit in einem schweren Markt, die Autoabsätze sind schwach, die Energiekosten hoch. Die Aktie hängt stärker an der Politik als an eigenen Entscheidungen. Das ist kein Bereich, in dem ich gerne spekuliere.


Modine Manufacturing: Schaufel für KI-Revolution


Hallo Hr. Heibel

Ich bin auf die Aktie Modine Manufacturing (MOD, WKN: 869795) gestoßen. Die Firma stellt Kühlsysteme u.a. auch für Rechenzentren her und gerade eine neue Investition von 100 Millionen $ in die Erweiterung ihrer Kapazitäten gesteckt.

Für mich hört sich das nach einer „Schaufekalktie“ aus der Goldgräberzeit an. Was halten sie von dieser Aktie?

Mit freundlichem Gruß
Andreas aus Ladenburg

ANTWORT
Ja, das sieht wirklich überzeugend aus: 58% des Konzernumsatzes stammen von Kühlsystemen (Climate Solutions). Nach Aussage des Managements war in diesem Bereich das Umsatzwachstum von 69% im vergangenen Geschäftsjahr durch die Kühlung von Hochleistungsrechenzentren getrieben, dieses Wachstum hält an.

In der Bilanz zeigt sich insgesamt ein Umsatzwachstum von 12%, der Gewinn sprang um 20% an. In den kommenden zwei Jahren wird ein Gewinnwachstum von 25-30% p.a. erwartet, auch das Umsatzwachstum soll auf 16% p.a. anziehen. Die Investitionen in Höhe von 100 Mio. USD gibt die Bilanz her, die Verschuldung ist gering.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Bewertung mit einem EV/EBITDA von 16 fair, wenn nicht sogar günstig. Auf Sicht von 2-3 Jahren dürfte die Aktie kräftig zulegen.


Was bedeutet "stark investiert sein"


Lieber Herr Heibel,

mir ist nicht ganz klar, was Sie in Ihrem TV-Beitrag mit "Die Anleger sind derzeit stark investiert." meinen.

Wenn jemand z.B. Aktien kauft, verkauft jemand entsprechend diese Aktien, d.h. das "Investiert-Sein" ändert sich in Summe nicht.
Anlieger als Ganzes sind doch daher immer in gleichem Umfang investiert, weil die Aktien im Prinzip immer unverändert im Besitz der Gesamtheit der Anleger sind.

... oder sind diese Finanzjargons wie "investiert sein" nur in übertragenem Sinne zu verstehen?

Mit freundlichen Grüßen
Volker aus Hamburg

ANTWORT
Rein technisch betrachtet ändert sich der „Besitz“ an Aktien in der Anzahl nie – jede Aktie, die verkauft wird, landet sofort wieder bei einem Käufer. Die Anzahl aller im Markt befindlichen Aktien bleibt also konstant.

Wenn wir Börsenbeobachter dennoch sagen, „die Anleger sind stark investiert“, dann ist das tatsächlich ein Finanzjargon, der nicht die absolute Menge meint, sondern die relative Positionierung im Vergleich zu Alternativen. Es geht darum, wie viel des verfügbaren Kapitals die Anleger aktuell in risikobehafteten Anlagen wie Aktien gebunden haben – statt es zum Beispiel in sicheren Staatsanleihen, Geldmarktfonds oder auf Tagesgeldkonten zu parken.

Nehmen wir mal an, alle in Deutschland gehandelten Aktien haben ein Volumen von 2 Billionen Euro und alle in Deutschland gehandelten Anleihen liegen bei 4 Billionen Euro. Wenn nun Anleger 100 Mrd. Euro an Anleihen verkaufen und dafür Aktien kaufen, dann bricht der Kurs der Anleihen ein, der Kurs der Aktien schießt in die Höhe. Das Verhältnis zwischen Aktien und Anleihen verändert sich, man würde davon sprechen, dass Anleger „hoch“ investiert sind.

Das „Investiert-Sein“ wird also eher im übertragenen Sinne verstanden: Es beschreibt die allgemeine Risikoneigung im Markt. In Phasen hoher Investitionsquote stecken viele Anleger schon tief in Aktien drin, es ist wenig „Pulver“ für weitere Käufe vorhanden, und Kursanstiege brauchen dann neue Impulse. Umgekehrt bedeutet eine niedrige Investitionsquote, dass viel Liquidität am Seitenrand steht – was Potenzial für frische Nachfrage bietet.

Rückfrage

Lieber Herr Heibel,

Danke für Ihren Kommentar.

Allerdings verstehe ich nicht ganz, was Sie mit relativer Positionierung der Anleger meinen.
Hier gilt doch auch: die Gesamtheit der Anleger besitzt im Prinzip alle Aktien und alle Anleihen.
Die Positionierung der Gesamtheit Anleger ist daher stets gleich, da diese immer zu 100 % alle Aktien und Anleihen besitzen.

Die Begriffe "Investiert-Sein" und "Investitionsquote" sind für mich aus dem gleichen Grund nicht nachvollziehbar.
Die Gesamtheit der Anleger ist stets zu 100 % in alle Aktien "investiert" und die "Investitionsquote" ist dementsprechend ebenfalls immer 100%.
Die Gesamtheit der Anleger kann weder tief noch weniger tief in Aktien stecken. Sie steckt stets zu 100 % in Aktien, da sie alle Aktien besitzt.

Auch verstehe ich nicht, wie Liquidität am Seitenrand stehen kann.
Die Liquidität aller Markteilnehmer in Summe ist im Prinzip auch immer konstant (abgesehen von Liquiditätspolitik); sie wechselt nur den Besitzer.

Was natürlich Tatsache ist: dass wechselnde Mehrheiten von Anlegern psychologisch bullish oder bearish sind.
Wenn die genannten Finanz-Jargons dies im übertragenen Sinne zum Ausdruck bringen sollen, so sind diese aber wörtlich genommen völlig irreführend.
Und in keinem Falle liefern sie dem Laien eine korrekte Begründung für das Marktverhalten von Anlegern.

Oder verstehe ich da etwas falsch?

Mit freundlichen Grüßen
Volker

Rückantwort
Sie haben vollkommen recht: Die Gesamtheit aller Anleger besitzt immer 100 % aller Aktien und Anleihen, weil es ja keine „freien“ Aktien gibt. Wenn jemand verkauft, kauft jemand anderes, es gibt also keinen „Aggregatzustand“ des Marktes, in dem plötzlich weniger Aktien in Anlegerhand wären.

Was aber im Börsenjargon mit „Investiert-Sein“ oder „hoher Investitionsquote“ gemeint ist, ist keine Bestandsgröße, sondern eine Verhaltens- und Risikobereitschaftsgröße. Wenn ich sage, „Anleger sind stark investiert“, dann meine ich nicht, dass die Gesamtheit mehr Aktien hätte, sondern dass die typischen Portfolios vieler Anleger bereits einen hohen Aktienanteil haben, im Verhältnis zu dem, was sie theoretisch halten könnten (Anleihen, Cash, Gold, …).

Ein Fondsmanager könnte laut Mandat bspw. zwischen 50 % und 100 % seines Fondsvermögens in Aktien anlegen, der Rest liegt dann in Bar auf dem Konto. Hat er aktuell 95 %, gilt er als „hoch investiert“. Die Summe aller Fondsmanager-Entscheidungen ergibt ein Bild, das Marktbeobachter dann mit „Anleger sind stark investiert“ zusammenfassen. Ich gebe jede Woche die Investitionsquote der US-Fondsmanager an, da diese regelmäßig erhoben und veröffentlicht wird.

Liquidität „am Seitenrand“: Die Gesamtliquidität (Cash im System) ist konstant, abgesehen von der Zentralbankpolitik. Aber aus Marktsicht spielt es eine Rolle, wie viel dieses Cashs gerade bei Anlegern liegt, die es potenziell in Aktien umschichten können. Wenn viele institutionelle Anleger aktuell sehr viel Cash halten (z. B. 30 % statt 5 %), wird das oft als „viel Pulver am Seitenrand“ bezeichnet. Es ist also keine Gesamtmarktgröße, sondern ein Maß dafür, wie viel Kaufkraft bereitsteht, Aktien zu kaufen.

Wenn „alle schon drin sind“ (hoher Aktienanteil in vielen Portfolios), ist das Kaufpotenzial begrenzt, weil kaum noch jemand von Cash in Aktien umschichten kann.
Wenn dagegen viele Anleger noch „draußen“ sind (viel Cash-Anteil), kann bei positiven Nachrichten schnell Kaufdruck entstehen.

Vielleicht haben Sie ein geschlossenes System im Kopf, bei dem sich die Preise für Aktien und Anleihen stets auf 100% summieren. Das ist jedoch nicht der Fall, auch in einem geschlossenen System können sich die Preise nach oben entwickeln. Nehmen Sie ein geschlossenes System aus einem Unternehmen mit 100 Aktien zu je 1€ und einer Anleihe mit 100 Anteilen zu je 1€, beide zu jeweils 50% in der Hand von zwei Investoren. Anleger A hält also Aktien im Wert von 50€ und Anleihen im Wert von 50€, insgesamt also 100€. So auch Anleger B.

Nun möchte Anleger A seine Anleihequote um 10% verringern und möchte dafür Aktien kaufen. Der andere Investor kauft also Anleihen zu 1€/Stück, gibt seine Aktie jedoch nur zu einem deutlich höheren Kurs ab, sagen wir 2€. Er kauft also für 10€ Anleihen und verkauft 5 Aktie zu je 5€. Anschließend hat er also 60 Anleihen zu 1 € (=60€) und 45 Aktien, deren Wert entsprechend der jüngsten Transaktion nun bei 2€ liegen (2x45 = 90€). Insgesamt hält er also in seinem Depot Wertpapiere im Wert von 60+90 = 150€.

Anleger A hält nach der Transaktion noch 40 Anleihen zu je 1€ (= 40€) und 55 Aktien zu je 2€ (2x55 = 110€). Sein Depot ist nun also 40+110 = 150€ wert.

Lag der Gesamtwert beider Depots vorher noch bei 200€, so beträgt er nach der Transaktion 150+110 = 260€. Lag die Investitionsquote, wenn wir sie nur auf die Aktien beziehen, zuvor bei 50%, so liegt sie nach der Transaktion bei 160/207= 77,3%. Es ist „mehr“ geworden. Die Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel, sondern wächst entsprechend der Produktivitätssteigerung und des Geldmengenwachstums. Prozentual betrachtet liegt nicht mehr 50% Liquidität am „Seitenrand“, sondern jetzt nur noch 22,7%.

Vielleicht hilft dieser Denkansatz :-).


ams-Osram Anleihe High Yield


Sehr geehrter Herr Heibel,

Ich habe eine Frage, die vielleicht andere Heibel-Kunden haben könnten. Ich bin inzwischen Rentner, 67, und konnte in letzten Jahren
noch ein wenig Kapital für meine Restlebenszeit aufbauen.

Rente und schuldenfreies Haus reichen zum Leben, ich kann also mit diesem Kapital arbeiten. Neben einem Aktiendepot, dass sich dank des Heibel-Tickers konstant gut entwickelt, habe ich ca. 125.000 EUR Barkapital; davon werden wir 100.000 EUR in den nächsten 10 Jahren garantiert nicht brauchen. Derzeit ist das als Tagesgeld bzw. Festgeld kurzfristig angelegt, und ich würde gerne halbwegs verlustsicher ein bisschen mehr Rendite als die derzeitigen 2 – 2,5% erwirtschaften.

Dabei bin ich auf Anleihen gestoßen. Z.B. so etwas: https://www.comdirect.de/inf/anleihen/detail/uebersicht.html?ID_NOTATION=441111538

Machen solche Papiere Sinn, und wie ist das Risiko zu bewerten? Falls nicht sinnvoll, was könnten Alternativen sein?

Mit ist klar, dass Sie hier keine Vermögensberatung durchführen können - ein wenig Orientierung würde mir aber sehr helfen.

Danke und beste Grüße, Heiko aus Bremen

ANTWORT
Sie möchten wissen, wie sicher die ams-Osram-Anleihe ist. Nun, bei Bloomberg wird ams-Osram als „High Yield 4“ geführt. Die Insolvenzgefahr liegt bei Unternehmen dieser Kategorie bei 2,4-4%.

Es gibt 10 Investment-Grade Stufen, bei denen die Insolvenzgefahr zwischen 0% und 0,52% liegt. Ich halte mich an diese Einstufungen. Ab High Yield Stufe 1 (0,52% - 0,88% Insolvenzrisiko) ist mir das Risiko als Privatanleger bereits zu groß. Die attraktive Rendite von derzeit 8,7% ist ein Zeichen für ein höheres Risiko.

Solche Anlagen sind für institutionelle Anleger mit Milliardenbeträgen eine Beimischung: Sie kaufen dann vielleicht 10 oder 20 verschiedene solcher Anleihen und setzen darauf, dass maximal eine davon insolvent wird. Ab einem bestimmten Volumen rechnet sich eine solche Statistik. Doch für Privatanleger, die, so wie Sie, genau ein Stück der Anleihe kaufen können (Mindestanlage 100.000€), eignen sich solche Anleihen in meinen Augen nicht.




7. Übersicht HT-Portfolio




Spekulation (≈20%) =13,4%WKN15.8., 18:27 UhrWoche ΔΣ '25 ΔAnteil 8x2,5%!
PVA Tepla74610023,06 €11%78%1,9%B
Puma69696017,17 €-5%-49%1,8%B
Coterra Energy88164620,71 €1%-16%0,0%C
DELL TechnologiesA2N6WP117,69 €1%37%3,3%B
Home Depot866953338,77 €2%-11%2,3%A
SalesforceA0B87V207,67 €0%-34%1,4%C
Capital One Fincl893413184,59 €4%15%2,7%A
TJX854854113,33 €0%6%2,5%A






Disruptiv (≈30%) =32,3%WKN15.8., 18:27 UhrWoche ΔΣ '25 ΔAnteil 5x6%!
MediosA1MMCC14,18 €9%7%4,0%C
Nvidia918422153,27 €-2%16%7,9%B
Palo Alto NetworksA1JZ0Q149,88 €3%-15%5,8%B
Novo NordiskA3EU6F43,66 €0%-48%5,1%A
Apple865985197,56 €5%-9%6,3%B
TeslaA1CX3T280,16 €0%29%3,3%A







Dividende (≈30%) = 26,8%WKN15.8., 18:27 UhrWoche ΔΣ '25 ΔAnteil 5x6%!
CEWE54039095,80 €-4%-7%5,9%B
Allianz840400377,10 €4%27%5,5%B
Snap-On853887277,66 €0%-15%5,9%A
Holcim86989871,62 €-1%37%3,5%B
Yamaha8553145,55 €-3%-10%6,0%A







Absicherung (≈20%) =18,1%WKN15.8., 18:27 UhrWoche ΔΣ '25 ΔAnteil 3x6,6%!
Goldbarren /Uz9655152.852,02 €-2%14%7,4%C
Symrise %-'12.25SYM77299,70%0%1%2,9%C
BitcoinA27Z30100.189,11 €0%11%7,8%B



Woche ΔΣ '25 ΔCashquote



1%3%9,4%

Heibel-TickerGewichtung# Positionenangestrebte Positionsgröße
PortfolioZielSollIstSollIst
SpekulationEreignis20%13,4%872,5%
DisruptivEnkelkinder30%32,3%566,0%
DividendeUrlaub30%26,8%556,0%
AbsicherungZins & Gold20%18,1%336,7%
Summe
100%91%2121100%


Anmerkungen:
- Die Überschrift über jedem Portfoliobereich in der jeweiligen ersten Spalte (bspw. Absicherung (≈20%) =21,8%) bedeutet: Der beabsichtigte Anteil dieses Portfoliobereichs am Gesamtportfolio beträgt ungefähr 20%. Aktuell beträgt der Anteil 21,8%.
- Die dritte Spalte zeigt die Schlusskurse von Donnerstagabend.
- Unter „Woche” steht die Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.
- Unter „Σ 'XX Δ” steht das Ergebnis der Position seit Jahresbeginn bzw. seit Aufnahme ins Portfolio.
- Unter „Anteil” finden Sie den Anteil der jeweiligen Position am Gesamtdepot.

Unter ! steht zur Information meine Grundtendenz:

ATop-Aktie mit günstigem Kurs, 
BKursrücksetzer zum Kaufen nutzen 
CKurssprünge zum Verkaufen nutzen, 
Dbei Gelegenheit Verkaufen, 
ESofort Verkaufen 


Die „Gelegenheit” zum Kaufen oder Verkaufen wird sodann kurzfristig von mir per Update an Sie bekanntgegeben.

Ich habe diese Spalte „!” insbesondere für neue Mitglieder vorgesehen, die zu einem späteren Zeitpunkt wissen wollen, ob ich die Position noch zukaufen würde, wenn ich beispielsweise darin nicht schon voll investiert wäre. Zukaufen würde ich jeweils jedoch niemals zu Höchstkursen, sondern stets nur nach kurzfristigen Kursrückschlägen von mindestens 5-7%.

Kauffolge: Je spekulativer, desto aggressiver würde ich kaufen und verkaufen. Derzeit verwende ich die folgenden Schritte:
- Dividenden- + Wachstumspositionen in drei Schritten aufbauen: 25%-25%-50%,
- Zyklische Positionen in zwei Schritten aufbauen: 50%-50%,
- Spekulative Positionen ganz oder gar nicht: 100%.

Die letzte Spalte wird für eine Einschätzung der Auswirkung aktueller Entwicklungen auf die jeweilige Portfolioposition genutzt. „%“ stuft den Einfluss der Inflation auf das jeweilige Geschäftsmodell ein.

Stopp Loss Limits, Verkaufslimits und ähnliche Aktionsmarken verwalte ich aktiv in meinem System und ändere ich unter der Woche mehrfach, fast täglich. Eine Veröffentlichung der entsprechenden Limits ist in der Regel nicht sinnvoll, allenfalls Stopp Loss Marken für unseren Spekulationen werde ich bisweilen im Text bekanntgeben.

Eine erfolgreiche Börsenwoche,
take share

Stephan Heibel
Chefredakteur und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefs

https://www.heibel-ticker.de




8. Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise



Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)

Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.

Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar.

Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren.

Die Verwendung der Inhalte dieses Heibel-Tickers erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Quellen:
Kurse: Bloomberg. Alle Kurse sind Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist. Sentimentdaten: eigene Umfrageergebnis über unseren Dienst animusX.de.
Bilanzdaten: Bloomberg, Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen

DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag



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